Virga 01 - Planet der Sonnen
stramm.
»General Harmond, nicht wahr?«, sagte sie mit großen Augen. »Ich habe schon so viel von Ihnen gehört!«
»Tatsächlich?« Er schien überrascht und wischte sich die Hand an der Hose ab, bevor er sie ihr entgegenstreckte. »Sie gehören zu den Besuchern von Slipstream. Bedauere, dass wir Ihre Schiffe unter Verschluss halten müssen, aber so verlangt es … äh … das Protokoll.«
»Oh, ich bin sicher, das muss so sein«, sagte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Mit dem Protokoll kenne ich mich nicht sehr gut aus. Aber ich habe andere Steckenpferde, General, und ich hatte gehofft, jemanden mit genügend Einfluss kennenzulernen,
der es mir ermöglicht, einem davon frönen zu können.«
»Was Sie nicht sagen! Und um was für ein Steckenpferd handelt es sich?« Der arme Teufel wollte offenbar mit ihr flirten, wusste aber nicht, wie er es anstellen sollte.
»Kleinfeuerwaffen«, strahlte Venera. »Gewehre und Pistolen - alle kleinkalibrigen Waffen -, sie ziehen mich magisch an.«
»Tatsächlich?« Er machte Glubschaugen.
»Außerdem beschäftige ich mich gern mit Geschichte«, fuhr sie fort. »Ich interessiere mich für Kriege, doch leider bin ich über die jüngsten Entwicklungen in diesem Teil der Welt nicht auf dem Laufenden. Ich hatte gehofft, Sie könnten mich aufklären - was die Waffen von Candesce angeht, lassen meine Kenntnisse sehr zu wünschen übrig.«
Der General war geschmeichelt. »Das wäre mir ein Vergnügen. Natürlich nur, solange Sie mich nicht nach militärischen Geheimnissen fragen.«
»Oh, das würde mir wohl gar nicht auffallen«, gab sie bescheiden zurück. »Wenn mir eine solche Frage unterläuft, müssen Sie mich eben zurechtweisen.«
»Hrrhm … Nun denn. Gewehre, sagten Sie? Ich will ja nicht prahlen, aber unsere Waffenfabrikanten haben in ganz Candesce nicht ihresgleichen. Nehmen Sie zum Beispiel die Matchley Fünfundvierzig …«
Venera hörte ihm aufmerksam zu, während sich Chaison Fanning einen Weg durch Scharen von Höflingen und jungen Schönheiten bahnte. Jetzt war er doch ein wenig beunruhigt.
Ein Regenbogen blitzte auf, als sich das Rundfenster der Empfangshalle des Palastes nach oben wegdrehte und verschwand. Hayden hatte das Regierungs-Habitat beobachtet, jetzt wandte er sich entschlossen ab; die Fannings befanden sich hinter dieser kunstvollen Glasfassade, und er brauchte sich ausnahmsweise nicht um sie zu kümmern. Das Bike war aus dem kleinen Hangar des Rades abgelassen worden und schwebte nun unter ihm, während er sich orientierte.
»Die Bibliothek ist dort drüben.« Aubri Mahallan streckte die Hand aus.
»Schon gut, schon gut.«
Sie hob beschwichtigend die flachen Hände. »Ich wollte nur behilflich sein.«
Aubri trug heute einen Anzug aus feuerroter Seide mit seitlich geschlitzten Haremshosen, die ihre Beine gut zur Geltung brachten. Fanning hätte ihr nicht gestattet, so etwas auf der Krähe zu tragen. Hayden war fest entschlossen, ihr nicht zu zeigen, dass er es bemerkt hatte.
Sie war nur widerwillig bereit gewesen, ihn zu begleiten; Gehellen gestattete nicht nur nicht, dass die Militär-Bikes der Krähe durch Vogelsburg flogen, es ließ auch kein Besatzungsmitglied von Bord. Wieder einmal profitierte Hayden von seiner unklaren Stellung in dieser Expedition.
Er hatte eine Menge gesehen und erfahren, seit er auf die Krähe gekommen war. Es war Zeit, einen Bericht an die Widerstandsbewegung zu schicken. Sobald er Mahallan abgesetzt hatte, wollte er sich ein Postamt suchen und dort einen Brief abfassen. Er hatte sich nur noch nicht entschieden, was er schreiben sollte.
Der Propeller des Bikes drehte sich bereits, also lehnte er sich zurück und betätigte die Zündung, um einen Funken in den Alkoholbrenner zu jagen. Der Alkohol fing zischend Feuer, und die Maschine machte einen Satz nach vorne.
»Langsam!« Mahallan griff nach ihrem Lenker.
»Beim Start bockt es immer. Keine Sorge, ich werfe Sie nicht ab.«
»Ich fürchte eher, Sie könnten irgendwo dagegenrasen. Hier geht es eng zu.«
»Nicht enger als da, wo ich aufgewachsen bin.«
Dann schwiegen beide, bis sie sich in den langsameren Verkehrsstrom aus fußbetriebenen Flügeln und Propellern eingefädelt hatten, der sich in das chaotische Straßengewirr der Innenstadt ergoss. Endlich sagte Aubri: »Sie sind in Aerie aufgewachsen, nicht wahr?«
»Ja. Und auch in Aerie gibt es große Städte. Jedenfalls gab es sie - bevor Admiral Chaison Fanning und seine Flotte sie
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