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Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund

Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund

Titel: Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Kaitlyn es erwartet hatte.
    »Wir haben es geschafft«, flüsterte Rob hinter ihr. Kaitlyn lehnte sich gegen ihn, zu bewegt, als dass sie etwas hätte sagen können.
    Als sie Whiffen Spit gefunden hatten, hatten sie ihren Erfolg singend und jubelnd gefeiert. Doch hier war es etwas völlig anderes. Ein tiefes Glücksgefühl erfüllte sie, in das sich so etwas wie Ehrfurcht mischte. Eine ganze Weile standen sie alle nur da und betrachteten das Haus aus ihren Träumen.
    Dann durchbrach ein Krächzen ihre Andacht. Der Häher flatterte auf einen Ast und schimpfte.
    Anna lachte und warf ihm einen langen Blick zu. Dann flog er weg. »Ich habe mich bei ihm bedankt«,
sagte sie. »Jetzt gehen wir besser. Zurück finden wir nie.«
    Kaitlyn war merkwürdig gehemmt, als sie aus dem Schutz der Bäume traten und auf das Haus zugingen. Was war, wenn man sie dort nicht wollte?, dachte sie hilflos. Vielleicht war ja alles nur ein Missverständnis?
    »Seht ihr jemanden?«, flüsterte Lewis, als sie das erste Nebengebäude erreichten.
    »Nein«, begann Kaitlyn, doch dann sah sie tatsächlich jemanden.
    Bei dem Gebäude handelte es sich um eine Scheune, und in der Scheune arbeitete eine Frau. Sie wuchtete eine große Mistgabel durch die Gegend. Für jemanden, der so klein und zierlich war wie sie, sah das sehr geübt aus. Als sie die Gruppe sah, hielt die Frau inne und beobachtete sie wortlos.
    Kaitlyn starrte sie mit trockenem Mund an.
    »Wir sind da«, sagte Rob schlicht.
    Die Frau musterte sie noch immer. Sie war anmutig und hübsch. Kait konnte nicht entscheiden, ob sie wohl eher aus Ägypten oder aus Asien stammte. Die blauen Augen fielen nach außen ab, ihre Haut hatte die Farbe von Milchkaffee. Das schwarze Haar war kompliziert mit silbernen Klämmerchen aufgesteckt.
    Plötzlich lächelte sie.
    »Natürlich!«, sagte sie. »Wir haben euch erwartet. Aber ich dachte, ihr wärt nur zu fünft.«

    »Wir, äh, haben Lydia unterwegs getroffen«, sagte Rob. »Sie ist unsere Freundin, und wir können uns für sie verbürgen. Aber kennen Sie uns, Madam?«
    »Natürlich, natürlich!« Sie hatte einen undefinierbaren Akzent, anders als das Kanadisch, das Kaitlyn bisher gehört hatte. »Ihr seid die Kinder, die wir gerufen haben. Ich bin Mereniang. Meren, falls euch das zu lang ist. Kommt mit rein, dann stelle ich euch die anderen vor.«
    Erleichterung überkam Kaitlyn. Alles wird gut werden, dachte sie. Ihre Suche war vorüber.
    »Kommt nur alle mit«, sagte Mereniang und klopfte sich den Staub von den Händen. Dann sah sie Gabriel an. »Alle – außer ihm.«

KAPITEL VIERZEHN
    »Was?«, fragte Kaitlyn, und Rob fügte hinzu: »Wie meinen Sie das, außer ihm?«
    Mereniang drehte sich zu ihnen um. Ihr Gesicht war unverändert freundlich, doch es wirkte merkwürdig entrückt. Und ihre Augen …
    Kaitlyn hatte erst ein Mal solche Augen gesehen, nämlich bei dem Mann mit der karamellfarbenen Haut, der sie damals am Flughafen abgefangen hatte. Als sie ihm in die Augen geblickt hatte, war es ihr vorgekommen, als zögen Jahrhunderte an ihr vorüber, Jahrtausende.
    Eine so unermesslich große Zeitspanne, dass ihr schon bei dem Versuch, sie zu begreifen, schwindlig wurde.
    Auch durch die Augen dieser Frau blickte man bis in frühere Eiszeiten zurück.
    »Wer sind Sie?«, platzte es unvermittelt aus Kaitlyn heraus.
    Schwere Lider senkten sich über die rätselhaften blauen Augen. »Ich habe es euch gesagt. Mereniang.« Dann blickte sie wieder auf und sah Kaitlyn direkt
an. »Ein Mitglied der Gemeinschaft. Wir haben hier nicht viele Regeln, doch diese eine darf nicht gebrochen werden. Niemand, der ein Menschenleben genommen hat, darf das Haus betreten.«
    Sie blickte Gabriel an und fügte hinzu: »Es tut mir leid.«
    Eine Welle des Zorns erfasste Kait. Sie konnte nicht verhindern, dass sie rot anlief. Doch ehe sie etwas sagen konnte, ergriff Rob das Wort, und zwar so wütend, wie sie es noch nie erlebt hatte.
    »Das können Sie nicht tun!«, sagte er. »Gabriel hat ja gar nicht – was, wenn es Notwehr war?«, fragte er etwas wirr.
    »Es tut mir leid«, wiederholte Mereniang. »Ich kann die Regeln nicht ändern. Aspekt verbietet es.« Sie sagte es bedauernd und doch entschlossen, und sie schien bereit zu sein, wenn nötig, den ganzen Abend dort stehen zu bleiben und mit ihnen darüber zu diskutieren. Gelassen, aber unnachgiebig, dachte Kait. Absolut unnachgiebig.
    »Wer ist Aspekt?«, wollte Lewis wissen.
    »Nicht wer, sondern was. Aspekt ist unsere

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