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Virulent

Virulent

Titel: Virulent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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wie es sich bewegt. Bei all dem zerstörten Gewebe ist das schwer zu sagen, aber ich glaube, es folgt dem V3-Nerv in Richtung Gehirn.«

    Betty spürte, dass sie die linke Hand frei in der Schlaufe bewegen konnte. Sie zog sie noch nicht aus der Schlaufe – noch nicht –, doch jetzt konnte sie es zu jedem beliebigen Zeitpunkt tun.
    »Schneide es raus«, sagte die Frau. »Möglicherweise sind diese Dinger für die Verwesung verantwortlich. Wenn wir sie rausschaffen, können wir das Mädchen vielleicht stabilisieren. «
    »Probebehälter, bitte«, sagte der Mann. »Kriechende Organellen isoliert und entnommen. Untersuchung läuft. Objekt zerfällt in kleinere Stücke … Margaret, schau! Diese Stücke sehen irgendwie aus wie … Muskelfasern. Sie … bewegen sich selbstständig.«
    »Entnimm noch eine aus ihrem Gesicht«, sagte die Frau. »Wir machen ein zusätzliches Video von diesen Dingern.«
    Betty wartete. Sie wartete, bis sie spürte, wie das Skalpell erneut in sie eindrang. Sie wartete, bis sie sicher war, dass das Skalpell gegen ihren Wangenknochen stieß.
    Sie wartete darauf, weil sie dann genau wusste, wo es war.
    Betty Jewell hielt ihren Kopf und ihren Körper so regungslos wie möglich, während sie ihre Hand aus der Schlaufe zog.
     
    Margaret beobachtete die geschickte und elegante Technik, mit der Amos das verrottete Fleisch auf der Suche nach einem weiteren kriechenden Nerv wegschnitt.
    Die Hochleistungs-Vergrößerungsbrille vor ihrem Visier zeigte Bettys offene Wunde überaus detailliert und bot so eine Art extreme Nahaufnahme von Blutgefäßen, Muskeln, Adern, Knochen und schwarzem verwestem Material. Und zwischen all diesen Dingen bewegte sich etwas. So winzig. Arme, die Dendriten glichen, streckten sich wie die Pseudopoden einer
Amöbe. Die Arme kontrahierten und zogen den Körper vorwärts, während der Schwanz hinterherschleifte.
    Die Vergrößerungsbrille und die Kamera, die in Margarets Helm eingebaut war, machten unabhängig voneinander Filmaufnahmen. Angesichts des hohen Tempos der Verwesung boten die Videos später vielleicht die einzige Möglichkeit, diese Dinge zu studieren, denn die blieben gewiss nicht mehr lange am Leben.
    Was auch für Betty galt, wenn sie nicht etwas Drastisches unternehmen konnten.
    »Das ist völlig anders als bei Dawsey«, sagte Margaret. »Es sei denn, diese Dinger stellen ein Larvenstadium dar, das bereits abgeschlossen war, als wir ihn untersucht haben.«
    »Schwer zu sagen«, antwortete Amos. »Warte, hier ist noch eins. Schau dir das an. Es kriecht den afferenten Nerv entlang. Ich hole es raus.«
    Margaret sah genau hin. Amos’ Skalpell tanzte um einen zweiten Fleck schwarzer Verwesung, die er in einem sauberen Kreis herausschnitt.
    Plötzlich ein rotes Aufblitzen. Eine Art Nebel, etwas, das durch die Vergrößerungsbrille geradezu gewaltig aussah. Eine rasche Bewegung, als flöge ihr etwas ins Gesicht. Margaret zuckte zurück.
    Sie hörte ein Reißen und ein gurgelndes Geräusch.
    Margaret hob die rechte Hand, schob sie unter die Vergrößerungsbrille und schleuderte sie sich vom Kopf.
    Betty Jewell setzte sich auf.
    Sie saß nicht ganz aufrecht, denn ihr rechtes Handgelenk steckte noch immer in der Schlaufe fest, doch ihre gehäutete linke Hand schwang frei hin und her. Und sie umklammerte ein Skalpell.

    Amos’ behandschuhte Hände umklammerten hektisch seinen im Schutzanzug steckenden Hals, zerrten hin und her und versuchten, sich einen Weg durch das schwarze PVC zu graben. Blut spritzte an die Innenseite seines Visiers. Einzelne Tropfen drangen durch ein kleines Loch in seinem Schutzanzug nach außen und rannen zu Boden.
    Er machte einen halben Schritt zurück. Betty stürzte sich mit dem Skalpell nach vorn, doch weil ihr rechter Arm noch fixiert war, war die Bewegung unsicher und schwankend. Die Spitze des Skalpells schlitzte den Schutzanzug unmittelbar über seinem linken Brustmuskel auf.
    Betty sammelte Kraft für ihren nächsten Angriff.
    Margaret packte Amos bei den Schultern und riss ihn von der Rolltrage weg. Doch wegen des beengten Raums zog sie viel zu heftig. Beide krachten gegen die Wand des Trailers und stürzten zu Boden. Amos landete auf ihr. Er trat um sich, hatte die Hände noch immer an seiner Kehle und versuchte in das Loch zu greifen und es weiter aufzureißen, doch das vom Blut glitschige PVC-Material seiner Handschuhe ließ ihn keinen Halt finden.
    »Amos! Runter von mir!« Margaret zerrte und zog an dem kleinen Mann, während sie

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