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Virulent

Virulent

Titel: Virulent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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Verbindungsgang und in den Autopsieraum rollten, verbanden sich einige Muskelfasern im Zentrum ihres Gehirns, rissen sich selbst in Stücke und formten eine Kugel. Chelseas aus Fasern bestehende Kugel war eintausend Mikron groß, Bettys Kugel besaß gut die Hälfte dieser Größe, etwa sechshundert Mikron.
    Das war groß genug, um ein schwaches Signal abzuschicken.
    Und groß genug, um eine Reaktion zu empfangen.

    Das Antwortsignal galt nicht den Crawlern. Es war für den Wirtskörper bestimmt.
    Die restlichen Crawler stellten die Produktion des Mittels gegen die Apoptose ein und begannen, Bettys Gehirn mit Neurotransmittern zu überfluten.
    Sie mussten sie aufwecken. Sie mussten sie aufwecken, damit sie das Signal empfangen konnte.
    50
Cheffies offene Tür
    »Weder Schnee noch Regen, weder Hitze noch die düstere Nacht hält diese Kuriere davon ab, die ihnen zugewiesenen Runden rasch zu Ende zu bringen.«
    Diese Bemerkung stammt von Herodot und bezieht sich auf die Kuriere im Persien der Antike, doch viele glauben fälschlicherweise, dass es sich dabei um das Motto des United States Postal Service handelt. Zwar stand diese Wendung tatsächlich über dem James-A.-Farley-Postgebäude in New York City, doch sie ist beileibe kein offizielles Motto.
    Doch ob offiziell oder nicht, John Burkles Ansicht nach waren die Worte überaus angemessen für jemand, der bei gottverdammten sechsundzwanzig Grad unter null ein weißes Postfahrzeug fuhr, während gleichzeitig Winde mit einer Geschwindigkeit von dreißig Meilen pro Stunde immer wieder Lagen dünnen Schnees über die gottverdammten Nebenstraßen bliesen. Wer ist schon bei so einem Wetter unterwegs?
    Postboten. Wer sonst?

    Er steuerte das rechte Vorderrad seines Wagens in die gefrorene Spur vor dem Haus der Franklins. Gestern noch war die Auffahrt eine Schlammpfütze gewesen, in der braune Eisbrocken trieben. Das lag daran, dass es zwei Tage hintereinander zehn Grad warm gewesen war. Wenn man das Wetter in Michigan nicht mag …
    John schob die Post der Franklins in den metallenen Briefkasten und fuhr dann zum nächsten Haus. Hier draußen lagen die Häuser recht weit voneinander entfernt, es waren mindestens ein paar Hektar zwischen zwei Gebäuden. Das nächste Haus gehörte Cheffie Jones. Bei Cheffie waren schon seit Ewigkeiten ein paar Schrauben locker. Er war bei einem Arbeitsunfall am Kopf verletzt worden. Er blieb meistens für sich und hatte jede Menge Zeit, irgendwelchen Müll bei eBay zu kaufen. John schob vier kleine Päckchen in Cheffies übergroßen Briefkasten. Manchmal kam Cheffie nach draußen, um seine Post in Empfang zu nehmen und Hallo zu sagen. John sah in Richtung des Hauses, doch er konnte nirgendwo eine Bewegung erkennen. Er fuhr wieder los, hielt jedoch sofort noch einmal an und warf einen Blick zurück.
    Stand die Eingangstür offen?
    Sie war offen. Er war gut dreißig Meter entfernt, und alles war ein bisschen schwierig zu erkennen, aber es sah so aus, als blockiere etwas Schneebedecktes die Tür.
    Sechsundzwanzig Grad unter null und die Vordertür war offen.
    John brachte den Automatikhebel in die Position »Parken«. Er griff in seine Tasche und zog seinen Taser heraus. Möglicherweise war ein Einbrecher im Haus. Hatte Cheffie einen Hund? John konnte sich nicht daran erinnern. Er musste zwar seinen Zeitplan einhalten, aber ihm war nicht wohl dabei, bei
so einem Wetter eine offene Tür zu ignorieren. Vorsichtig ging er auf das Haus zu.
    »Cheffie?«, rief er. Hier draußen war es besser, wenn man sich einem Gebäude nicht lautlos näherte. Im Norden Michigans nahmen die Leute ihr Recht, eine Waffe zu tragen, sehr ernst. Deshalb machte man jede Menge Lärm, um sie wissen zu lassen, dass man kam. So stellte man sicher, dass man nicht für einen Einbrecher gehalten wurde, wenn der Hausbesitzer nüchtern, und nicht für einen Hirsch, wenn er komplett besoffen war.
    Die Tür stand etwa zwanzig Zentimeter weit offen. Unter einer leichten Schneedecke blockierte etwas Langes und Dünnes und Schwarzes die Tür. John betrat die Veranda, um es sich näher anzusehen.
    Es war eine Hand.
    Eine schwarze, skelettierte Hand.
    Trotz der dicken blauen Uniform, wie sie Briefträger im Winter tragen, sprintete John Burkle in einer Zeit, die ihn fast für die olympischen Spiele qualifiziert hätte, zu seinem Van zurück.
    51
Betty Jewells Gesicht
    Betty Jewell suchte sich die schlimmstmögliche Zeit der Menschheitsgeschichte zum Aufwachen aus.
    Die Augen noch immer

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