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Vision - das Zeichen der Liebenden

Vision - das Zeichen der Liebenden

Titel: Vision - das Zeichen der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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dieses blaue Licht sich endlich von ihr löste und nach oben in den Raum stieg. Urd krümmte sich vor Anstrengung.
    Bald war in der blauen Lichtwolke das dreidimensionale Bild einer Frau mit einer weißen Tunika zu erkennen. Die langen Haare fielen ihr offen auf die Schultern, sie sah Jana zum Verwechseln ähnlich.
    In seinem Rücken hörte Alex ersticktes Gemurmel.
    »Alma.« Das war Erik. »Ein schwerer Schlag für Jana, das kann sie nicht nachmachen.«
    Alex erinnerte sich, wie Jana ihm von ihren vielen vergeblichen Versuchen erzählt hatte, ihre Mutter in einer Vision herbeizurufen. Wahrscheinlich war diese Schwäche bei den Mächtigen der Klane bekannt. Wie geschickt Urd ihre Trümpfe ausspielte: Im Gegensatz zu Jana war sie sehr wohl in der Lage, Almas Bild heraufzubeschwören. Würden die Anwesenden das als Zeichen sehen, dass in Wirklichkeit Urd die spirituelle Erbin der letzten Agmar-Zauberin war?
    Dazu kam, dass die Vision ihrer Mutter eine verheerende Wirkung auf Jana auszuüben schien. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie die Gestalt an, bis diese sich wieder verflüchtigte.
    »Jetzt bist du an der Reihe, Jana«, rief Ober, sobald Urds Vision sich ganz aufgelöst hatte.
    Jana faltete die Hände auf Brusthöhe, schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Ein trauriger, seltsam unharmonischer Gesang breitete sich in Alex’ Kopf aus und es dauerte einen Moment, bis er erkannte, dass Jana auf diese Weise ihre Vision herbeirief. Langsam, Bild für Bild baute sie sich auf.
    Als Erstes erhob sich ein heißer, trockener Sandsturm, der die Anwesenden zwang, die Augen zu schließen. Nach einer Weile blinzelte Alex vorsichtig und versuchte, zwischen den zusammengekniffenen Lidern hindurchzuspähen. Was er sah, verschlug ihm die Sprache. Der Sand bedeckte einen guten Teil des Sitzungssaals, stellenweise reichte er sogar bis zur Höhe des Tischs, die Stühle versanken halb in den Dünen.
    Aber das war noch nicht alles. Während der Sand sich in allen Ecken des Raums türmte, war es immer heller geworden. In dem gleißenden Licht lösten sich die Gegenstände und die Personen im Saal auf wie Salz im Wasser. An ihrer Stelle wuchs plötzlich der imposante Umriss eines steinernen Tempels in die Höhe, der an die alten Grabmale der Ägypter erinnerte. Der Eingang zum Tempel klaffte wie ein großer dunkler Schlund mitten in der blendenden Helligkeit, gesäumt von langen Friesen mit Hieroglyphen. Davor standen eine Frau und zwei Männer, die den Anwesenden mit starrer Miene entgegenblickten. Alle drei waren in prächtige Gewänder gehüllt, wie schon bei Janas allererster Vision musste Alex unwillkürlich an Renaissancegemälde denken. Der Mann in der Mitte war größer als seine zwei Begleiter, in seinen Händen hielt er ein Schwert, das Aranox glich.
    Ein Raunen ging durch den Raum. »Drakul«, flüsterten mehrere Stimmen wie aus einem Mund. »Das ist Drakul, der Begründer unseres Klans.«
    »Du siehst ihm wirklich ähnlich«, wisperte Alex Erik zu. »Ihr könntet Brüder sein.«
    »Wir Medu sehen uns innerhalb der Klane immer sehr ähnlich«, flüsterte Erik zurück. »Sieh dir doch mal die Frau an. Findest du nicht, dass sie aussieht wie Jana?«
    »Stimmt, wenn sie nicht blond wäre, könnte es Jana sein.«
    »Das ist Agmar, die Erste ihres Klans. Achte auf den Gegenstand, der über ihrer flachen Hand schwebt. Es ist der verflixte Stein.«
    Fasziniert beobachtete Alex Agmar, die so sehr auf den Stein konzentriert war, dass es wirkte, als würde sie gleich in Trance fallen. Sie trug ein langes Kleid aus karminrotem Brokat mit Silberstickerei, ihre goldenen Haare wurden von einem Perlennetz gehalten. Trotz dieser altertümlichen Aufmachung hatte Erik recht: Die Ähnlichkeit mit Jana war verblüffend. Dieselben samtweichen Augen, dieselben heiteren, verführerischen Lippen, dieselbe unnahbare Schönheit, die eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihre Umgebung ausübte.
    »Wer der andere Mann ist, weiß ich nicht«, sagte Erik. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«
    Beklommen musterte Alex die dritte Person der Vision. Es war ein gut aussehender junger Mann. Er wirkte düster, war ganz in Schwarz gekleidet und im Gegensatz zu den anderen beiden ähnelte er niemandem, den Alex kannte. Dennoch wusste er sofort, um wen es sich handelte, denn er hielt ein Buch unter den Arm geklemmt – ein altes, in Leder gebundenes Buch, das sich auf den ersten Blick nicht groß von anderen alten Büchern unterschied. Und doch

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