Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
Leiche.«
»Wo sind die Kollegen aus Bemidji?«, erkundigte sich Virgil.
»In Bigfork. Sie suchen nach Little Linda«, antwortete Davenport. »Deswegen braucht Sanders unseren Beistand – seine Ermittler sind alle da oben, dazu die Hälfte seiner Deputies. Eine Frau kreischt sich im Fernsehen bei Fox die Seele aus dem Leib, und jeden Abend kommt wieder ein Bericht über den Fall …«
»Oh, Mann.«
Die blonde, blauäugige Little Linda Pelli war zwei Tage zuvor aus dem Ferienhaus ihrer Eltern verschwunden. Sie war fünfzehn, alt genug, um nicht einfach auf dem Weg zur Hütte einer Freundin verloren zu gehen. Die Straßen in der Gegend galten nicht als gefährlich, und wenn ein Auto sie vom Fahrrad geholt hätte, wäre sie inzwischen irgendwo im Straßengraben gefunden worden. Aber niemand hatte Little Linda oder ihr schwarzes Achtzehngang-Cannondale-Rad gesehen.
Dann hatte eine Frau, die in einer örtlichen Lodge arbeitete, berichtet, sie habe einen unrasierten Mann mit »hellen Augen« und Bürstenschnitt beobachtet, der mit seinem ramponierten Pick-up langsam die Straße entlanggefahren sei. Daraufhin waren die Leute vom Fernsehen ausgerastet, denn für sie bedeutete das: Irgendwo hielt ein helläugiger Teufel Little Linda im Keller einer abgelegenen Hütte gefangen und führte sie in die Geheimnisse des Lebens ein.
»Ja«, sagte Davenport. »Little Linda. Virgil, ich hab wirklich ein schlechtes Gewissen. Du redest seit Juni von nichts anderem als von diesem Wettbewerb, aber was soll ich machen? Kümmer dich um diese Sache.«
»Ich hab nicht mal einen Wagen«, erklärte Virgil.
»Dann miet dir einen. Hast du deine Waffe dabei?«
»Ja, die muss irgendwo sein.«
»Prima. Ruf mich an, wenn du den Fall gelöst hast.«
»Moment noch«, sagte Virgil. »Ich hab keine Ahnung, wo das sein soll. Beschreib mir wenigstens den Weg. Hier in der Gegend gibt’s ungefähr hundert Stone Lakes.«
»Fahr ans Ufer. Bis dahin habe ich die Wegbeschreibung. Ich melde mich gleich wieder.«
Sie fuhren auf schnellstem Weg zurück zum Hafen, wo Virgil dem Dock Boy seinen Ausweis zeigte und ihn anwies: »Sorg dafür, dass das Boot weiter zu unserer Verfügung steht. Bring’s irgendwo unter, wo wir schnell drankönnen.«
»Ist was passiert?«, fragte der Dock Boy, der vielleicht fünfzig Kilo wog, fünfzig Jahre alt war und dort arbeitete, seit Virgil das erste Mal als Teenager mit seinem Vater zum Vermilion Lake gekommen war.
»Darüber darf ich nicht sprechen«, antwortete Virgil. »Aber halt das Boot für uns bereit. Wenn dir deswegen jemand dumm kommt, sagst du ihm, es ist eine Anweisung des Staatskriminalamts.«
»Nie gehört«, brummte der Dock Boy.
Virgil zückte seine Brieftasche, nahm eine der drei Visitenkarten heraus, die sich darin befanden, und einen Zehn-Dollar-Schein. »Wenn jemand Genaueres wissen will, zeigst du ihm diese Karte.«
Virgil und Johnson gingen mit der Kühltasche zu Johnsons Truck. Mit einem Blick zurück auf das Boot sagte Johnson: »Praktisch – sollten wir öfter machen. Ist wie ein reservierter Parkplatz.« Nach kurzem Nachdenken fügte er hinzu: »Was tust du jetzt ohne Auto?«
»Wär toll, wenn du mich rüber zum Stone Lake bringen könntest«, antwortete Virgil. »Sobald ich mir die Leiche angeschaut habe, denke ich mir was aus. Falls es länger dauert, miete ich in Grand Rapids einen Wagen.«
»Meinst du, wir kommen noch mal raus auf den See?«, fragte Johnson, den Blick erneut zurückgewandt. Alle, die für ihn zählten, waren auf dem See. Wirklich alle.
»Liebend gern«, sagte Virgil. »Aber ich hab ein schlechtes Gefühl. Vielleicht solltest du dich mit jemand anders zusammentun.«
Sie lösten den Anhänger vom Truck, um ihn auf dem Parkplatz zu lassen, und luden die Kühltasche in den Wagen. Johnson warf Virgil den Autoschlüssel zu. »Fahr du. Ich muss was essen.«
Weil die Klimaanlage nicht funktionierte, fuhren sie mit geöffneten Fenstern, die Arme auf der Fensterleiste, in Richtung Highway 1. Unterwegs rief Davenport an und beschrieb Johnson den Weg zum Eagle Nest.
Johnson notierte alles auf der Rückseite einer alten Benzinquittung, verabschiedete sich, gab Virgil das Handy zurück, schleuderte eine leere Budweiser-Dose in den Straßengraben und zog seinen Straßenatlas von Minnesota hinter seinem Sitz hervor. Virgil wurde langsamer, hielt an, setzte zurück, stieg aus, hob die Bierdose auf und warf sie in den Abfalleimer im hinteren Teil des Trucks.
»Hab
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