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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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die er aufbringen konnte. »Ich kann mich nicht erinnern, die Piraten angegriffen zu haben, denn als wir sahen, dass die Krähe in die Hand des Feindes gefallen war und ich mich mit ihm in Sicherheit bringen wollte, hat mir diese kleine Ratte eine Rakete auf den Kopf gehauen.«
    Hayden wusste nicht, was er erwartet hatte, auf jeden Fall war er höchst überrascht, als die Männer in schallendes Gelächter ausbrachen.
    Jemand klopfte ihm auf die Schulter. »Ach, Martor, ich hab mich schon gefragt, wie weit du dich mit deinen Schwindeleien heute versteigen würdest«, sagte einer der Offiziere. »Schade, dass du diesmal einen Zeugen hattest.«
    »Aber das mit den Eisbergen stimmt«, sagte Hayden leise. »Zumindest - haben wir sie tatsächlich losgesprengt.
Was er sonst noch in die Geschichte hineingepackt hat, kann ich allerdings nicht bestätigen.«
    »Zum Beispiel den Notstopp am Bordell?«, fragte jemand.
    »Oder den Schwertkampf mit den hundert Piraten auf ihren Bikes?«
    »Oder …«
    »Davon habe ich kein Wort gesagt!« Martor wollte aufstehen, verzog aber das Gesicht und wehrte sich nicht, als ihn das elastische Laken flach gegen die Wand drückte.
    »Jetzt reicht es aber!«, rief der Arzt. »Wenn ihr so weitermacht, platzt dem Jungen noch eine Niere. Raus! Raus! Das gilt auch für Sie«, sagte er und drohte Hayden mit dem Finger.
    Hayden konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. »Nachdem ich jetzt weiß, dass du nicht tot bist, kann ich ja gehen«, sagte er zu Martor. »Aber keine Lügengeschichten mehr über mich, hörst du?«
    »Jawohl, Sir«, sagte der Junge missmutig.
    Hayden begab sich zu Aubri Mahallans kleiner Werkstatt. Überall redeten die Leute, als wollten sie nie wieder aufhören. Er kannte diese Erscheinung von den wenigen Kämpfen, die er in seiner Zeit bei den Piraten erlebt hatte. Das Trauma der Schlacht und der Gefangenschaft musste irgendwie verarbeitet werden; es gab immer ein paar Raufereien, um alte Rechnungen zu begleichen, aber meistens erzählten sich die Flieger nur ihre Erlebnisse. Und mit der Zeit wurde die Schlacht regelrecht zum Mythos.
    Und Hayden war ganz ohne sein Zutun zum Zentrum dieses Mythos geworden.

    Er nickte einem weiteren Flieger zu, der ihm lässig salutiert hatte, und klopfte an die Tür zu Mahallans Holzwürfel. Niemand rief »Herein«.
    Hatte sie sich versteckt? Hayden hatte seit den Kämpfen nicht mehr mit ihr gesprochen. Aber er hatte sie gesehen, das grimmig verschlossene, bleiche Gesicht, das zerwühlte, verfilzte Haar, die bis ins Fleisch abgekauten Fingernägel. Sie war seinem Blick ausgewichen. Er machte sich Sorgen, was ihr die Piraten angetan haben mochten, aber dieser Teil der Geschehnisse war bisher noch nicht bis in die Bordgeschichten vorgedrungen.
    »Sie ist nicht da«, sagte der Flieger, der ihm salutiert hatte. Hayden drehte sich um und zog die Augenbrauen hoch.
    »Sie ist oben am Bug und redet mit der Lady«, fuhr der Mann fort. Venera Fanning war die zweite Heldin des Tages; durch die Schnelligkeit, mit der sie Kapitän Sembrys Schlüssel an sich genommen hatte, als die Piraten auf die Brücke stürmten und alle töteten, hatte sie die Krähe letztlich gerettet. Offenbar war ein Handwerker im Moment damit beschäftigt, den zerbrochenen Schlüssel vorsichtig aus dem Schloss des Selbstzerstörungsmechanismus zu entfernen.
    »Ein Glück, dass sich der Admiral im Kampf bewährt hat«, hatte jemand gesagt. »Sonst müssten wir alle vor seiner Frau salutieren anstatt vor ihm.«
    »Gehen Sie nur«, sagte der Flieger jetzt. »Man wird Sie ohnehin sprechen wollen. Wir erreichen gerade diese komische Touristenstation, und Lady Fanning will sie besuchen.«

    Admiral Chaison Fanning kam sich hier sehr klein vor, und das gefiel ihm gar nicht.
    Die Touristen»station« war eigentlich eine Großstadt, neben der jeder Ort in Virga verblasste, den er jemals gesehen - oder von dem er auch nur gehört hatte. Sie erstreckte sich meilenweit über Virgas Außenhülle, ein funkelnder Kronleuchter mit Türmen wie feurigen Eiszapfen, kugelförmigen Behausungen an langen Seilen und riesigen rotierenden Zylindern, von denen jeder drei- bis viermal so groß war wie die Habitate von Rush. Auf Aubri Mahallans Anweisung war die Krähe zur Achse eines solchen Zylinders geflogen, und Chaison schlenderte jetzt durch die Straßen und kam sich vor wie in einem Drogentraum.
    Die Form des Habitats war durch einen architektonischen Trick kaschiert worden; man sah nicht, dass es in

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