Vita Nuova
so gemeint …«
»Schon gut.«
»Warum fragen Sie danach, was ist mit ihm …?«
Der Maresciallo hatte die Frage zwar gehört, machte sich aber nicht die Mühe, sich umzudrehen und weitere Erklärungen abzugeben. Er kehrte zurück zu seinem Auto.
»Geht’s los?« Der junge Carabiniere griff nach dem Zündschlüssel.
»Nein, nein. Nicht starten.«
Der Maresciallo setzte sich ins Auto und blieb einen Augenblick einfach nur still sitzen, versuchte zu entscheiden, wie am besten weiter vorzugehen war. Mauro hatte sich hier nicht blicken lassen, und keines der beiden Mädchen besaß einen Führerschein. Was also sollte er tun? Der Fahrer neben ihm war jung und unerfahren. Es wäre zwar besser, die beiden anderen zu schicken, aber was, wenn es hier zu einem Zwischenfall kam? Er selbst musste ins Haus zurück, und dann säße dieser Junge ganz allein hier draußen. Unmöglich …
Sollte er um Unterstützung bitten? Wie sollte er die begründen? Dass einer seiner Männer eine anzügliche Bemerkung hatte fallenlassen? Nein, er musste sich entscheiden.
›Sie maßen sich da ganz schön was an …‹
›Sie und Ihr Dickkopf …‹
Er murmelte diese Bemerkungen ein paarmal vor sich hin, aber es half alles nichts, ebenso gut hätte er Wasser in den Arno tragen können; innerlich aber war er ganz ruhig.
»Ich habe einen Auftrag für Sie … Nein, lassen Sie den Motor noch aus. Gleich werden zwei junge Frauen aus dem Haus kommen und in dem Mini fortfahren …«
»Soll ich ihnen folgen?«
»Ja … und nein. Ich kann hier nicht weg, aber ich muss wissen, welche von den beiden fährt, sonst nichts weiter.«
»Sie wollen nicht wissen, wo sie hinfahren?«
»Ich weiß nicht … Wahrscheinlich nehmen sie die Autobahn und fahren raus in den Club. Wenn sie das tun, kommen Sie einfach zurück.«
»Oh … in Ordnung.« Er klang ausgesprochen enttäuscht. »Hier im Wagen ist kein Funkgerät …«
»Halten Sie Abstand zu dem Mini, kehren Sie um, sobald sie auf die Autobahn fahren. Schließen Sie nicht zu eng auf. Es ist kaum Verkehr, und ich möchte nicht, dass die beiden Sie bemerken, wenn sich das irgendwie vermeiden lässt. Rufen Sie mich vom Handy aus an, wenn es irgendetwas gibt. Das ist alles.«
Er ging zurück in die Küche, die nun leer war, wartete, horchte. Es dauerte nicht sehr lange, da hörte er oben Schritte, die Haustür, die Autotüren, den Motor. Dann war es wieder still.
Er hatte sich an den Tisch gesetzt, auf genau denselben Platz, auf dem er auch an jenem ersten Morgen gesessen hatte, ließ die Bilder jenes Tages in seinem Kopf Revue passieren. Das stille Wasser im Pool, das Sonnenlicht auf dem ungemachten Bett, die Blutspritzer, das zersplitterte Glas …
Er spulte den ganzen Vormittag noch einmal in seinem Kopf ab, nun aber mit dem Wissen um die Rolle des Staatsanwalts. Doch was wusste er schon über ihn? Dass es passiert war, als er Rufbereitschaft hatte – welch ein netter Zufall!
In seiner neuen Rolle als gehorsamer, unterwürfiger Beamter hatte sich der Maresciallo gestern demonstrativ ausschließlich auf Dinge konzentriert, die in keinerlei Zusammenhang mit dem Emperor standen. Er hatte mit De Vita über den ehemaligen Gärtner gesprochen und versucht, ihm zusätzlich zur DNA -Analyse des Kindes zwei weitere staatsanwaltliche Anordnungen abzuringen, zunächst einen Durchsuchungsbefehl für die Villa, um nachzusehen, ob es vielleicht Paolettis Aufmerksamkeit entgangen war, dass irgendwo eine Waffe fehlte. Dieser Durchsuchungsbefehl wurde ihm erwartungsgemäß verweigert.
»Ich sehe dafür absolut keine Notwendigkeit. Wie kommen Sie überhaupt auf die Idee, dass Paoletti Waffen besitzt?«
»Einfach nur aufgrund der Tatsache, dass bei dem Mord von einer Schusswaffe Gebrauch gemacht worden ist … und es ist nicht die Waffe eines Profis, wie wir festgestellt haben. Bis auf Paolettis Frau war damals niemand im Haus. Sie hat tief und fest geschlafen und benutzt diese Ohrstöpsel. Jeder hätte dort eindringen können.«
»Ich glaube, es reicht vollkommen, wenn ich Paoletti nach der Beerdigung einfach frage. Ich sehe keinen Grund, die Familie in ihrer Trauer zu stören.«
Waffen. Er hatte Waffen gesagt, nicht Waffe! Nun ja, den Durchsuchungsbefehl hatte er nicht bekommen.
Dann beantragte er noch die Genehmigung, sämtliche Telefonverbindungen des Haushalts zu überprüfen. Unnötig, zu erwähnen, dass auch dieses Ansinnen abschlägig beschieden wurde; er durfte nur die Verbindungen des Opfers
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