Vivere Militare Est - Leben heißt zu kaempfen
darüber, dass er sich diesen Zacken aus der Krone gebrochen hatte.
»Ich musste in meinem Leben schon so viel Verrat erdulden, dass es manchmal gar nicht leicht war, der eigenen Rasse treu zu bleiben. Der einzige Lichtblick war stets meine Familie und jetzt ganz besonders meine Zwillingsenkel. Ihr könnt euch vielleicht ansatzweise vorstellen wie glücklich und stolz ich bin, dass mein Enkel der auserwählte Thronfolger ist. Elias ist so gutherzig und tapfer. Diese Züge sind eines Königs würdig. Meine Zeit, die Zeit von Aggression und Kaltblütigkeit, ist vorbei. Ein König, der die Vampire in ein gemeinsames Leben mit den Menschen führt, wird dringend benötigt. Mein Geist ist zu alt und zu eingefahren, um Verständnis für Menschen und andere Wesen aufzubringen. Aber lasst uns mal ehrlich sein, genau das ist die Zukunft.« Seine Augen fokussierten nun Elias. »Gemeinsam mit deiner Wandlerkönigin wirst du die Herzen der Menschen, Gestaltwandler und Vampire erobern und sie in ein neues Zeitalter führen. Etwas, zu dem ich mich nicht in der Lage sehe.«
Elias schluckte und sah mich ein wenig verängstigt an.
»Miriam, du hast meine Frau nach den vampirischen Urahnen gefragt, nicht wahr?«
Ich nickte gespannt.
»Nun, du hast erlebt, wie aggressiv selbst meine Generation noch ist. Vielleicht kannst du dir nun ein wenig vorstellen, dass es nötig wurde, die Uralten zu entsorgen.« Er sprach von seinen Vorfahren wie von Sondermüll.
»Sie müssen wirklich brutal gewesen sein«, sagte ich.
»Das ist noch untertrieben.« Er holte tief Luft und atmete ganz langsam wieder aus. »Sie kannte weder Freund noch Feind. Meine Eltern hätten mich getötet, wenn sie durstig genug gewesen wären. Ich kam ihnen zuvor.« Emilian schüttelte sich, vielleicht um die Erinnerung loszuwerden. »Naja, ich wollte mich nur entschuldigen und euch sagen, dass ihr Essen in der Küche findet, solltet ihr Hunger bekommen.«
»Danke Emilian.« Ich sah ihm tief in die Augen. »Für beides.«
Er neigte seinen Kopf vor mir.
»Noch eine Frage.«
»Ja, Miriam?«
»Du hast von Menschen, Wandlern und Vampiren gesprochen. Was ist mit den Werwölfen?«
»Nun«, er räusperte sich, »ich fürchte seit unserem Gegenschlag in Hamburg ist da nichts mehr zu machen.«
»Und wenn ich mal mit ihnen rede?«
Elias’ und Emilians Augen durchbohrten mich, als diese Frage aus mir herausplatzte.
»Ich könnte ihnen erklären, was Ben für ein Mensch, äh Werwolf, war und dass das Ganze eigentlich gar nichts mit dem Hass zwischen den beiden Arten zu tun hatte. Ich könnte ihnen sagen, dass Elias und ich sie gut behandeln werden, wenn sie uns die Hand zum Frieden reichen. Und wenn sie Elias nicht vertrauen wollen, weil er ein Vampir ist, dann wenigstens mir.«
Die Augen des Vampirältesten ruhten voller Stolz auf mir, während Elias mich mit einem Gesichtsausdruck ansah, der sagte: Hast du was an der Waffel?
»Eine hervorragende Königin«, sinnierte Emilian und schloss die Tür hinter sich.
Ha, Miriams erster diplomatischer Königinnen-Auftrag! Was zieht man zu so etwas an?
KAPITEL 4
»Was bei allen Heiligen hast du dir dabei gedacht?«, fuhr mich Elias an. »Wieso willst du zu unseren erklärten Feinden gehen? Und das auch noch alleine! Bist du noch bei Sinnen?«
Ich sah ihn nur an und wartete, ob eventuell noch etwas kam. Er fuchtelte wild mit den Händen und versuchte sich noch weiter zu artikulieren, war aber viel zu aufgebracht dafür und schließlich sah auch er mich einfach nur an.
»Ich halte es für klüger, Frieden mit ihnen zu schließen. Man sollte seine Feinde immer gut im Auge haben und wir müssen ja nicht beste Freunde werden. Es reicht schon, wenn wir uns nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen.«
»Miriam!«, stieß er aus und begann wieder damit, wild zu gestikulieren.
Ich schnappte mir seine Hände und musste lachen. Alles, was er herausbrachte, waren unverständliche Flüche. Vielleicht war das auch Rumänisch? Oder Elias-Kauderwelsch.
»Ruhig Blonder! Alles wird gut.«
»Ich lasse meine Freundin nicht mit einem Rudel Werwölfen alleine.«
»Brauchst du ja auch nicht, ich kann ja noch ein paar Wandler zum Schutz mitnehmen.«
»Oh, ja klasse, bringen wir deine ganze Familie in Gefahr, denn dank deiner Oma sprechen die anderen ja nicht mehr mit euch.«
Da hatte er leider tatsächlich Recht. Unser Rudelführer war plötzlich verstorben und meine Oma hatte die Nachfolge angetreten. Ihre erste Amtshandlung war es
Weitere Kostenlose Bücher