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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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erleuchtete Schiff auf sie zukam - derjenige schwebte wie im Rausch durch die Schwerelosigkeit und prallte immer wieder von den Wänden ab. Als er die Hangartore passierte, an die Venera gefesselt war, erkannte sie den Piratenkapitän. Er hieß Dentius. Man sah ihm an, dass er mit dem Ergebnis der Folterungen nicht zufrieden war.
    Venera erkannte ihre Chance und nützte sie. »Inzwischen«, sagte sie laut, »haben Sie vielleicht bemerkt, dass die Besatzung nicht die leiseste Ahnung davon hat, wohin wir fliegen wollten.«

    Dentius fuhr herum. Seine ohnehin schmalen Augen wurden noch schmaler, und seine Lippen öffneten sich und entblößten die Zähne. Er schwang sich in den Hangar und bremste ab, indem er die Beine um Veneras Hüften legte. Dann packte er sie an der Kehle.
    »Was weißt du?«, schrie er. »Raus mit der Sprache, sonst bist du die Nächste!«
    »Aber, Kapitän«, krächzte sie und bäumte sich auf. »Es gibt doch einfachere Möglichkeiten. Ich bin durchaus bereit, Ihnen alles zu erzählen … wenn Sie mir ein wenig entgegenkommen.«
    Er grinste nur höhnisch. Dentius trug die verblichene, geflickte Uniform eines Kapitäns von Aerie. Doch in seinem Gesicht wies nichts darauf hin, dass er jemals die Sonne gesehen hätte. Wie bei den meisten Angehörigen seiner Besatzung war seine Haut bis auf ein Netz von rosaroten Narben so weiß wie eine geschälte Kartoffel. Venera kam er vor wie eine zappelnde Riesenmade, die man in ein Offiziersjackett gesteckt hatte.
    Sie wusste, dass er nicht abgeneigt war, sie anders zu behandeln als die Besatzung. Die hatte er zumeist in leere Raketenschächte oder Wasserbehälter pferchen lassen, wo sie außer Sicht waren und er sie zunächst vergessen konnte. Ob Chaison auch unter den Leuten war, ob er überhaupt noch lebte, wusste sie nicht.
    Venera und Aubri Mahallan hatte man gefesselt und im Hangar ausgestellt, »um die Jungs zu inspirieren«, wie Dentius erklärt hatte - aber beide waren noch vollbekleidet, denn er hatte auch gesagt: »Zwischen Inspiration und Besessenheit gibt es einen feinen Unterschied.
« Dennoch war Mahallan mit ausgestreckten Armen und Beinen mitten im Hangar angebunden worden, sie wirkte benommen und schien der Verzweiflung nahe. Venera hatte man nur mit den Handgelenken an einen Pfosten neben dem Tor gekettet.
    Was der Kapitän mit Mahallan vorhatte, lag auf der Hand. Aber vielleicht war ihm noch nicht so klar, was er mit Venera anfangen sollte, und sie wollte ihm einige Alternativen anbieten, bevor er allzu lange darüber nachdachte.
    Er musterte sie kurz, dann versetzte er ihr unversehens einen Schlag in die Nieren. Es tat höllisch weh - doch der Schmerz rief jäh eine Erinnerung wach. Venera sah sich wimmernd mit zerfetztem Mund auf einem Marmorboden liegen und eine blutige Gewehrkugel anstarren, die neben ihr lag. Niemand kam ihr zu Hilfe, und ihre Wut wurde immer größer und größer …
    Dentius packte sie an den Haaren und riss ihr den Kopf zurück. »Raus mit der Sprache!«, brüllte er sie an. »Oder ich töte dich auf der Stelle!«
    »G-genau da liegt doch das Problem, nicht wahr?« Sie brachte ein Lächeln zustande, obwohl in Hals und Kiefer der Schmerz tobte und die Haare sich aus ihrer Kopfhaut zu lösen drohten. »Sie werden mich auf jeden Fall töten. Warum sollte ich also kooperieren?«
    Dentius knurrte und trat zurück. Nach ihrer Einschätzung hatte er die Mentalität eines Hais: brutal und stark, immer mit voller Kraft vorwärts, aber dumm und unbeweglich, wenn er auf Widerstand traf. Ihr forsches Auftreten hatte ihm offenbar den Wind aus
den Segeln genommen - oder ihn zumindest daran erinnert, was sie bereits getan hatte.
    »Warum hast du den Kapitän erschossen?«, fragte er plötzlich.
    Venera lächelte. »Warum? Weil er außer mir der Einzige an Bord war, der unser Ziel kannte.«
    Dentius ließ ihr Haar los. In diesem Moment erschien einer seiner Speichellecker in der Tür. »Inventur abgeschlossen, Kapitän«, sagte er in einem Akzent, der ihr vertraut war, ohne dass sie ihn hätte einordnen können. »Streng militärisch bis auf einige Gemälde. Die wollten sie wahrscheinlich auf dem Tummelplatz der Voyeure verhökern.«
    Dentius nickte und sah Venera nachdenklich an. Dann zog er ein Messer aus seinem Stiefel. Sie wich zurück, aber er streckte nur den Arm aus und durchschnitt das Seil, mit dem sie an den Balken gefesselt war. »Wir müssen uns weiter unterhalten«, sagte er und zerrte sie aus dem Hangar ins

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