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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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eine Pause, um dem nun Folgenden mehr
Nachdruck zu verleihen. „Wenn Sie sich aber weigern, mir meine Fragen zu
beantworten, dann bleibt mir gar nichts anderes übrig, als Sie in eine Zelle zu
sperren. Sie haben das Gesetz gebrochen, Herr Somniak.”
    Wegmann guckte
Somniak tief in die Augen. „Haben Sie mich verstanden, Herr Somniak?”
    „Das habe ich. Sie
verfügen über eine bemerkenswert klare Artikulation, Herr Kommissar.”
    Machte sich dieses
Arschloch jetzt etwa auch noch über ihn lustig? Denk an morgen! Bald
würde er sich nicht mehr mit diesem unwichtigen Kram rumschlagen müssen.
Immerhin schien Somniak zur Vernunft gekommen zu sein.
    „Also. Wie ist es
Ihnen gelungen, die Bilddatei an unseren Kontrollen vorbei aus dem
Kongresszentrum zu schmuggeln?” setzte Wegmann erneut zum eigentlichen Verhör
an.
    „Ich möchte meinem
Anwalt anrufen.”
    Wegmann gab auf. Er
wandte sich an den Uniformierten, der sich noch immer im Verhörzimmer befand.
„Lassen Sie ihn in Gottes Namen seinen Anruf tätigen. Und dann sperren Sie ihn
weg. Sperren Sie ihn gut weg.”
    Damit erhob er sich
und verließ den Raum.
    Mit düsterer Miene,
die nur im Ansatz seine Stimmung widerzuspiegeln vermochte, erklomm er die
Stufen zur vierten Etage. Herforth würde es wieder ihm anlasten, dass das Verhör
keine Erkenntnisse geliefert hatte, sie würde ihm Ungeschick und eine schlechte
Taktik vorwerfen. Nicht einmal einen blöden kleinen Journalisten konnte er mehr
verhören. Seine Zeit würde kommen. Er wusste es. Er hatte durch seinen Deal mit
Driver persönlich dafür Sorge getragen.
    Kaum war er auf
seinem Flur angelangt, als er schon wieder angesprochen wurde. Wahrscheinlich
bestellte Herforth ihn zum Rapport. Doch zu seiner großen Überraschung hatte
der eher kleine, untersetzte Uniformierte, der ihn ansprach, eine gute
Nachricht zu vermelden. Wegmann hatte schon fast vergessen, wie sich das
anfühlte. Ashcroft war wegen Landfriedensbruchs ebenso verhaftet worden wie ein
Pfarrer namens Petersen, der sich in ihrer Begleitung befand. Wegmann kannte Petersen
zwar nicht, aber wenn er sich in Ashcrofts Begleitung befand, war eine Zelle
bestimmt kein schlechter Verwahrungsort für ihn.
    Der Polizist fragte,
ob er Herforth ebenfalls über die Festnahme informieren solle, doch Wegmann
erwiderte, er werde das übernehmen. Das würde er wirklich – wenn der Gipfel
vorbei war. Solange würde Ashcroft in ihrem eigenen Saft schmoren. Er hatte
nicht vergessen, wie sie ihn vor den Reportern bloßgestellt hatte, wie sie den
Tod von Professor Dickinson, den man so lange wie möglich hatte geheim halten
wollen, publik gemacht hatte, und wie sie ihn am Vortag sogar vor den eigenen
Kollegen übel beleidigt hatte.
    Er würde Genugtuung
erfahren, und Ashcroft würde nicht mehr in die Ermittlungen hineinfunken. Zwei
Fliegen mit einer Klappe. Besser ging es kaum.

44.
    Immerhin ließ man sie
eine Zelle teilen und immerhin befand sich Debbie hier in Sicherheit. Immerhin.
Aber die Suche nach dem Mörder brachte das natürlich keinen Schritt voran, und
Marcel Trébor konnten sie von hier aus auch nicht warnen. Lebte er überhaupt
noch?
    Die Zelle war klein,
rechteckig und fensterlos. Eine an die Wand geschraubte Metallplatte, die als
Bank diente, bildete das einzige Möbel, wenn man sie denn überhaupt als solches
bezeichnen durfte. Debbie lag mit dem Rücken auf der Bank, während Holger gegen
die Wand gelehnt auf dem Fußboden saß, die Beine ausgestreckt. Er hatte die
Hände in die Bauchtasche seines Kapuzenpullis gesteckt und starrte resignierend
auf seine Füße.
    Anfangs hatten sie
noch Radau gemacht, hatten gegen die Zellentür geschlagen, hatten gerufen,
wichtige Erkenntnisse zu haben und mit dem leitenden Ermittler sprechen zu
wollen. Anfangs hatten sie noch Hoffnung gehabt, man werde sich bald um sie
kümmern, jemand würde sie bald verhören. Wer auch immer sie verhören würde, ihm
konnten sie ihre Theorien erzählen, und er würde dann, wenn er nicht völlig
gehirnamputiert war, einen Ermittler der Mordkommission informieren.
    Doch es war niemand
gekommen, um sie zu verhören. Es war überhaupt niemand gekommen, und langsam
begannen sie sich zu fragen, was zu tun sei, wenn einer von ihnen plötzlich den
Ruf der Natur hörte. Man würde sie hier schmoren lassen. Debbie wusste, wie
sehr Wegmann sie hasste. Bereits zweimal war sie in den letzten vierundzwanzig
Stunden mit ihm aneinander geraten. Wahrscheinlich exakt zweimal zu oft, um

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