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Visby: Roman (German Edition)

Visby: Roman (German Edition)

Titel: Visby: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Slawig
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Sessel und vier Stühle ins Schlafzimmer, rückte den anderen Sessel an den Kamin, den Tisch und die zwei übrigen Stühle ganz nach rechts, zog die Matratze nach links, so dass ringsum Platz war und sie im Liegen freien Blick auf die Fenster haben würde, und stellte eine Nachttischlampe ans Kopfende.
    Es sah fast aus wie planmäßig eingerichtet.
    Sie schüttelte das Kopfkissen auf und breitete die Bettdecke zum Auslüften über den Sessel. Öffnete zwei Fenster.
    Bad putzen.
    Küche putzen.
    Die drei unangebrochenen Bierdosen ausgießen, alle Dosen in eine Plastiktüte stecken.
    Fenster wieder schließen.
    Wäsche aus der Maschine nehmen und in dem geputzten Duschbecken stapeln.
    Flur saugen.
    Treppe fegen.
    Um halb zwei wurde sie hungrig und wärmte sich die restliche Suppe; aß, wusch ab und räumte auf. Um zwanzig vor vier hatte sie sämtliche beschriebenen Papierbögen in drei Stapel sortiert, die nebeneinander auf dem Küchentisch lagen, und saß davor, den Stift in der Hand. Um halb fünf schob sie alle Blätter zu einem Haufen zusammen, trug sie nach oben und verbrannte sie im Kamin. Um Viertel vor sechs war es hell genug, um draußen Wäsche aufzuhängen und die Bierdosensammlung neben das Fahrrad zu stellen.
    Um zehn nach sechs legte sie sich ins Bett.
    Um fünf nach zwölf schien ihr die Sonne ins Gesicht. Sie setzte sich auf, rieb sich die Stirn, kämmte sich mit den Fingern die Haare. Als sie ans Fenster trat, schloss sich die letzte Lücke in einer schweren Wolkendecke und verschluckte die Sonne. Sie lief in Unterwäsche nach draußen und nahm die Wäsche ab.
    Fünf Minuten später regnete es.
    Er war schon da.
    Einen Moment lang blieb sie an der Tür stehen und genoss einfach die Wärme. Den Duft von Kaffee und frischem Hefegebäck. Die ruhigen Stimmen, die nur kurz verstummten, als sie hereinkam. Es gab vier Tische, alle waren besetzt.
    Er hatte sie sofort bemerkt und sah ihr entgegen. Als sie näher kam, stand er auf.
    Unbeholfen.
    Er war nervös.
    »Hi.« Dann lächelte er. Voller Freude. Echter Freude. Er hatte sie schon oft angelächelt, aber es war immer Vorsicht mit im Spiel gewesen. Natürlich. Schließlich hatte er sich stets fragen müssen, ob er nicht gerade – wie hieß er noch? – blind seer zulächelte. Jetzt lächelte er, wie sie es sich damals von ihm gewünscht hätte.
    Und sie stand hier und wärmte sich daran. Wieso war eigentlich irgendjemand in ihr so verdammt schnell bereit, ihm zu verzeihen?
    »Möchtest du einen Kaffee?«
    »Schwarz. Bitte.«
    Sie setzte sich. Er ging zum Tresen.
    Dann rührten sie in ihren Tassen und schwiegen. Ringsum unterhielten sich Schweden, unaufgeregt. Die Bedienung kam hinter dem Tresen hervor, setzte sich auf einen Hocker und nahm ein aufgeschlagenes Buch von der Anrichte. Draußen bestäubte der Regen die Tische und Stühle auf der Terrasse, die zusammengefalteten Sonnenschirme, den grauen Steinboden.
    Sie hätte ihn gern gefragt, ob sein Chef wusste, dass er hier war. Ob es folglich auch Nandin wusste.
    Sie hätte ihn auch gern gefragt, was er seiner Frau erzählt hatte.
    »Woher wusstest du, dass ich hier bin?«
    »Durch den Text in diesem Serienforum. Da hast du geschrieben, dass du nach Gotland fahren würdest.«
    »Den hast du entdeckt?«
    Er grinste ein wenig; offenbar merkte man ihr die gekränkte Eitelkeit an. »Die Freundin von Adrian Barnes hat ihn mir gezeigt. Sie machte sich Sorgen um ihn, er ist kurz nach dem Treffen mit dir weggefahren und hat sich nicht wieder gemeldet. Sie dachte, er wäre vielleicht bei dir.«
    »Ich habe ihn nicht gesehen. Keine Ahnung, was er treibt.« Sie rührte in ihrem Kaffee. In der Tassenmitte schwamm eine Insel aus Schaumbläschen und drehte, drehte, drehte sich um sich selbst. »Vielleicht hat es ihn schockiert, dass Indrasena tot ist.« Immerhin musste sie ihm nicht erst erklären, wovon sie sprach. Es hatte Vorteile, mit dem Menschen zu reden, der einen ausspioniert hatte. »Er hat sie geliebt. Alle haben sie Indrasena geliebt. Die Drogensüchtige, die anscheinend nie einen Handschlag für andere getan hat. Meine Mutter war ständig für alle da. Sie hat für sie genäht . Sie hat ihnen allen zugehört. Adrian war auch wirklich gern mit ihr zusammen. Aber sein Herz? Das hängt an Indrasena.« Sie leckte den Löffel ab und legte ihn neben die Tasse. Präzise senkrecht zur Tischkante. »Bei Eglund das Gleiche. Alles dreht sich um Indrasena. Dass meine Mutter sich umgebracht hat, kratzt ihn kaum. Aber

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