Vita Nuova
rochen nach … Haar. Der Maresciallo änderte seine Frage. »Und haben Sie eine andere Arbeit gefunden?«
»Es hat lange gedauert. Bei einer Sicherheitsfirma. Langweiliger Job. – Bin mit meiner Schwiegermutter nicht sonderlich gut klargekommen, Sie können sich vorstellen, wie das läuft.«
»Sie haben gesagt, dass Sie Informationen für mich haben.«
»Jede Menge, aber sind Sie sicher, dass Sie an Paoletti dranbleiben wollen?«
»Ich bin sicher.«
»Gut, aber warten Sie, da sind sie schon.«
Nesti winkte zu ihnen rüber, signalisierte ihnen die Ankunft der Trauerprozession. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Unterhaltung auf einen späteren Zeitpunkt zu vertagen. Für die Anwesenheit des Maresciallo gab es einen offiziellen Grund, er sollte Ausschau nach dem unbekannten Vater des kleinen Piero halten. Die beiden anderen Männer aber durften sich hier nicht blicken lassen, und so vereinbarten sie, sich nach der Beerdigung an derselben Stelle wiederzutreffen.
Der Maresciallo stieg in den Wagen. Außer seinem eigenen folgten nur drei weitere Autos dem Leichenwagen, in dem einen saß die Familie, in den anderen beiden die Angestellten. Am Grab erkannte der Maresciallo nur Frida und Danuta. Bei den anderen war er sich nicht sicher, aber nach Größe und Figur zu urteilen, waren zwei der Männer Rausschmeißer. Dann war da noch ein schmaler, junger Mann, wahrscheinlich der Typ mit der orangefarbenen Baseballkappe. War das vielleicht Mauro, der die beiden Haushaltshilfen zwischen Club und Villa und Cristina und die übrigen Mädchen zwischen Club und Hotel hin- und herkutschierte? Das war reine Spekulation, aber der Maresciallo, der auf seinen Hinterkopf starrte, heute ganz ohne Kappe, war sich ziemlich sicher, dass er auch als eine Art Nachrichtenübermittler fungierte. Irgendetwas war ihm aufgestoßen, passte nicht zusammen … hatte was damit zu tun, dass er die Mädchen fuhr …
Er konnte den kleinen Priester nicht sehen, die breiten Rücken der Rausschmeißer versperrten ihm die Sicht, aber er hörte das leise Klicken des Weihwassersprengers, als er den Sarg segnete.
»Mögen ihre Seele und die Seele aller verstorbenen Gläubigen durch Gottes Gnade in Frieden ruhen.«
»Amen.«
Die dunklen Silhouetten der vom Regen frischen Zypressen reckten sich dem blauen Himmel entgegen. Teresa würde jetzt schon angekommen sein. Er hatte für sie den Flug um sieben Uhr zwanzig nach Catania gebucht.
»Ich nehme ein Taxi und fahre direkt ins Krankenhaus.«
»Es tut mir leid, ich meine …«
»Schon gut. Ich verstehe ja, wie du dich fühlst, die beiden Kinder … aber du darfst das alles nicht so persönlich nehmen. Es ist immer noch nur ein Fall.«
»Ja …« Er brachte es nicht über sich, ihr die Wahrheit zu sagen.
Was war es bloß, das ihm nicht einfallen wollte, wenn er an den Fahrer dachte? Er würde schon noch darauf kommen. Der kurze Austausch mit seinem Exkollegen hatte ihn ziemlich aus der Fassung gebracht. Es war schwierig, sich an etwas zu erinnern, wenn im Kopf alles durcheinanderging. Und dann konnte man auch nicht gut beobachten. Von der Gruppe am Grab hätte er am liebsten die Mutter beobachtet, aber er konnte ihr Gesicht nicht sehen. Einen kurzen Moment lang, als die Trauergäste zur Seite traten, um für den Sarg Platz zu machen, hatte er einen guten Blick auf Paoletti erhaschen können. Er wirkte ehrlich bekümmert, das Gesicht blass und eingefallen. Kein Wunder, schließlich war er in diesem Moment nichts weiter als ein Mann, der sein erstgeborenes Kind beerdigte. Frida und Danuta standen ein wenig abseits und waren gut zu sehen. Sie hatten den kleinen Piero in die Mitte genommen, hielten ihn fest bei der Hand, während er zu schaukeln versuchte. Die Mädchen waren ganz in Schwarz, aber die kurzen Kleider, die hohen Absätze und auch das Make-up passten besser in den Club als auf den Friedhof. Die schwarzgeschminkten Augen ließen die jungen Dinger im hellen Sonnenlicht richtig abgehärmt aussehen.
Als Guarnaccia sich schließlich so positioniert hatte, dass er die Mutter sehen konnte, war er ziemlich überrascht. Er hatte fest damit gerechnet, dass sie an so einem Tag mit einem unglaublichen Kater zu kämpfen haben würde, aber sie war völlig nüchtern, perfekt gekleidet und absolut gefasst, ihr Gesicht ließ keinerlei Regung erkennen. Er wanderte ein wenig weiter, sah Silvana im Profil, die sich weinend an ihren Vater presste. Er legte einen Arm um sie; als das Weinen lauter
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