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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Militärpolizisten, die Venera und ihre Gruppe im Laufschritt durch den Andockarm zur schattengestreiften Krähe brachten, waren verärgert. Als sie nahe genug waren, fauchten die Düsen kurz auf, und das Schiff drehte sich, bis es senkrecht zu den Ankommenden stand. Die übrigen Schiffe vollführten die gleiche Wendung, sobald sie von der Krähe den Karten- und Steuerkurs für die erste Etappe übermittelt bekamen.
    »Oooh, Venera«, schwärmte die prominente Dame, die an Lady Fannings Arm hing, »sie sind nur aufgeregt, weil sie dich sehen!« Sie winkte der Menge zu, die beim Anblick der Gruppe erneut zu singen begonnen hatte.
    Hayden war vom Grollen der Triebwerke und der Bewegung der Schiffe ganz schwindlig im Kopf - aber er ging weiter. Es gab nur eine Möglichkeit, seine Feigheit wiedergutzumachen. Wenn Fanning Rush verlassen wollte, musste Hayden ihm folgen.

    Und falls - die Idee war so ketzerisch, dass er sie nicht ernst nehmen wollte -, falls er unfähig sein sollte, Fanning zu töten (er würde niemals freiwillig auf seine Rache verzichten!), dann könnte er sich immer noch nützlich machen, indem er sich an Bord der Krähe als Spitzel betätigte. Wenn das, was er vor Fannings Büro gehört hatte, von irgendwelcher Bedeutung war, dann steckte hinter dieser Expedition mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte.
    Sie erreichten das Ende des Andockarms. Hayden zog am Tau, um Veneras vorwärts schwebende Koffer zum Stillstand zu bringen, während sie dem wartenden Deckoffizier ihre Papiere zeigte. Der Mann warf nur einen flüchtigen Blick darauf und winkte sie weiter.
    »Und vergiss ja meine Kamera nicht!«, rief die prominente Dame hinter den Schultern und Armen der Polizisten. Veneras andere Freunde winkten und äußerten ähnliche Belanglosigkeiten, so als ginge Lady Fanning auf einen Sonntagsausflug, anstatt unter mysteriösen Umständen das Land zu verlassen. Hayden hatte die beiden Koffer an ihren Ledergriffen gepackt und schwebte damit über die zwei Meter breite Lücke zwischen dem Andockarm und dem Schiff.
    Als die großen Türen hinter ihm zuschwangen, überfiel ihn eine ganze Flut von Eindrücken: Balken und Taue, von Gaslaternen beleuchtet, Gerüche nach Treibstoff und Seife, Ständer mit Gewehren und Schwertern, ein riesiges Zentrifugenrad, das sich im flackernden Lichtschein bewegte, und überall Menschen, eine Horde von schweigenden Männern, die alle nur ihn anzustarren schienen.

    Er fuhr herum, denn in Wirklichkeit starrten sie auf Venera Fanning. Sie erwiderte die Blicke eine Sekunde lang, und die Narbe an ihrem Kinn kräuselte sich unter einem angedeuteten Lächeln. Dann wandte sie sich ab und schoss auf einen schmalen Korridor zu, der unter der Zentrifuge hindurchführte. Hayden blieb mit ihrem Gepäck zurück.
    Als er sich anschickte, ihr zu folgen, wurde ihm bewusst, dass außer ihm und ihr nur noch eine Person an Bord gekommen war: ein unscheinbarer Mann mittleren Alters mit ausdruckslosem Gesicht. Er sah aus wie ein Bürokrat der unteren Ränge. Jetzt lächelte er Hayden an.
    »Aber die anderen Diener …« Sie waren mit einer großen Gruppe gekommen. Hayden war doch sicher nicht der Einzige, der mitfliegen sollte?
    »Sind Sie der Chauffeur?«, fragte der unauffällige Mann; seine Stimme war ebenso farblos wie seine Erscheinung.
    »Äh … ja.«
    »Bringen Sie das Gepäck in die Kabine des Kapitäns und gehen Sie dann weiter zur Zentrifuge. Sie schlafen bei den Zimmerleuten.«
    »Aha.« Hayden streckte zögernd die Hand aus. »Ich bin Hayden Griffin.«
    Der Mann ergriff sie und schüttelte sie zerstreut. »Lyle Carrier. Na, dann mal los.«
    Hayden klemmte sich die sperrigen Koffer unter die Arme und machte sich auf die Suche nach Venera Fanning.
     
    Lange bevor die letzten Schiffe abgelegt hatten, war der Himmel in Dunkelheit gehüllt. Chaison Fanning
saß, das Kinn auf die Faust gestützt, im Kommandosessel. Er hatte im Moment nichts zu tun: Das Schiff war in den Händen des Kapitäns. Sembry schickte mit selbstbewusster Stimme Befehle durch die Sprechrohre an die Besatzungen im Maschinenraum und am Steuer. Alle Augen ruhten jetzt auf ihm, und das war eine Erleichterung.
    Chaison drehte einen kleinen becherförmigen Gegenstand in den Fingern hin und her. Mahallan, sein zweifelhafter Waffenmeister, hatte ihm das Ding vor wenigen Minuten gegeben. Damit sollte sich eine Idee realisieren lassen, die er für lächerlich gehalten hatte, als Venera sie ihm zum ersten Mal vortrug.

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