Virus (German Edition)
bildete. Es fühlte sich wohlig an, dieses rote Blut auf dem blauen
Teppich in einer Welt aus Lila.
Wenigstens würde die Menschheit
mit ihm sterben. In zwanzig Stunden würden sich einundzwanzig
Virenschutzbehälter in den größten Metropolen dieser Erde öffnen und ihren
todbringenden Inhalt freisetzen. Und mit der Menschheit würde auch Debbie
sterben. Seine große Liebe. Oh, Gott, wie sehr er sie hasste.
Mit Hass in der Seele und ohne
einen glücklichen Gedanken im Kopf sah er, wie das Lila, das ihn umgab, sich in
ein weißes Licht zu wandeln begann. Ein Licht so wunderschön wie Debbie.
–––––
Hinter der Rezeption, die sich
seitlich von den Aufzügen befand, erhob sich Peter Wegmann langsam. Noch immer
drang Rauch aus dem Lauf seiner Dienstwaffe hervor. Der Killer hatte sich mit
Ashcroft gegen das Einsatzkommando abgeschirmt, aber nicht gegen ihn.
Er hoffte inständig, Ashcroft
würde die Tatsache, dass er ihr das Leben gerettet hatte, als Entschuldigung
akzeptieren. Und wenn der Virus real war, hatte er vielleicht sogar die
Menschheit gerettet. Sein Traum war Realität geworden. Er hatte noch einmal
etwas Gutes getan.
Er drehte den Kopf zu Herforth
und sah in ihr ungläubiges Gesicht, hoffend, dass auch sie fortan besser über
ihn denken würde. Er war kein grundauf schlechter Mensch. Er hatte einmal
Ideale und Werte besessen. Und in diesem Moment kehrten sie zurück.
Ein Lächeln strich über sein
Gesicht, als ihm bewusst wurde, dass er wieder ein guter Mensch war. Mit diesem
einen Schuss hatte er all seinen Opportunismus, seinen Hass und seine Selbstüberschätzung
abgelegt. Er hatte noch einmal etwas Gutes getan.
Alle Angst war Hoffnung gewichen.
Mit diesen Gedanken im Kopf hob er die Waffe gegen seine Schläfe und drückte ab
– das Lächeln vollkommener Zufriedenheit noch immer auf seinem Gesicht.
Freitag, 11. Mai 2007
126.
Das Erste, was Holger fühlte,
waren höllische, stechende Kopfschmerzen. Dann stellte er fest, dass jemand
zärtlich seine Hand streichelte. Er konnte nicht mit letzter Sicherheit
feststellen, ob er wachte oder schlief. Wahrscheinlich irgendetwas dazwischen.
Jedenfalls schien Vieles darauf hinzudeuten, dass er sich in einer horizontalen
Position befand.
„Debbie!” Holger fuhr urplötzlich
auf, als das Bild eines Hünen vor seinem inneren Auge auftauchte, der
unvermittelt in ihrem Hotelzimmer stand.
Eine Hand versuchte, ihn sanft in
seine Liegeposition zurück zu drücken. Von weit weg hörte er eine Stimme, die
sanft auf ihn einredete, ihn zu beruhigen versuchte. Debbie war in
Lebensgefahr. Wie konnte er sich da beruhigen? Die Kopfschmerzen waren kaum
mehr zu ertragen, trotzdem zwang er mit aller Macht seine Augen auf. Zunächst
nur einen winzigen Spalt. Er spürte, wie seine Lider zitterten, doch er gab
nicht nach.
Mehr und mehr gewann er die
Oberhand und schließlich hatte er es geschafft, seine Augen zu öffnen. Grelles
Licht penetrierte seine Netzhaut und ließ ihn erneut blinzeln. Er nahm nichts
als Schemen war, alles um ihn herum war weiß, ebenso wie das Licht, während die
Stimme, die zu ihm drang, wie aus einer anderen Welt klang.
War dies das Ende? Er wollte noch
nicht sterben. Er musste Debbie retten.
Geh nicht in das Licht!
Trotz der nahezu betäubenden
Kopfschmerzen schien er auch diesen Kampf zu gewinnen. Langsam aber stetig
schaffte er es, das Licht zu unterjochen. Die weißen Schemen nahmen Kontur an.
Wo war der Hüne? Er würde es jederzeit mit ihm aufnehmen, um Debbie zu retten.
„Es ist alles gut”, hörte er eine
Stimme sagen. Eine sanfte Stimme, eine wunderschöne Stimme. Eine wunderschöne
Stimme mit amerikanischem Akzent. Debbie?
Mühsam drehte er den Kopf und
blickte in ihr Gesicht. Sie saß an seinem Bett und lächelte. Holger hatte nie
in seinem Leben etwas Schöneres gesehen. Ihr Anblick ließ ihn entspannen, und
er hörte auf, sich gegen den sanften Druck ihrer Hand zu wehren.
„Leg dich wieder hin”, sagte sie.
„Du brauchst Ruhe.”
Er tat wie ihm geheißen. Wie
hätte er ihr in diesem Moment wiedersprechen können?
Aber nun brannte ihm die Frage, wie
er in sein Bett gekommen war, auf der Seele. Er blickte sich um. Dies war nicht
sein Zimmer. Und Debbies Hotelzimmer auch nicht.
„Wo bin ich?” Sein trockener Hals
verurteilte den Sprechversuch zu einem nahezu unartikulierten Krächzen.
„Im Krankenhaus”, erwiderte
Debbie. Sie konnte ihn unmöglich verstanden haben. „Du hast eine
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