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Viviane Élisabeth Fauville

Viviane Élisabeth Fauville

Titel: Viviane Élisabeth Fauville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Deck
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schon in deinem großen Büro in der Rue de Ponthieu, haben deine Farne krepieren lassen, deine Stifte weggeworfen, die Poster florentinischer Meister durch Blumenfotos ersetzt, Sonnentau, Wasserschlauchpflanzen, und bald gibt es dich nicht mehr.
    Du weißt auch, dass du deine viertausendfünfhundert Euro netto im Moment nicht wert bist. Du hast die Höchstgrenze erreicht, da ist nichts mehr, was du Bétons Biron noch geben könntest. Seit Jahren halten sie dich aus, damit du vor dich hinschnurren kannst in deinem Büro mit den Spanholzmöbeln – die ganze Skala falscher Möbel wacht in allen Grauschattierungen über deinen Schlaf, während du so tust, als würdest du Präsentationen entwerfen, Broschüren konzipieren, Internetseiten aufbauen.
    Viviane, nimm deinen Platz wieder ein. In deinem Alter und mit Nachkommenschaft versehen, wirst du gewiss nicht noch einmal von Null anfangen, die Leiter ganz von unten neu erklimmen und die Stufen der Demütigung emporklettern. Stellen gibt es nicht für alle, du aber hast eine, und du wirst sie verteidigen. Deine Tochter wird ihre Mutter nie als Arbeitslose kennen, wie sie die Weiterbildungsinstitute belagert, oder wie sie die auf den Grund eines Plastikbechers geworfenen Münzen zählt, während die Metro-Passagiere die Nase rümpfen ob der Ausdünstungen, die du hinter dir im Waggon zurückgelassen hast.
    Héloïse ist es, die du eingestellt hast als deine Stellvertreterin während des Mutterschaftsurlaubs. Héloïse hat eine renommierte Schule für Kommunikation absolviert, sie tritt souverän auf und beherrscht die Rechtschreibung. Kaum, dass du mal eine verunglückte Partizip-Endung bemerkt hast hier und da, während der zwei Wochen, die die Machtübergabe am Anfang des Sommers gedauert hat, doch war es ein Vergnügen gewesen, diese Fehlerchen mit lauten Nachsichts-Bekundungen zu korrigieren. Sie hatten sich gar nicht so schlecht verstanden. Übrigens taten sie gut daran, denn Jean-Paul Biron beobachtete sie aus den Augenwinkeln, und du beobachtetest ihn deinerseits auch, um sicherzugehen, dass er sich nicht zu lange bei Héloïses Kurven aufhielt, und dass du, einmal von dem Kind befreit, das dir die Hüften dehnte, deine Favoritinnenrolle wieder einnehmen würdest.
    Heute ist Montag, der 25. November, und es ist höchste Zeit, alles noch einmal zu überdenken. Du hast einen taillierten Regenmantel angezogen, eine Bluse, die auf Brusthöhe in ein schattiges Tal führt, und eine nicht zu eng anliegende schwarze Hose. Vor dem Spiegel schien dir das Ensemble recht gut deine wiedergewonnene flotte Erscheinung zu unterstreichen, deine wiederhergestellten Proportionen. Ja, Viviane, du kannst ihnen noch etwas vormachen, Place de l’Étoile, und bei den schlechtinformierten Touristen für eine Edelhure durchgehen.
    Du passierst im Erobererschritt die Drehtür der Firma Bétons Biron und löst einen Freudensturm hinter dem Schalter aus, wo die Empfangsdamen sitzen. In der Tat nähren die beiden jungen Frauen gewisse Vorbehalte gegenüber Héloïse, die genauso alt ist wie sie und über bessere Diplome verfügt, und deren Ansprüche und Auftreten ihnen den Wunsch einflößen, sie möge demnächst das Feld räumen. Du verbirgst deine Freude unter einer Maske von Sympathie. Doch können sie unbesorgt sein: In drei Wochen wirst du die Zügel übernehmen, du wirst diese Ehrgeizigen mit fester Hand führen, und es wird ihnen nichts übrig bleiben, als wieder in die Reihe zu treten.
    Doch ist es nicht jedermanns Ansicht, dass Héloïses Persönlichkeit dem Betriebsleben schadet. Jean-Paul Biron zum Beispiel, der dich im Versammlungsraum im dritten Stock empfängt, weil sein Büro gerade neu gestrichen wird, beglückwünscht sich zu den Verbesserungsvorschlägen deiner jungen Vertretung für die Management-Strategie, die er sich für das kommende Jahr dynamischer wünscht, unternehmungslustiger, aufgeschlossener für kulturelle Vielfalt.
    Was soll ich da heraushören, mein lieber Jean-Paul?
    Oh, nichts Bestimmtes vorerst, aber mir schien, dass Sie mit dieser neuen Verantwortung, die Sie nun haben…
    Ja, Jean-Paul? zirpst du mit Mördermiene.
    Naja, man könnte diese junge, ööh, wie heißt sie noch, Héloïse, ja, man könnte sie eventuell einstellen, um Sie ein wenig zu entlasten?
    Um mich wovon zu

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