Virus
an, und Dr. Taboso antwortete: »Ich glaube nicht.«
Marissa hatte keine positive Antwort erwartet. Das wäre denn doch zu einfach gewesen. Sie schaute auf die Stockwerksanzeige – der Aufzug hielt im achten Stock.
Während sie den Gang hinuntergingen, fiel Marissa auf, daß keines der Zimmer, an denen sie vorbeikamen, belegt war. Die meisten davon waren, wie man sehen konnte, auch noch nicht voll eingerichtet. Und die Wände in der Vorhalle waren lediglich verputzt, aber nicht gestrichen.
Dr. Taboso bemerkte Marissas Erstaunen und sagte: »Ach ja, das muß ich Ihnen erklären. Beim Bau des Hospitals wurden zu viele Betten eingeplant. Daher wurde dann der achte Stock hier nicht fertig hergerichtet. Wir entschlossen uns, ihn jetzt für diesen Notfall zu nutzen – ist doch günstig wegen der Isolation, meinen Sie nicht auch?«
Sie kamen ins Schwesternzimmer, das mit Ausnahme der Schränke eingerichtet zu sein schien. Marissa nahm die Unterlagen über den ersten Patienten zur Hand. Sie setzte sich an den Schreibtisch und klappte die Lasche des Mäppchens auf, während sie sich den Namen des Patienten einprägte: Zabriski. Dann erkannte sie auf den ersten Blick die Notierung der typischen Symptome: hohes Fieber und niedriger Blutdruck. Das nächste Blatt enthielt die Krankheitsgeschichte, und da stieß Marissa erstmals auf den vollen Namen des Patienten: »Dr. Carl M. Zabriski«. Sie hob die Augen zu Dr. Taboso und fragte ungläubig: »Ist der Patient Arzt?«
»Leider ja«, antwortete Taboso. »Er ist Augenarzt hier am Krankenhaus.«
Sie wandte sich an Dr. Austin und fragte: »Wußten Sie, daß der Ausgangsfall in Los Angeles ebenfalls Arzt war? Und vor allem: auch Augenarzt!«
»Die Übereinstimmung war mir durchaus aufgefallen«, gab Dr. Austin mit sorgenvoll gefurchter Stirn zurück.
»Betreibt Dr. Zabriski irgendwelche Forschungsarbeiten mit Affen?« fragte Marissa.
»Nicht daß ich wüßte«, antwortete Dr. Taboso. »Jedenfalls nicht hier an der Klinik.«
»Aber wenn ich mich recht erinnere, waren keine weiteren Ärzte vom Auftreten der Krankheit in Los Angeles betroffen«, meine Dr. Austin.
»Ja, das stimmt«, bestätigte Marissa. »Nur der Auslösefall. Es waren drei Labortechniker und eine Krankenschwester betroffen, aber keine weiteren Ärzte.«
Marissa wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Krankenblättern zu und ging sie rasch durch. Die Dokumentation war bei weitem nicht so vollständig wie seinerzeit in der Richter-Klinik, vor allem gab es keine Notizen über kürzlich erfolgte Reisen oder Kontakt mit Tieren. Aber der Aufwand an Laboruntersuchungen war eindrucksvoll, und wenngleich noch nicht alle Ergebnisse vorlagen, ließen doch die bisher vorhandenen auf schwerwiegende Schäden an Leber und Nieren schließen. Insoweit deckte sich alles mit den Symptomen des hämorrhagischen Ebola-Fiebers.
Nachdem Marissa die Durchsicht dieser Unterlagen abgeschlossen hatte, beschaffte sie sich rasch das notwendige Material zur Entnahme und Versendung von Virusproben und ging dann in Begleitung einer Schwester hinüber in den Isolationsbereich. Dort legte sie die Schutzkleidung an: Kittel, Häubchen, Mundschutz, Stiefel, Handschuhe und Schutzbrille.
In Zabriskis Krankenzimmer fand sie zwei weitere Frauen in gleicher Ausrüstung vor. Eine war Krankenschwester, die andere Ärztin.
»Wie geht es dem Patienten?« fragte Marissa und trat an sein Bett. Es war eine rein rhetorische Frage – der Zustand des Patienten war offenkundig. Das erste, was Marissa auffiel, war der Ausschlag auf seinem Oberkörper. Das zweite waren die Anzeichen für Blutungen: aus einem Nasenloch des Patienten hing eine Kanüle, die mit hellrotem Blut gefüllt war. Dr. Zabriski war bei Bewußtsein, aber nur noch am Rande. Zu irgendwelchen Antworten war er zweifellos nicht in der Lage.
Ein kurzes Gespräch mit der Assistenzärztin bestätigte Marissas Eindrücke. Der Zustand des Patienten hatte sich während des Tages stetig verschlechtert, besonders während der letzten Stunde, als man einen rasch sinkenden Blutdruck feststellen mußte.
Marissa hatte genug gesehen. In klinischer Sicht zeigte der Patient eine erschreckende Übereinstimmung mit Dr. Richter. Bis zum Beweis des Gegenteils mußte angenommen werden, daß Dr. Zabriski und die beiden anderen Patienten von hämorrhagischem Fieber vom Ebola-Typ befallen waren.
Die Krankenschwester half Marissa bei der Abnahme von Blut- und Urinproben sowie eines Nasenabstrichs. Marissa verfuhr
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