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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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eingesperrt hatten sie
ihn für eine Weile, und doch hatte Makinwa das Gefühl, nicht genug getan zu
haben.
    Einhundertsiebenundachtzig
Menschen waren dem SARS-Virus damals zum Opfer gefallen. Er hatte versucht,
ihnen zu helfen, doch er war gescheitert und fühlte sich somit verantwortlich
für ihren Tod. Er wusste es und er wusste, dass er eines Tages dafür würde
bezahlen müssen. Der Tod war nahe bei diesem Gipfel, das spürte Makinwa. Offen
blieb lediglich der Zeitpunkt, wann er ihn holen würde.
    Vielleicht würde das Ende ja
sogar eine Befreiung für ihn bedeuten, eine Befreiung von seinen
Gewissensbissen, von den schrecklichen Gedanken, für den Tod von fast
zweihundert Menschen verantwortlich zu sein. War es wirklich seine Schuld
gewesen? Hatte er nicht alles versucht? Allah würde darüber richten müssen,
doch Sein Urteil ängstigte Makinwa. Einerseits konnte er mit seiner Schuld
nicht leben, andererseits fürchtete er den Tod. Würden die Wärter ihm den
Zugang zur Dschanna, dem Paradies, verweigern und ihn in die Dschahannam, die
Hölle, schicken?
    Er hoffte, dass es schnell und
schmerzlos über die Bühne gehen würde. Er dachte an die Qualen zurück, die er
im Gesicht seines Kollegen Meng Hong gesehen hatte, und betete zu Allah, ihm ein
ähnliches Leiden zu ersparen, obwohl er wusste, dass er es verdient hatte.
    Makinwa betrat das Badezimmer
seines Zimmers im Hotel ‚Seemöwe’, zog sich aus und stieg in die Dusche. Er
drehte den Wasserhahn auf und schrak fürchterlich zusammen. Ein grauenhafter
Ton drang statt Wassers aus dem Duschkopf über ihm.
    Er erinnerte sich an den Moment
zurück, in dem er den Ton zum ersten Mal gehört hatte. Zunächst hatte er ihn
als wunderschön empfunden, doch das hatte sich schnell geändert, als eintrat,
was der Klang angekündigt hatte. Der fürchterliche Todeskampf seines Kollegen. Brachte
er auch dieses Mal Tod mit sich?
    Makinwas Schockstarre dauerte nur
wenige Augenblicke an. Dann sprang er mit einem Satz aus der Dusche, rannte zur
Tür und drückte mit schrecklich zitternder Hand die Klinke hinunter.
    Die Tür war verschlossen. Von
außen.
    In Todesangst drehte er sich
zurück zur Dusche und was er sah, ließ ihn unvermittelt in seine Paralyse
zurückkehren. Aus dem Gitter des Belüftungsschachts über der Dusche drangen
Heuschrecken. Viele Heuschrecken. Liter von Heuschrecken. Kilos.
    Nach wenigen Sekunden war die
Duschwanne randvoll von emsig umher hüpfenden, braunen Schrecken, doch sie
weigerten sich offenbar, den Rand der Wanne als natürliche Grenze anzusehen.
    Plötzlich fuhr ihm ein
fürchterlicher, ätzender Schmerz in die linke Wade. Reflexartig schlug er nach
der Stelle, doch bereits in diesem Augenblick zuckte ein weiterer Schmerz in
seiner rechten Schulter und dann waren die Schrecken überall auf seiner Haut.
Sein Schmerzzentrum war überfordert damit, einzelne Impulse auszumachen, als
die Insekten ihn bei lebendigem Leibe aufzufressen begannen.
    Ihre Gier kannte keine Grenzen.
Der gesamte Raum war inzwischen vom Boden aus zu einem Drittel mit wild umher surrenden,
kleinen braunen Körpern gefüllt. Nur minimale Partikel waren sie imstande, auf
einmal aus seiner Haut zu reißen, doch ihre unbeschreibliche Anzahl und ihr
nicht zu stillender Hunger machten den Mangel an Kieferkapazität mehr als wett.
Währenddessen pressten sie ihren ätzenden Speichel in sein an einigen Stellen
bereits offen liegendes Fleisch und verursachten Schmerzen, wie Makinwa sie in
der Dschahannam nicht erwartet hätte.
    War dies die Strafe dafür, dass
es ihm nicht gelungen war, die SARS-Erkrankungen der WHO zu melden? Er wusste,
dass er den Tod verdient hatte, doch hätte er geahnt, auf welche Weise er
daherkommen würde, hätte er alle Schuld geleugnet. Vor Allah hätte er gelogen,
nur um diesen schrecklichen Qualen zu entgehen.
    In fürchterlicher Agonie schrie
Makinwa, während er merkte, wie er an der Tür entlang gen Boden glitt und langsam
– viel zu langsam – aus dieser Welt schied. Wann würde das Leiden endlich ein
Ende nehmen?

112.
    Bereits als er den Fahrstuhl im
zweiten Geschoss des Hotels ‚Seemöwe’ auf dem Flur, auf dem sich Makinwas
Zimmer befand, verließ, hörte Wegmann den Posaunenton und die fürchterlichen
Schreie des nigerianischen Professors. War der Mörder noch in dem Zimmer? War
er soeben im Begriff, Makinwa umzubringen?
    Der Deal mit Driver wurde besser
und besser. Nun würde er den Killer auf frischer Tat ertappen, ihn festnehmen
und

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