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Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann

Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann

Titel: Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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packte Kaitlyn am Oberarm und zog sie vom Tisch weg, gerade rechtzeitig, dass die Flasche nicht sie traf. Lydia trippelte bereits aus dem Esszimmer.

    »Aber er wird sie umbringen!«, keuchte Kaitlyn. Mac drückte noch immer Bris Gesicht in den Teller.
    »Na und?« Gabriel schleuste sie in die Küche.
    »Nein, ich meine, wirklich. Ich glaube, der Teller ist zerbrochen. Er wird sie umbringen.«
    »Na und?«
    Sie hörten das klirrende Geräusch zerbrechenden Glases, und Kaitlyn sah sich über die Schulter um. Schakal Mac hatte Bris Hinterkopf losgelassen, und Renny schlug mit der kaputten Mineralwasserflasche nach ihm.
    »Oh mein Gott …«
    »Komm schon.«
    In der Küche wusch Joyce gerade Geschirr ab.
    »Joyce, die …«
    »Das machen die jeden Abend«, erwiderte Joyce kurz angebunden. »Lass sie in Ruhe.«
    »Jeden Abend?«
    Gabriel streckte sich gelangweilt. Dann lächelte er. »Komm, wir gehen auf den Balkon«, sagte er zu Kaitlyn. »Ich brauche etwas frische Luft.«
    »Nein, ich … ich will Joyce noch beim Abwasch helfen. « Sie wollte ihn wegen solcher Nebensächlichkeiten nicht anlügen, deshalb fügte sie im Stillen hinzu: Ich will kurz mit ihr reden. Ich hatte noch keine Gelegenheit.
    »Wie du willst.« Gabriels Stimme klang unerwartet kalt, sein Gesicht war wie versteinert. »Später habe ich zu tun.« Er ging.

    Kaitlyn wusste nicht, warum er so sauer war, konnte aber auch nichts daran ändern. Als Spionin musste sie nun einmal Informationen sammeln. Sie nahm einen Teller in die Hand und sagte: »Joyce, warum lassen Sie sich das gefallen?«
    »Von Gabriel? Ich weiß nicht, wie ist es denn bei dir?«
    »Ich meine die da.« Kaitlyn deutete mit dem Kinn in Richtung Esszimmer, aus dem Schreie und Kampfgeräusche zu hören waren.
    Joyce biss die Zähne zusammen und schrubbte mit dem Schwamm heftig eine fettige Bratpfanne. »Weil ich muss.«
    »Nein, ehrlich. Die sind alle so was von verrückt. Das ist doch gegen alles, woran Sie glauben.« Kaitlyn verließ die Logik. Vielleicht saß ihr noch der Schrecken darüber, was sie vor dem Abendessen erlebt hatte, in den Gliedern. Sie hatte das Gefühl, dass sie wohl besser den Mund hielt, doch stattdessen plapperte sie munter weiter. »Ich meine, ich hatte den Eindruck, dass Sie wirklich an etwas glauben, und ich verstehe einfach nicht …«
    »Du willst wissen, warum? Dann zeige ich es dir!«
    Mit seifennasser Hand zog Joyce etwas hinter den Schachteln mit dem chinesischen Essen hervor.
    Es war eine Ausgabe der Zeitschrift für Parapsychologie.
    »Da drin wird mein Name erscheinen! Über dem Leitartikel. Und nicht nur da.« Joyce’ Gesicht war verzerrt. Es erinnerte Kaitlyn an den Abend, an dem Joyce versucht
hatte, Gabriel umzubringen, indem sie seinen blutenden Kopf gegen den Kristall gepresst hatte. Ein Ausdruck fanatischer Besessenheit stand ihr im Gesicht.
    »Und nicht nur da, sondern auch in Natur, in Naturwissenschaften, im American Journal of Psychology und im New England Journal of Medicine«, schwärmte Joyce. »In interdisziplinären Zeitschriften, den angesehensten der Welt. Mein Name und meine Arbeit.«
    Mein Gott, sie ist verrückt geworden, dachte Kaitlyn. Joyce hielt sie mit ihrem Übereifer völlig in ihrem Bann.
    »Und das ist erst der Anfang. Preise. Stipendien. Eine Professur an einer Universität meiner Wahl. Und schließlich noch eine Kleinigkeit – der Nobelpreis.«
    Erst dachte Kait, sie machte Spaß. Aber Joyce’ Miene war völlig ernst. Sie wirkte so wahnsinnig wie jeder der vier paranormalen Psychopathen draußen im Esszimmer.
    Ob er sie wohl auch mit dem Kristall in Kontakt gebracht hatte?, fragte sich Kaitlyn. Oder wirkte es sich mit der Zeit negativ aus, dass Joyce so viel mit dem Kristall zu tun hatte – ähnlich wie beim Passivrauchen?
    Doch egal, wie sehr der Kristall Joyce’ Sehnsüchte verstärkt hatte: Es blieben ihre Sehnsüchte. Kaitlyn hatte endlich entdeckt, was Joyce bei der Stange hielt. Sie hatte der Frau in die Seele geblickt.
    »Deshalb halte ich das aus, und deshalb werde ich auch künftig alles aushalten. Damit die Wissenschaft vorankommt. Und damit ich bekomme, was mir zusteht.«

    Joyce, die mit der Zeitschrift vor Kaitlyns Augen herum gewedelt hatte, ließ sie plötzlich sinken und widmete sich wieder dem Abwasch.
    »Mach doch einen Spaziergang«, sagte sie mit nunmehr ausdrucksloser Stimme. »Ich komme hier schon allein zurecht.«
    Wie betäubt verließ Kaitlyn die Küche. Sie kehrte nicht ins Esszimmer zurück,

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