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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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vor Kurzem noch hier
gewesen war.
    Ich kaute schon an meinem
zweiten Bagel, als Gina die Treppe herunterkam. »O Gott, das ist mir so
peinlich.« Ashers Hemd reichte ihr fast bis zu den Knien.
    Â»Muss es nicht. Das hat doch
jeder schon mal mitgemacht.«
    Â»Ich weiß. Aber mir sollte so
etwas nicht passieren. Dafür habe ich nun wirklich nicht Tiermedizin studiert.«
    Ich schob ihr die Bagels hin,
aber sie wurde nur grün um die Nase und schüttelte den Kopf. »Ich bin
jedenfalls froh, dass du mich angerufen hast«, sagte ich.
    Â»Tut mir leid, dass ich dein
Date ruiniert habe.« Verständnislos starrte ich sie an. »Na, dieser Typ von
letzter Nacht. Das hier ist doch sein Haus, oder?«
    Ich lachte. »Ich hatte letzte
Nacht nur eine einzige Bettgefährtin, und das warst du. Die Fliesenabdrücke auf
meinem Hintern beweisen das.«
    Sie wanderte durch die Küche
und schenkte sich ein Glas Wasser ein. »Wenn da nichts läuft, kann ich dann
seine Nummer kriegen?«
    Â»Er ist nicht der Richtige, um
wieder auf die Füße zu kommen.« Obwohl ich hätte wetten können, dass Asher sich
nicht zu fein dafür war, jemandem mit Rachesex auszuhelfen. »Er ist ein
Gestaltwandler.«
    Gina zog eine Grimasse. »Oh.«
    Â»Genau.« Laut Mikrowelle war es
mittlerweile zehn Uhr. Ich musste nach Hause. Gideon war noch unselbstständiger
als eine Zimmerpflanze, und selbst Minnie musste mich jedes Mal selbst an ihr
Futter erinnern, weil ich es sonst vergaß. »Gina …«
    Â»Sie werden mich
hundertprozentig ausfragen. Das wird schrecklich.« Sie stellte ihr Glas in die
Spüle. »Ich habe ihn meinen Eltern vorgestellt, Edie. Ich dachte, er wäre der
Richtige.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen
sollte. So hatte ich noch nie für jemanden empfunden. Das mythische Tal des Einen hatte ich zwar schon
von Weitem gesehen und vielleicht auch einmal kurz hineingespäht, aber den
letzten Schritt nie gemacht. Ich hatte gelernt, dass weggeworfen zu werden
weniger wehtat, wenn man andere grundsätzlich als Wegwerfware ansah.
    Doch das hielt mich nicht davon
ab, Gina unbeholfen in den Arm zu nehmen, als sie weinend über Ashers
Spülbecken zusammenbrach.
    Kurz nachdem ihr
Heulkrampf vorbei war, stiegen wir in mein Auto. Ich fuhr, und Gina spann eine
halbwegs glaubhafte Geschichte zusammen. Gestern hatte sie ihren Eltern gesagt,
sie müsse die Nacht durcharbeiten, und nun würde sie so tun, als wäre ihr Auto
nicht angesprungen und sie hätte auf die Pannenhilfe und den Abschleppwagen
warten müssen.
    Â»Warum ist das mit deinen
Eltern so ein Problem?«
    Â»Ich bin das Nesthäkchen der
Familie und wohne noch zu Hause. Wenn ich über Nacht wegbleibe, sage ich immer,
ich müsse arbeiten.«
    Â»Ich bin bei uns auch die
Jüngste. Aber als ich achtzehn wurde, hat meine Mutter die Tür aufgerissen und
mich mit Schwung aus dem Nest geworfen.«
    Gina seufzte schwer. »Bei mir
ist das etwas anderes. Als ich zu arbeiten angefangen und nebenbei studiert
habe, ist meine Mutter an Alzheimer erkrankt. Einer meiner Brüder ist im Krieg
gefallen, der andere weggezogen. Und weil meine Schwester vier Kinder hat, ist
die Pflege von Mom und Dad an mir hängen geblieben. Erst lebte ich nur zu
Hause, um Geld zu sparen, und plötzlich saß ich dort fest, weil mein Vater
meine Mutter allein nicht dazu bringen konnte, unter die Dusche zu gehen.«
    Â»O Mann, Gina, das ist hart.«
    Â»Wem sagst du das.« Sie
schüttelte den Kopf. »Deshalb habe ich mich auf den Handel eingelassen. Die
Schatten sorgen dafür, dass ihr Zustand sich nicht verschlimmert, und im
Gegenzug kriegen sie mich für Y4 .« Ich zuckte zusammen, aber sie schaute aus dem
Fenster, während sie fortfuhr: »Und darum bin ich nie eine richtige Tierärztin
geworden. Was würde ich darum geben, eines Tages einen jaulenden Hund zu
versorgen. Oder meinetwegen auch nur einen Hamster. Hier musst du abbiegen.«
Sie zeigte nach vorne. »Hätte ich mich wirklich infiziert, hätte ich den Job
nicht behalten können. Auf Y4 wird jeder gefeuert, der sich zu sehr mit ihnen
einlässt – das Konsortium verbietet es. Wahrscheinlich, weil man dann nicht
mehr neutral ist oder so.«
    Â»Ach was, wohl eher, weil es
sonst alle machen würden und niemand mehr bei Vollmond arbeiten könnte«,
spottete ich.
    Sie grinste halbherzig. »Aber
im

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