Virtuelle Küsse (German Edition)
noch auswandern. Warum
habe ich nicht einfach einen Unrlaub gebucht, wie ich das jedes Jahr über die Feiertage
eigentlich tun wollte? Aber ich wollte dieses Jahr nicht weg. Nicht allein.
Jetzt gab es Dominic in meinem Leben.
Zuerst ins Kaufhaus, entschied ich spontan, und dann in den Supermarkt.
Im kleinen Ledergeschäft fand ich eine schöne Handtasche für meine Mutter. Ich ließ sie
gleich als Geschenk einpacken und nahm die Tüte unter den Arm.
Aus einer spontanen Idee heraus ging ich noch in den Laden für Herrenmode, wo ich sonst nie
war. Am Kleiderständer geradeaus hing ein rosa T-Shirt, in welches ich mich sofort verliebte.
Das würde Dominic supergut stehen! Darin würde er total süß aussehen! Ich liebte rosa an
einem Mann, genauso wie schwarze Hemden. Ich liebte es für einen Mann, 'meinen Mann',
schöne Sachen einzukaufen. Er würde es einfach so von mir bekommen, nicht zu
Weihnachten.
Ich suchte Dominics Größe heraus, nahm das T-Shirt und zahlte.
Auf dem Parkplatz vom Supermarkt musste ich zwei Runden drehen, bevor ich endlich eine
freie Parklücke fand.
Das ist ja irre, dachte ich genervt. Selber schuld, man geht samstags nachmittags auch nicht in
den Supermarkt.
Bei den Tiefkühlregalen drückte mir Mr. Bosley ein Gespräch rein. Er fuhr den Streuwagen in
Stelton und war jeden morgen bei mir vor dem Haus, wenn ich gerade zur Arbeit fahren
wollte. Daher kannte ich ihn. Er war hager und hatte fast keine Haare mehr auf dem Kopf.
Aber höflich.
"Am Montag schippe ich wieder vor Ihrem Carport, Miss" sagte er und deutete eine leichte
Verbeugung an. Ich äugte in seinen Wagen. Ein Zehnerpack Brötchen, eine Butter und zwei
Kästen Bier.
`Du wirst hoffentlich am Montag noch gut sehen`, dachte ich zweifelnd und sah mein Cabrio
schon an der Schneeschaufel seines MB-Truck hängen.
"Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende, Mr. Bosley. Es tut mir leid, aber ich hab´s ein
bißchen eilig. Bis Montag." "Bis Montag, Miß." Ich spürte seine Blicke im Nacken.
Beim Weinregal griff ich den nächstbesten spanischen Sekt und reihte mich in die Schlange
vor der Kasse ein. Im Wagen vor mir saß ein kleiner Junge im Kindersitz und schrie aus
Leibeskräften. `Ich drehe durch`, dachte ich. `Das ist ja nicht zum aushalten`.
Ich zählte das Geld für den Sekt passend ab und warf es der Kassiererin auf die Theke, als ich
an der Reihe war.
In diesem Moment sah ich wie Dominic durch die Eingangstür trat.
"Dominic, tust Du Dir das auch heute noch an?" strahlte ich ihn an und wollte ihn zur
Begrüßung auf den Mund küssen.
Er drehte den Kopf weg, war kühl und unverbindlich.
"Ich brauche Pilze" sagte er nur und sah an mir vorbei. "Maya hat Hunger."
Maya war wieder da! Samstag. Natürlich. Hatte er Stress mit ihr und war deshalb so
unnahbar? Sollte ich hier und jetzt auch seine "ich schlaf zwar mit dir, aber wenn ich nicht
will, kenne ich dich nicht"-Seite kennenlernen? Ich würde es heute nicht mehr erfahren.
Wäre ich zuerst in den Supermarkt gefahren und dann ins Kaufhaus, wäre mir Dominic gar
nicht begegnet.
Zufall ? Was sollte mir das jetzt wieder sagen?
"Schönes Wochenende, Dominic. Bis bald."
Ich lächelte ihn an und ließ ihn einfach stehen.
Zuhause trank ich die halbe Flasche Sekt alleine, während ich mich umzog. Die Begegnung
mit Dominic beschäftigte mich mehr als ich eigentlich wollte. Wir haben nichts, dachte ich
traurig. Es ist nur eine Sexgeschichte. Wenn er mich mögen würde, würde er sich nicht so
abweisend verhalten, nicht mal dann, wenn er Stress hat. So benimmt man sich nicht zu einem
Menschen, den man gern hat.
Verdammt, Dominic!
29
Ich zog mich ganz schwarz an, standesgemäß für den Club of Gays.
"Ben, ich bin dicht." Ich flog Ben noch am Türrahmen um den Hals.
"Und Du bist der einzige wahre Mann in meinem Leben. Lass uns heiraten! Auch wenn wir
nie Sex haben können!"
"Spinnst Du, Dani? Ich will nicht heiraten! Was ist passiert? Du hast eine Fahne. Ich fahre!"
"Nein, Micky fährt. Sie geht mit. Wir spielen das lesbische Pärchen. Du hast doch Deine
Gays. Ich habe noch eine halbe Flache Sekt. Wie sehe ich aus? Ich will tanzen. Die ganze
Nacht. Komm, setzen wir uns noch. Lass uns rauchen. Wir haben noch Zeit."
Ich goss Ben einen Sekt ein. "Gott, bin ich zittrig. Ich vertrage echt nichts. Ben, ich habe
Dominic getroffen. Gerade eben im Supermarkt. Er war total abweisend, wie wenn wir nie
was miteinander gehabt hätten. Was ist denn das jetzt? Ben, wie denkt ein Skorpion? Stell
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