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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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Schließer im Untersuchungsgefängnis in Rostock und er mochte seinen Job.
Sonderlich viel zu tun gab es selten und den Großteil seiner Zeit verbrachte er
damit, in der Wachstube mit den Kollegen Skat zu spielen. Hin und wieder konnte
man eine Extramark machen, indem man den Häftlingen kleine Gefallen tat.
Ansonsten ließ es sich auf dem Beamtenstatus auf Lebenszeit recht bequem ruhen.
    An diesem Samstagvormittag war
der Serienkiller hierher überführt worden, der für die von der Presse so genannten
‚G8-Morde‘ verantwortlich zeichnete. Mit ihm war ein beachtliches Heer an
Reportern vor den Gefängnismauern erschienen, doch das störte Hermann wenig bis
gar nicht. Das Fenster der Wachstube ging nach der rückwertigen Seite des
Gebäudes und somit konnten die Reporter die wachhabenden Beamten bei ihrem
Skat-Spiel nicht stören.
    Doch plötzlich und wie aus dem
Nichts erklang ein Ton. Ein Ton, wie ihn keiner der Schließer je gehört hatte.
Er war schrecklich und wunderschön zugleich. Am ehesten vielleicht noch mit dem
einer Posaune vergleichbar, aber doch anders. Ein unbeschreiblich schöner
Klang, doch durch seine Fremdartigkeit und Deplatziertheit auch ebenso
schrecklich wie Angst einflößend. Völlig paralysiert lauschten die Beamten dem
Klang.
    Es war nicht richtig. Dieser Ton
gehörte nicht hierher. Und wenn etwas Unplanmäßiges, etwas Unerwartetes
passierte, dann war es die Aufgabe der Schließer, dem auf den Grund zu gehen. Hermann
schüttelte heftig den Kopf, um sich aus seinem tranceähnlichen Zustand zu
befreien, stand ruckartig auf und bedeutete seinen Kollegen, ihm zu folgen.
    Die Schließer verließen die
Wachstube und betraten, Pfefferspray in der Hand, den Zellentrakt. Doch was sie
sahen, versetzte sie augenblicklich in den gleichen Zustand tranceähnlicher
Hypnose zurück, aus dem sie sich soeben erst mit Mühe befreit hatten.
    Aus der kleinen, quadratischen,
vergitterten Öffnung einer der Zellen drang ein Lichtstrahl, so klar und weiß
und wunderschön, wie Hermann noch nie zuvor ein Leuchten gesehen hatte. Er
musste die Augen zusammenkneifen, um nicht von dem gleißenden Strahlen
geblendet zu werden. Es schien, als sende der eine Lichtstrahl weitere aus, als
tanzten tausende und abertausende winzige Funken in seinem Schein. Es war ein
Glanz von unendlicher Klarheit und Leuchtkraft. Es war ein Glanz, der nur
göttlichen Ursprungs sein konnte.
    Und er kam aus der Zelle des
Neuen, des Gipfelmörders.
    Dann endete der Posaunenton
ebenso plötzlich, wie er begonnen hatte, und mit ihm das Strahlen. Der
Zellentrakt schien nun in vollkommener Dunkelheit zu liegen. Das karge Licht
der Neonröhren verblasste im Vergleich zu dem strahlenden Weiß des göttlichen
Glanzes zu einem Glühwürmchen im nächtlichen Wald.
    Es dauerte ganze fünf Minuten,
bis Hermanns Augen sich wieder an das dumpfe Licht der Traktbeleuchtung gewöhnt
hatten. Langsam erwachte er aus seiner Trance. Erst jetzt bemerkte er, dass er
auf seine Knie gesunken war. Er blickte sich um und sah, dass auch seine
Kollegen sich, bewusst oder unbewusst wie er, vor der Schönheit des Strahlens
und seinem offenkundig göttlichen Ursprung niedergekniet hatten.
    Er erhob sich und ging vorsichtig
und mit zitternden Beinen auf die Zelle des Serienkillers zu. Mit Angst im
Blick sah er durch die vergitterte Öffnung in der Tür.
    Die Zelle war leer.
    Er bedeutete seinen Kollegen, ihm
zu folgen. Dann schloss er die Tür auf, um die von der Öffnung in der Tür nicht
einsehbaren toten Winkel des Raums abzusuchen.
    Nichts.
    Die Zelle blieb leer. Ebenso wenig
wie den Verdächtigen konnte Hermann abgesehen von der normalen, dreckig gelben
Zellenbeleuchtung irgendeine Art von Lichtquelle ausmachen. Nichts deutete
darauf hin, dass aus diesem Raum nur Minuten zuvor ein Leuchten von göttlicher
Klarheit gedrungen war.
    Hermann blickte hinüber zu der
rauen Betonwand über der Pritsche, die das einzige Möbel des Raums darstellte. In
tiefroten Lettern stand dort mit Blut geschrieben:
    Offb 11, 15-19.

Sonntag, 13. Mai 2007
     
    Epilog 2
    Ratlos stand
Brandursachenermittler Ferdinand Löscher am frühen Sonntagmorgen vor den
qualmenden Überresten, die das Feuer der letzten Nacht hinterlassen hatte.
Etwas Vergleichbares hatte er noch nie gesehen.
    Obwohl die Feuerwehr schnell
alarmiert und zügig vor Ort gewesen war, war der ‚Dorfkrug’ in Petersdamm
nahezu komplett ausgebrannt. Reichte das Wort ‚ausgebrannt’ hier aus?
Ausgemerzt wäre vielleicht

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