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Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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der aus Gitterrosten im Bürgersteig aufstieg. Auch Menschen auf den Straßen, und nicht bloß die üblichen; Menschen mit Jobs und Klamotten. Ähnlich wie in Knoxville, versuchte er sich einzureden, aber es wollte nicht gelingen. Noch ein fremdartiger Ort.
    »Nein, Mann, links, linksl« Freddie schlug auf seine Rückenlehne. Und noch ein Stadtnetz zu lernen. Er checkte den Cursor auf der Stadtplananzeige des Patriot und suchte nach einer Möglichkeit, nach links zu diesem Hotel abzubiegen, dem Morrisey.
    »Schlag nicht auf Mr. Rydells Sitz«, sagte Warbaby, der knappe zwei Meter Faxpapier in seinen Händen zusammengeknäuelt hatte, »er fährt gerade.« Das Fax war auf ihrem Weg hierher reingekommen. Rydell vermutete, daß es die Unterlagen über Blix waren, den Burschen, dem sie die Kehle durchgeschnitten hatten.
    175
    »Fassbinder«, sagte Freddie. »Haben Sie schon mal was von diesem Rainer Fassbinder gehört?«
    »Ich bin nicht in der Stimmung für Witze, Freddie«, warnte Warbaby.
    »Kein Witz. Ich hab diesen Blix durch Getrennt bei der Geburt laufen lassen, Mann, hab dieses Leichenfoto gescannt, das der Russe Ihnen vorher geschickt hatte.
    Da steht, er sieht wie Rainer Werner Fassbinder aus.
    Und dabei ist er tot und hat 'ne durchschnittene Kehle.
    Dieser Fassbinder, der muß ziemlich herbe ausgesehen haben, was?«
    Warbaby seufzte. »Freddie ...«
    »Naja, deutsch jedenfalls. Paßt ja zu seiner
    Nationalität ...«
    »Mr. Blix war kein Deutscher, Freddie. Hier steht, Mr. Blix war nicht mal Mr. Blix. Jetzt laß mich lesen.
    Rydell braucht Ruhe, um sich ans Fahren in der Stadt zu gewöhnen.«
    Freddie grunzte, dann hörte Rydell seine Finger auf dem kleinen Computer klappern, den er immer mit sich rumschleppte.
    Rydell bog in die Straße links ab, die er gesucht zu haben glaubte. Eine Kampfzone. Ruinen. Feuer in Stahlfässern. Zusammengekauerte dunkle Gestalten mit vampirweißen Gesichtern.
    »Nicht bremsen«, sagte Warbaby. »Auch kein Gas
    geben.«
    176
    Etwas kam wirbelnd aus dem krähenschultrigen
    Hexenzirkel geflogen und klatschte gegen die
    Windschutzscheibe, klebte an ihr fest und rutschte dann herunter, wobei es eine schmutziggelbe Schleimspur hinterließ. War es nicht grau und blutig gewesen, wie ein Klumpen Innereien?
    Rot an der Kreuzung.
    »Weiterfahren«, befahl Warbaby. Rydell tat es und erntete protestierendes Gehupe. Das gelbe Zeug war immer noch da.
    »Fahren Sie ran. Nein. Richtig rauf auf den
    Bürgersteig. Ja.« Die Goodyear-Straßenfeger des
    Patriot sprangen über den unregelmäßigen Kantstein.
    »Im Handschuhfach.«
    Eine Lampe ging an, als Rydell es aufmachte.
    Windex, eine Rolle grauer Papiertücher und eine
    Schachtel mit Gummihandschuhen.
    »Na los«, sagte Warbaby. »Niemand wird uns
    belästigen.«
    Rydell zog sich einen Handschuh über, nahm das
    Windex und die Tücher und stieg aus. »Paß bloß auf, daß du nichts abkriegst«, sagte er und dachte an Sublett.
    Er spritzte eine ordentliche Ladung Windex auf die Schleimspur, knüllte drei Tücher in seiner behandschuhten Hand zusammen und wischte, bis das Glas sauber war. Er zog den Handschuh über den feuchten Klumpen herunter, wie sie es ihm auf der 177
    Akademie gezeigt hatten, aber dann wußte er nicht, was er damit machen sollte.
    »Werfen Sie's einfach weg«, rief Warbaby von
    drinnen. Rydell tat es. Dann trat er fünf Schritte vom Wagen zurück, übergab sich und wischte sich den Mund mit einem sauberen Tuch ab. Er stieg wieder ein, machte die Tür zu, verriegelte sie und legte das Windex und die Tücher ins Handschuhfach zurück.
    »Willst du nicht damit gurgeln, Rydell?«
    »Halt die Klappe, Freddie«, sagte Warbaby. Die
    Federung des Patriot knarrte, als er sich nach vorn beugte. »Reste aus dem Schlachthaus, höchstwahrscheinlich«, sagte er. »Aber es ist gut, daß Sie Vorsichtsmaßnahmen zu treffen wissen.« Er ließ sich zurücksinken. »Hier gab's mal eine Gruppe namens Schwert des Schweins. Schon mal davon gehört?«
    »Nein«, sagte Rydell. »Nie.«
    »Die haben Feuerlöscher aus den Häusern geklaut
    und mit Blut gefüllt. Blut aus einem Schlachthaus. Aber nach außen hin haben sie behauptet, daß es sich dabei, naja, um Menschenblut handelte. Dann sind sie mit den Feuerlöschern hinter den Jesus People her, wenn die marschiert sind ...«
    »Jesus«, entfuhr es Rydell.
    »Genau«, sagte Warbaby.
     
    »Siehst du die Tür da?« sagte Freddie.
    178
    »Welche Tür?« Das Foyer des Morrisey weckte in
    Rydell den

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