Visionen (Kobaltblaue Träume) (German Edition)
nicht der Traum, den ich vor Monaten immer und immer wieder geträumt habe.
Der hin und her flatternde Kalender scheint mir bestätigend zuzunicken.
Ja ja, ich hab's kapiert!
Auch wenn beinahe alles so ist wie damals.
Aber eben nur beinahe!
Fliesen anstelle von Holzdielen müssen nichts zu sagen haben.
Ganz im Gegensatz zu jenem unübersehbarem Detail, dass dieses Mal ich diejenige mit der panisch gefärbten Stimme und dem schmerzlich zerquetschten Herz bin.
Und die Person, die reglos vor mir auf dem Boden liegt, ist …
1)
„ A ufgeregt , Baby?“
Ich kneife ein Auge zu und bedenke Kay lieber mit einem schiefen Blick, bevor ich mich dazu hinreißen lasse, ihm etwas wenig Schmeichelhaftes an den Kopf zu werfen.
Im Zweifelsfall einen meiner Schuhe.
Schließlich lasse ich mich doch zu einer Antwort herab.
„ Als ob du das fragen müsstest. Du weißt ganz genau, wie ich mich fühle.“
Natürlich tut er das. Schließlich ist Kay Empath und als solcher in der Lage, die Gefühle anderer mit zu empfinden.
Bei meinem Gefühlsleben ist seine Fähigkeit ganz besonders ausgeprägt, da wir uns so nah stehen, wie zwei Menschen es überhaupt nur können.
Ich liebe ihn mehr, als ich in Worte fassen kann.
Und wenn das noch nicht ausreichen würde, so wären es letztendlich meine Gedanken, die in einem chaotischen Durcheinander durch meinen Kopf wirbeln. Und die Kay, ganz nebenbei bemerkt, in letzter Zeit mit Leichtigkeit lesen kann.
Obwohl ich gelernt habe, wie man sein Gehirn vor unerwünschten Zugriffen abblockt.
Aber seit Phil uns vor einer Woche eröffnet hat, dass Kay und ich gemeinsam auf eine Art Mission gehen würden, bevor wir nach Castillian zurückkehren, bin ich so hibbelig, dass es mir nicht gelingt, meine Gedanken ausreichend abzuschirmen.
Nicht, dass das besonders schlimm wäre.
Kay und ich haben sowieso keine Geheimnisse voreinander.
„Komm her!“
Der sanfte Tonfall in Kays Stimme zeigt wie immer Wirkung. Auch jetzt weiß er ganz genau, wie mir zumute ist.
Nur allzu bereitwillig leiste ich seiner Aufforderung Folge und kuschele mich in seine ausgebreiteten Arme.
Mit geschlossenen Augen inhaliere ich seinen berauschenden Duft, der mich bereits mehr als einmal ohnmächtig zu Boden sinken ließ.
Das Atmen nicht vergessen, Kim!
Zwei Finger heben mein Kinn an und schon spüre ich Kays Lippen auf meinen.
Behutsam bittet seine Zunge um Einlass und wer wäre ich, ihr diesen zu verweigern?!
Eine Idiotin, Kim.
Mühsam und völlig atemlos schaffe ich es irgendwann, mich von Kay zu lösen.
„ Besser?“
Nicht wirklich!
„ Klaro!“
Nur bin ich jetzt aus einem anderen Grund durcheinander.
Oder besser ausgedrückt: meine Hormone toben wie bekloppt in meinem Körper umher.
Diese Wirkung haben Kays Küsse immer auf mich, also sollte ich mich doch inzwischen daran gewöhnt haben, oder nicht?
Nope!
Daran werde ich mich niemals gewöhnen … und das ist auch gut so.
„ Baby?“
„ Häh?“
Noch immer nach Luft japsend und komplett von der Rolle, lege ich meinen Kopf in den Nacken und versinke augenblicklich in kobaltblauen Seen.
Als Kays Mundwinkel sich zu einem selbstgefälligen Grinsen verziehen, komme ich wieder zu mir.
Um einen halbwegs giftigen Blick bemüht, hebe ich eine meiner sorgfältig gezupften Augenbrauen.
Als ob das etwas nützen würde.
„Du Schuft!“, kichere ich schließlich. Immerhin hat Kay es geschafft, dass ich tatsächlich für einige Minuten abgelenkt war.
Sehr angenehm abgelenkt war.
„Kim“, sagt er leise und fährt mit seinen feingliedrigen Fingern die Konturen meiner Oberlippe nach.
„ Ähm … häh?“
Kays schallendes Lachen verschafft mir endgültig einen klaren Kopf.
Du liebe Güte! Muss ich mich in seiner Nähe denn jedes mal in ein sabberndes Etwas verwandeln? Wie peinlich ist das denn?
Ich verpasse ihm einen Knuff mit meinen Ellbogen.
„Uff!“ Kay krümmt sich ein wenig. „Baby, du musst deine Kräfte etwas mehr kontrollieren!“
Upps!
Er hat Recht. Das gnadenlose Trainingsprogramm der letzten Wochen, das meine Zwillingsbrüder Vic und Renee mit mir durchgezogen haben, hat mich stärker gemacht.
„Tut mir leid“, murmele ich und streichele sanft über Kays Rippen.
„Schon gut“, lacht er. Dann wird er ernst. „Du weißt, dass dies kein richtiger Auftrag ist, Kim.“
Ja, das weiß ich schon, aber solche Wortklaubereien lasse ich nicht gelten.
Eigentlich ist es eher so eine Art Überprüfung, auf welchem Stand unsere
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