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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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vier Wände. Aus den Fächern quollen die Bücher, und zwischen den Bänden wuchsen einzelne Blätter heraus wie weißer literarischer Efeu. Weitere Papiere stapelten sich auf dem Boden in wackeligen Türmen, die durch den Corioliseffekt, eine Folge der künstlichen Schwerkraft, nach links gezogen wurden. Der Admiral selbst saß weit zurückgelehnt in seinem Sessel und hatte einen Fuß neben der einzigen Lampe auf den Tisch gelegt. Als Venera eintrat, sah er sie unwirsch an.
    »Das ist selbst unter deinem Niveau«, sagte er und warf einen Stapel Papiere auf den Tisch. In Wirklichkeit sah er älter aus als auf den Fotos, die Hayden gesehen hatte. Er hatte Krähenfüße um die Augen und zeigte bereits einen Ansatz von Geheimratsecken. Obwohl er gertenschlank war, wirkten seine Bewegungen, anders als bei Menschen, die den größten Teil ihres Lebens im freien Fall verbrachten, auch bei Schwerkraft mühelos und elegant.
    »Nun komm schon« sagte Venera. »Jede Ehefrau hat Anspruch darauf, in der Nähe ihres Mannes zu sein.«
    »Frauen haben auf Schiffen der Flotte nichts verloren, erst recht nicht, wenn es in einen Krieg geht!« Wie um diesen Worten Nachdruck zu verleihen, zuckte vor dem einzigen schmalen Fenster des Büros ein Blitz über den Himmel.

    »Ich gebe zu, ich habe dich unterschätzt, Venera«, fuhr Fanning fort. »Nein - eigentlich habe ich dich missverstanden. Dieses Spionagenetzwerk, das du aufgebaut hast, ist …« Er schüttelte den Kopf, »völlig inakzeptabel. Warum? Was hat es für einen Zweck? Und wieso bist du so darauf erpicht, dich dieser Expedition anzuschließen, dass du sogar deinen eigenen Ehemann erpresst, um seine Einwilligung zu erhalten?«
    »Ich habe es nur für uns getan«, säuselte Venera, ging um den Schreibtisch herum, beugte sich über Fanning und strich ihm das Haar aus der Stirn. »Zu unserem Nutzen. Bei mir zu Hause arbeiten wir eben mit solchen Mitteln, das ist alles.«
    »Aber warum willst du überhaupt mitkommen? Es wird eine gefährliche Reise. Und du wirst der Hauptstadt genau in dem Moment den Rücken kehren, wenn es viel nützlicher wäre, hierzubleiben und Augen und Ohren für mich offen zu halten. Das passt nicht zusammen, Venera.«
    »Ich weiß, du verabscheust Geheimnisse«, sagte sie. »Das macht dich so fähig in deinem Beruf. Aber ich fürchte, dieses Geheimnis muss noch eine Weile ungelüftet bleiben. Du wirst alles erfahren - wenn mein Plan so läuft, wie ich hoffe. Doch zunächst musst du mir vertrauen.«
    Er lachte. »Das ist seit langem die witzigste Bemerkung aus deinem Mund. Na schön, pack deine Sachen und geh zu den Dockanlagen hinunter. Wir brechen noch heute Nacht auf.«
    »Im Schutz der Dunkelheit?« Sie lächelte. »Da leistest du manchmal die beste Arbeit.«

    Fanning seufzte nur und schüttelte den Kopf.
    Venera kehrte in den Flur zurück, nahm Haydens Arm und zog ihn vom Büro weg auf die Treppe zu. Er ließ sie gewähren. »Ich werde einen Mann in Ihre Wohnung schicken«, teilte sie ihm mit. »Sagen Sie ihm, was er einpacken soll. Sie selbst werden dieses Haus nicht mehr verlassen; wenn Sie heute Abend um sechs Uhr nicht am Haupteingang auf mich warten, ist Ihr Vertrag beendet. Ist das klar?«
    »Aber was …?«
    Venera schickte ihn mit einer herrischen Geste die Treppe hinunter.
    Sie stand zwischen ihm und dem Mann, den er ermorden wollte.
    »Nun?« fragte sie, als sähe sie ihn zum ersten Mal; an ihrem Unterkiefer zuckte ein Muskel, die sternförmige Narbe darüber kräuselte sich. »Worauf warten Sie noch?«
    Hayden stieg eine Stufe hinab. Seit Jahren hatte er die Szene durchgespielt. In seiner Fantasie war immer alles ganz klar gewesen: Am Ende entpuppte sich der Verräter als Feigling, und Hayden verkündete - jedes Mal mit anderen Worten -, dies sei nur die verdiente Rache für die Verluste seines Volkes. Dann folgte die Hinrichtung, ein sauberer Schnitt.
    Doch um jetzt an den Admiral heranzukommen, müsste er Venera Fanning hier im Flur in ihrem eigenen Blut liegen lassen.
    Er stieg eine zweite Stufe hinab.
    Veneras Gesicht veränderte sich kaum merklich. War es weicher geworden, weniger hochfahrend? Hatte sie sein Verhalten in einer Weise gedeutet, die er nicht
verstand? »Heute Abend werden Sie alles erfahren«, sagte sie in ihrem wahrscheinlich sanftesten Ton.
    Er hätte sich um eine Ecke drücken und warten können, bis sie gegangen war. Er hätte Fannings Büro für den Rest der Nacht überwachen können. Stattdessen trugen ihn seine

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