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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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bestimmt vor dem zweiten Stock des Hotels bewahrt hatte. Von da an beobachtete er Frida genauer. Auch sie musste irgendeinen Schönheitsfehler haben. Es dauerte nicht lange, bis er herausfand, was es war: Unter dem dünnen, billigen T-Shirt zeichneten sich nur winzige Brüste ab. Das stellte er am Abend des Tages fest, an dem sie Daniela zu Grabe getragen hatten. Er war den ganzen Nachmittag dort gewesen, war über das Anwesen spaziert, hatte aus der Entfernung beobachtet, wie Silvana und Frida mit dem kleinen Jungen im Swimmingpool tobten, hatte sich ein wenig ins Auto gesetzt und ein paar Worte mit seinem Fahrer gewechselt, war an den Tatort im Turm zurückgekehrt, war wieder ein wenig über das Anwesen spaziert, hatte seine Kreise immer enger gezogen, und als es dunkel wurde, war er ihnen ins Haus gefolgt. Er stellte keine Fragen, niemandem, gab sich damit zufrieden, einfach nur dort zu sein. Signora Paoletti ließ sich nicht blicken. Wahrscheinlich wusste sie, dass er da war, und hatte sich in ihr Schlafzimmer im ersten Stock zurückgezogen. Silvana befand sich ebenfalls irgendwo dort oben. Er hatte gehört, wie sie früher am Abend ein wenig Klavier gespielt hatte. Hin und wieder sang sie ein paar Takte, leise, zögernd, brach immer wieder ab. Welch ein Kontrast zu der Trauermusik, die sie am Nachmittag bei der Beerdigung gespielt hatten! Er hatte ihr vorgeschlagen, sich ein wenig ans Klavier zu setzen, um sich abzulenken. Jedes Mittel war ihm recht, damit sie nicht zu weinen begann. Nach dem Geschirr auf dem Tisch zu urteilen, hatten sie zu Abend gegessen. Frida brachte wohl schon den kleinen Jungen zu Bett. Die beiden bewohnten im Erdgeschoss der Villa ein eilig hergerichtetes Zimmer, und der Maresciallo hatte dem kleinen Jungen höchstpersönlich das langnasige Kuscheltier aus dem Turm herübergebracht.
    Es war fast neun. Die beiden Mädchen in der Küche räumten auf. »Normalerweise essen wir um diese Zeit. Ich muss noch weg …«, wagte sich Danuta vor, als sie mit der Arbeit fertig waren, wahrscheinlich weil ihr Italienisch besser war als das von Frida.
    »Das ist schon in Ordnung, lassen Sie sich nicht stören, essen Sie ruhig.«
    Die beiden Mädchen aßen an der Marmorplatte am Kühlschrank, saßen schweigend auf hohen Hockern. Offensichtlich empfanden sie seine Anwesenheit als störend, also stand Guarnaccia auf und ging die Treppe hoch, hinaus zu seinen Männern, die draußen Wache hielten.
    Es war dunkel.
    Guarnaccia setzte sich in seinen Wagen, den sein Fahrer einige Stunden zuvor im Schatten geparkt hatte. Der Beifahrersitz war angenehm kühl, doch der junge Carabinieri nebendran brannte vor Tatendrang. Der Maresciallo freute sich über dessen Begeisterung und Engagement und hätte nur zu gerne die Neugier des jungen Mannes befriedigt. Aber was sollte er ihm schon groß erzählen? Dass ihn sein Erinnerungsvermögen im Stich ließ? Dass er sich auf Teufel komm raus nicht daran zu erinnern vermochte, was mit der Geschichte der beiden Mädchen nicht stimmte, außer dass es irgendwie mit dieser Uhrzeit zusammenhing? Das Kind lag im Bett. Frida musste dort bleiben, weil sie die ganze Arbeit mit dem Kind nicht Silvana allein aufbürden wollten – nicht ganz unverständlich, schließlich war es nicht ihr eigenes, und dann gab es da ja auch noch eine trinkende Mutter in der Familie, so dass …
    Mauro, der als Fahrer, Nachrichtenbote und Regisseur für kompromittierende Fotos fungierte … hatte es etwas mit ihm zu tun?
    »Maresciallo …?«
    »Dauert nur eine Minute.« Er stieg aus und ging hinüber zu dem anderen Wagen. Die beiden Carabinieri sprachen leise ins Funkgerät. Das Fenster war herunterkurbelt, und als der Fahrer ihn kommen sah, ließ er sogleich den Wagen an.
    »Nein, nein, noch nicht. Ich wollte Sie nur etwas fragen. Hat einer von Ihnen beiden auch am Samstagabend hier Wache geschoben?«
    »Ich nicht«, sagte der Fahrer. »Ich bin erst am Sonntag aus dem Urlaub zurückgekommen … aber du warst hier, oder?«
    »Der Abend, an dem Sie nachts noch vorbeigekommen sind und gefragt haben, wie’s so läuft? Da haben Sie mit meinem Partner gesprochen.«
    »Der gesagt hat, dass die beiden jungen Frauen in dem schwarzen Mini fortgefahren sind.«
    »Ja. War’s das, was Sie –«
    »Und er hat gesagt, dass die beiden Frauen sich richtig herausgeputzt hatten, mit Titten wie … keine Ahnung. Ist das richtig?«
    »Ach, Sie wissen doch, wie das ist, wenn man hier stundenlang rumsitzt. Er hat’s nicht

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