Vision - das Zeichen der Liebenden
nicht sein.«
Glaukos presste die Lippen aufeinander. Doch in seinen goldenen Augen schimmerte ein solcher Hass, dass Alex seinen Blick schnell von ihm abwandte, zutiefst beunruhigt über die Wendung, die das Gespräch genommen hatte.
»Wir Drakul wollen nicht, dass der Klan der Agmar verschwindet«, fuhr Ober fort. »Wir wollen nur sicher sein, dass auch wirklich der Beste die Führung übernimmt. Pertinax ist ein alter Mann, die Entscheidung fällt also zwischen seinen Töchtern und Almas Tochter. Jana, nimmst du die Herausforderung an?«
Ein spöttisches Lächeln umspielte Janas Lippen, ihre Augen glänzten in der Farbe eines herbstlichen, regennassen Baums. »Muss ich gegen alle drei gleichzeitig antreten? Das fände ich nicht besonders fair.«
Bevor Ober antworten konnte, sprang Alex von seinem Stuhl auf. »Ich möchte meine Bitte zurückziehen«, sagte er hastig. »Ohne es zu wollen, habe ich dieses ganze Chaos verursacht und ich bin bereit, alles zu tun, um den Schaden wiedergutzumachen. Jana kann nichts dafür, dass ihr Bruder sich auf meine Kosten ein bisschen amüsiert hat… Und so wie ich das sehe, ist es von eurem Standpunkt aus nicht das schlimmste Vergehen, wenn ein Medu sich einen Spaß mit einem Menschen erlaubt. Oder?«
Während Ober ihn aufmerksam von Kopf bis Fuß musterte, spürte Alex, dass jemand ihn kräftig am rechten Ärmel zog. Es war Erik. »Setz dich hin«, wisperte er. »Du machst es nur noch schlimmer.«
»Überschätz deine Rolle in dieser Sache nicht, Junge«, erklärte Ober in väterlichem Ton. »Irgendwann hätten wir sowieso von Davids Verstoß erfahren und Jana hätte als Familienoberhaupt vor diesem Tribunal Rede und Antwort stehen müssen. Deshalb möchte ich dir raten, nur zu sprechen, wenn du dazu aufgefordert wirst, andernfalls sehe ich mich gezwungen, dich auf andere Weise zum Schweigen zu bringen.«
Obers Drohung war wie ein Schlag ins Gesicht. Alex fühlte sich zutiefst gedemütigt, doch er zwang sich, ruhig zu bleiben, um das Ganze für Jana nicht noch komplizierter zu machen, als es schon war. Sie hatte nichts davon, wenn er Ober jetzt verärgerte. Und wahrscheinlich hatte er im Grunde sogar recht.
Jana erhob sich würdevoll. Voller Verachtung ließ sie den Blick über die Gesichter der Klanführer schweifen. »Ober hat in eurem Namen reichlich nebulöse Anschuldigungen gegen mich vorgebracht«, sagte sie, wobei sie jedes Wort betonte. »Wenn ihr meine Führungsrolle infrage stellen wollt, verlange ich, dass ihr es zumindest mit konkreten Argumenten tut. Wo habe ich eurer Meinung nach versagt? Was habe ich versäumt? Es stimmt, David hat ohne meine Zustimmung hohe Magie angewandt, aber das ist kein hinreichender Grund, meine Fähigkeiten als Anführerin der Agmar anzuzweifeln. Bestraft mich für diese Nachlässigkeit, wenn ihr wollt. Aber versucht nicht, mir den Titel zu entreißen, den ich von meiner Mutter geerbt habe.«
Die Klanführer tuschelten sichtlich unzufrieden.
»Meine liebe Jana.« Es war Pertinax, der als erster sprach. »Als derzeitiger Anführer der Agmar und ältestes Mitglied des Klans will ich deine Frage beantworten. Um dich zu schonen, habe ich dir jahrelang verheimlicht, welche Zweifel deine Mutter in Bezug auf dich hatte, doch nun ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Es ist wirklich unschön. Aber Alma hat nicht an deine magischen Fähigkeiten geglaubt. Als Kind hast du nie besonderes Talent für Visionen gezeigt, selbst dein kleiner Bruder hat bewiesen, dass seine übersinnlichen Kräfte größer sind als deine. Das ist umso erstaunlicher, als es so etwas bei den Agmar noch nie gegeben hat, bei uns waren die Frauen schon immer mächtiger als die Männer.« Mit großer Geste wandte er sich an die anderen Klanführer. »Aber das ist noch nicht alles: Almas Misstrauen ihrer Tochter gegenüber war so groß, dass sie ihr nicht einmal den blauen Stein vermacht hat, mit dem Agmar unseren Klan gründete, den Sarasvati, der seit Almas Tod auf unerklärliche Weise verschwunden ist.«
Zwischenrufe wurden laut.
»Vielleicht hat ihr Mörder ihn gestohlen.« Eilat sah Jana nachdenklich an.
»Das musst du ihn schon selbst fragen«, gab Jana zurück. Sie warf Ober einen herausfordernden Blick zu.
Dieser erwiderte den Blick, dann schlich sich ganz langsam ein verächtliches Grinsen auf sein Gesicht. »Der Stein wurde nicht gestohlen, das wüssten wir«, erklärte er. »Ich bin ganz sicher, er ist nach wie vor in der Hand der Agmar. Und ich glaube,
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