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Vision - das Zeichen der Liebenden

Vision - das Zeichen der Liebenden

Titel: Vision - das Zeichen der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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nicht dein Leben mit dem ihren verwechseln willst. Und neben ihm sitzt schließlich Kennin, der Herr der Zenkai, die das Schweigen als Waffe einsetzen. Im Wissen um die Magie der Symbole stehen wir gemeinsam an der Spitze der Medu. Unsere Haut ist unser Leben, unsere Schrift eure Grenze. Mögen diese Worte in deine Seele tätowiert sein.«
    Beeindruckt von diesem Willkommensgruß musterte Alex beklommen die Gesichter der fünf Anführer, die Ober ihm gerade vorgestellt hatte. Lenya war eine schöne, strenge Frau mit Haaren, die so schwarz waren, dass sie fast blau wirkten. Sie trug ein graues Kleid mit tiefem Ausschnitt, auf der nackten Haut des Dekolletés schimmerte das Tattoo einer Libelle, allem Anschein nach das Zeichen ihres Klans. Glaukos neben ihr sah aus wie ein junger Mann, kaum älter als zwanzig. Er hatte langes honigblondes Haar und trug ein eng anliegendes T-Shirt, unter dem sich seine muskulösen Arme abzeichneten. Das Auffälligste an seinem Gesicht jedoch waren die grausamen goldenen Augen, die Alex an Garo erinnerten.
    Eilat war ein Mann mittleren Alters mit grauen Schläfen und einem sympathischen Lächeln auf den Lippen. Er trug als Einziger eine Krawatte, was ihm irgendwie das nichtssagende Äußere eines Börsenmaklers verlieh.
    Auf der anderen Seite des Tischs saß Duns, ein alter Mann, dessen grauer zotteliger Bart an einen Hippie erinnerte. Er wirkte gütig, aber zugleich spiegelte sich tiefe Unruhe in seiner Miene. Er war Alex sofort sympathisch, auch wenn er wusste, dass es nicht ratsam war, in diesem Kreis dem äußeren Schein zu trauen.
    Bei Kennin handelte es sich um einen jungen Mann mit orientalischen Zügen, er war in eine orangefarbene Tunika gekleidet. Sein Gesicht war das unauffälligste von allen, doch das intensive Funkeln seiner Augen verriet, wie scharf der Verstand hinter der unscheinbaren Fassade war.
    »Jana, nimm deinen Platz neben Kennin ein«, befahl Ober streng. »Es ist vielleicht das letzte Mal. Und ihr anderen setzt euch hin, wo ihr wollt, aber möglichst nah zu mir. Ich will euch tief in die Augen sehen können.«
    Von einem unwiderstehlichen Impuls getrieben, ging Alex rasch hinter Jana her, um sich neben sie zu setzen, da fiel ihm auf, dass es nur Sitzgelegenheiten für die Anführer der Klane gab.
    »Da steht ein Stuhl, du kannst ihn nur nicht sehen«, erklärte Erik, der ihm gefolgt war, leise. »Er taucht erst auf, wenn du dich hinsetzt.«
    Alex hatte den unangenehmen Verdacht, dass Erik ihn gerade auf den Arm nahm. Doch es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als Eriks Rat zu befolgen. Also ging er vorsichtig in die Knie. Zu seiner Überraschung spürte er im nächsten Moment tatsächlich einen soliden Sitz unter sich. Erik nahm auf einem unsichtbaren Stuhl rechts von ihm Platz, ihm gegenüber, auf der anderen Seite des Tischs, setzte sich Pertinax, nachdem er in alle Richtungen Begrüßungen gemurmelt und sich vor allen Anführern höflich verneigt hatte.
    Pertinax’ Töchter zauberten ein winziges Lächeln auf ihre Puppengesichter, strichen sorgfältig die Spitzen ihrer Röckchen glatt und setzten sich artig neben ihren Vater.
    Minutenlang herrschte Schweigen. Ober hatte die Augen geschlossen, er schien tief in sich hineinzuhorchen. Auf einmal zerschnitt ein Chor aus eisigen, kristallklaren Stimmen die Stille. Der träge Gesang schien keiner festen Melodie zu folgen, er kippte wahllos von einer Tonart in die andere und verwirrte den Zuhörer, je länger er andauerte.
    Instinktiv drehte Alex den Kopf in die Richtung, aus der die gespenstischen Stimmen kamen. Was er sah, verschlug ihm den Atem: Statt einer Wand tat sich an einem Ende des Raums ein pechschwarzes Loch auf, eine kosmische Leere, in der nicht einmal Sterne funkelten, als würde der Saal an dieser Stelle direkt ins Nichts münden. Erst nach einer ganzen Weile erkannte Alex Stufen in der Dunkelheit, auf denen Gestalten in schwarzen Tuniken standen.
    »Die Drakul-Zauberer halten mit ihrem Gesang den magischen Schutzschirm über der Festung aufrecht«, deklamierte Ober, noch immer mit geschlossenen Augen. »Die Wächter können uns nichts anhaben. Aranox, erscheine! Möge die Zeremonie beginnen.«
    Noch während er die letzten Worte sprach, erschien genau über der Mitte des Tischs ein prachtvolles Schwert. Es schwebte völlig reglos in der Luft, den Griff nach oben und die Spitze nach unten gerichtet. Trotz der Entfernung stachen Alex die unzähligen filigranen Verzierungen auf der Klinge ins Auge.

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