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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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aus den Wolken auftauchte, und das nächste Schiff verspätete sich. Nein, es verspätete sich nicht - es blieb aus. Sekunden vergingen, und das zweite von den dreien hätte erscheinen müssen, aber ließ ebenfalls auf sich warten.
    Endlich kam ein Piratenschiff zum Vorschein. Es trudelte unkontrolliert aus der Wolkenbank. Im Schein des Raketenfeuers sah man, dass es die Seile wie lange Bänder hinter sich herzog.

    »Sie sind mit etwas kollidiert«, sagte er. Travis sah verdutzt auf. Chaison deutete auf die Wolken, und in diesem Augenblick zuckte wieder ein Blitz auf, aber viele Kilometer weiter entfernt.
    »Jemand hat die Eisberge verrückt«, flüsterte er. Dann lachte er laut auf. Innerhalb von Sekunden hatte das Rad zwei Speichen verloren - zwei Piratenschiffe waren mit voller Wucht unvermutet gegen ein Hindernis geprallt. Die Narren verließen sich zu sehr auf ihre Karten und rannten jetzt blindlings in genau die Eisberge hinein, die sie zur Tarnung ihrer Manöver benützt hatten. Geschah ihnen ganz recht.
    »Ich weiß nicht, worüber Sie sich so amüsieren«, sagte eine kalte Stimme hinter Chaison.
    »Travis, Sie können aufhören«, sagte der Admiral leise. Dann drehte er sich um und hob die Hände. »Wir haben Besuch.«
     
    Venera Fanning kauerte innen vor der Brückenluke. Von draußen waren Stimmen zu hören; eine hatte wie die ihres Mannes geklungen. Kapitän Sembry weigerte sich jedoch, die Luke zu entriegeln, und sie hatte nicht die Kraft dazu. Das verdammte Ding war so geplant, dass es einer Invasionsstreitmacht standhalten konnte. Sich öffnen zu lassen war so ziemlich das Letzte, wozu es fähig war.
    Auch gegen die Innentüren wurde rhythmisch gehämmert. Vor einer Minute war hinter einer dieser Türen eine Sprengladung detoniert. Sie war nicht stark genug gewesen, die Angeln hatten standgehalten. Doch es war nur noch eine Frage der Zeit.

    Nun, dachte sie, das wird ein interessantes neues Kapitel in meinem Leben. Gefangene von Piraten! Venera fand die Aussicht auf verschiedene Schicksale, die schlimmer wären als der Tod, empörend und ärgerte sich darüber, aber Angst hatte sie nicht. Sie überlegte bereits, welche Druckmittel sie einsetzen könnte, um aus der Situation das Beste zu machen.
    »Das Gas?«
    Die Worte ließen Venera aufhorchen. Sie schaute hinüber zur Brückenmannschaft, die sich an der Rückwand des tonnenförmigen Raumes um eine Apparatur mit Ventilen und Röhren drängte. Doch Kapitän Sembry schüttelte den Kopf.
    »Dafür ist es zu spät«, sagte er. »Wir würden zwar das Enterkommando töten, aber die übrigen Piraten würden das Schiff einfach durchblasen und wiederkommen.«
    »Dann die Sprengladungen.«
    Sembry nickte und kramte in seiner Jacke.
    »Kapitän?« Venera spielte die bedrängte Jungfrau so überzeugend, wie sie nur konnte. »Was geht hier vor?«
    Sembry wandte sich um und sah sie an wie ein betrübter Vater. »Es tut mir leid, meine Liebe«, sagte er, »aber wir können nicht zulassen, dass ein Slipstream-Schiff in die Hände des Feindes fällt. Ich muss die Krähe zerstören.«
    Sie riss die Augen weit auf. »Aber dabei kommen wir doch alle ums Leben, nicht wahr?«
    Er seufzte. »Das liegt bei einem militärischen Einsatz leider in der Natur der Sache.«
    »Wie zerstört man ein so großes Schiff?«, fragte sie.

    Sembry zeigte ihr den Schlüssel in seiner Hand und deutete mit dem Kopf auf mehrere Metallkästen, die hinter ihm an der Wand hingen. »Die Sprengladungen können nur mit elektrischem Strom gezündet werden«, erklärte er. »Dieser Schlüssel …«
    Er riss verwundert die Augen auf. Venera hatte eine Pistole aus ihrer weiten Seidenhose gezogen. Sembry öffnete den Mund, aber Venera erfuhr nicht, was er hatte sagen wollen, denn genau in dem Moment schoss sie ihm in die Stirn.
    Der Rest der Brückenmannschaft stand hübsch ordentlich beieinander und war folglich ebenso leicht abzuknallen.
    Zuckende Körper und Blutstropfen schwebten durch die Brücke. Venera schlüpfte darunter hindurch und schnappte sich Sembry, dem die Überraschung immer noch ins Gesicht geschrieben stand.
    Punkt Eins der Tagesordnung, dachte sie . Den Schlüssel entsorgen.
    Punkt Zwei: Die Türen öffnen, und die Piraten einlassen.
     
    Haydens Plan war aufgegangen. Er und Martor schwebten hoch über dem Geschehen. Er hatte sonst keine Stelle gefunden, von wo aus sie freie Sicht hatten, vorbei an Wolken, Kondensstreifen, Rauch und Finsternis. Gerade schoben sich vier Eisberge,

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