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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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machte Holger ihr neuen Mut.
„Vielleicht müssen wir nur die Motivation des Mörders austauschen und schon
funktioniert sie.”
    „Was meinst du damit?”
    „Nun, nehmen wir doch
mal an, die Theorie sei korrekt, dass der Mörder Opfer auswählt, die sich mit
einer weltumspannenden Epidemie befassen, um auf das Problem der
Langstreckenflüge aufmerksam zu machen. Dann könnte es sich bei dem Mörder
ebenso gut um einen Umweltschützer handeln. Zudem wurden beide Opfer durch
Naturgewalten getötet. Der eine durch einen Blitz, der andere durch das Meer.
Eine gute Wahl der Waffen für einen Umweltschützer, würde ich sagen.”
    Debbie dachte darüber
nach. Es schien Sinn zu machen. Schon am Vortag hatte sie mit Bobby
Umweltschützer als mögliche Verdächtigengruppe eingestuft. War es Zufall, dass
sie schon zum zweiten Mal bei der gleichen Gruppe landeten?
    „Dann würde auch der
ICD-Code ‚A87’ wieder Sinn machen”, murmelte sie in Gedanken versunken. „Die
Haut der Erde ist entzündet.”
    „Da würde ich mich
nicht allzu sehr drauf versteifen”, warf Holger ein.
    „Worauf?”
    „Darauf, dass der
Schriftzug ein ICD-Code war. Ich meine, er könnte so viel bedeuten. Ich…”
Holger zögerte und Debbie sah ihn erwartungsvoll an. Würde jetzt kommen, worauf
sie hoffte? „Ich weiß, dass mein Beispiel gestern geschmacklos war. Aber zu dem
Punkt, den ich damit gemacht habe, stehe ich”, sagte Holger und blickte zu
Boden.
    Debbie konnte ihr
Staunen kaum überspielen. Da war sie: eine aufrichtige Entschuldigung. Sie war
nach wie vor davon überzeugt, dass es sich um einen ICD-Code handelte. Ein
Code, der auf eine Viruserkrankung hindeutet beim Tod eines Epidemiologen – der
Zusammenhang war einfach zu offensichtlich. Doch sie wollte die Diskussion mit
Holger nicht neu entfachen. Zu froh war sie über seine Entschuldigung. Begann
die Mauer aus Gleichgültigkeit etwa zu bröckeln?

32.
    Diesmal war Passe
nicht dabei gewesen, doch die Fragen waren die gleichen wie am Tag zuvor.
Hatten die Fernsehteams Notiz von ihnen genommen? Würden sie die Bilder
ausstrahlen? Wie viele waren verhaftet worden? Wie stark war die Truppe noch?
Würde die Besetzung für weitere Aktionen noch ausreichen? Hatte man einen Sieg errungen
oder eine Niederlage erlitten?
    Eines stand fest: Man
hatte den Bullen die Stirn geboten, man hatte nicht klein beigegeben.
    Dora hatte ihn so
weit von den Ausschreitungen weggeführt wie möglich, und sie befanden sich
nunmehr unweit des Dorfkerns. Tief im Innern wusste Passe, dass dies angesichts
seiner Verletzungen das Vernünftigste gewesen war, doch die Ungewissheit war
kaum zu ertragen. Wie war der Kampf ausgegangen? Am Vortag hatte er zwar
ebenfalls nicht viel vom Ausgang der Schlacht mitbekommen, war aber doch
immerhin dabei gewesen, mittendrin sogar.
    Diesmal war er
absolut und vollkommen ahnungslos. Hatten seine Mitstreiter Molotows geworfen?
Hatten sie die Polizei in Schach halten können? Hatten die Bullen womöglich
Wasserwerfer eingesetzt? Das wäre gut. Wasserwerfer waren zwar unmenschlich,
aber ihr Einsatz würde weltweit für Entrüstung sorgen und die deutschen
Ordnungskräfte dämonisieren und als Brutalo-Armee stigmatisieren.
    Diese
Ahnungslosigkeit war nervenaufreibend. War die Schlacht schon vorüber? Man
hörte nichts mehr, doch das konnte ebenso gut an der Entfernung liegen, die mittlerweile
zwischen ihnen und dem Ort der Ausschreitungen lag. Zudem kam der Wind aus
südlicher Richtung, wehte den Geräuschen der Schlacht also entgegen.
    „Meinst du, es ist
vorbei?” fragte er Dora.
    Sie zuckte mit den
Schultern, antwortete aber nicht. Überhaupt hatte sie noch kein Wort
gesprochen, seit sie ihn von den Ausschreitungen weggezerrt hatte.
    „Was ist los?” fragte
er und versuchte, es so klingen zu lassen, als würde es ihn ehrlich
interessieren. Natürlich interessierte ihn nichts außer dem Ausgang der
Schlacht.
    Dora setzte sich auf
einen Felsbrocken, der am Straßenrand unmittelbar vor dem Ortseingang lag,
Passe blieb vor ihr stehen. Er konnte jetzt nicht sitzen, die Aufregung war
viel zu groß.
    „Wieso fasziniert
dich diese sinnlose Gewalt so?” fragte sie zurück. Er seufzte. Diese Debatte
also wieder.
    „Die Gewalt ist nicht
sinnlos”, antwortete er. „Natürlich wäre es mir auch lieber, es ginge ohne.
Aber so läuft das nun mal nicht. Wir müssen in der Welt Gehör finden und das geht
nicht, wenn wir nicht auf uns aufmerksam machen.”
    „Es gibt immer

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