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Viviane Élisabeth Fauville

Viviane Élisabeth Fauville

Titel: Viviane Élisabeth Fauville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Deck
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klingele ich bei der Kinderfrau.

13
    Schöne 4-Zimmer-Wohnung mit Parkett und Stuck, nach der vom sogenannten Carrez-Gesetz verordneten Berechnungsmethode für private Wohnflächen hat sie 85 m 2 . Die dem Flur entlang aufgereihten Zimmer genießen einen unverstellten Blick auf einen kleinen gepflasterten Hof, Ausrichtung Südosten. Und wenn man sich aus dem Fenster lehnte und der Kälte dieses immer noch verschneiten 29. November trotzte – denn es schneit schon seit einer Woche immerfort –, würde man, von einem umzäumten Garten umgeben, die Kirche Saint-Médard erblicken. Das Ganze hat einen Charme, der an die Nachkriegszeit erinnert, oder an eine wohlhabende Unterpräfektur.
    Aber Sie schauen nicht, was sich hinter den Fenstern abspielt. Mit einer Gießkanne ausgerüstet, tränken Sie die Fettpflanzen, die auch ohne regelmäßige Pflege prächtig zu gedeihen scheinen. Niemand spricht mit ihnen, sie werden nicht jede Woche mithilfe eines feuchten Tuchs abgestaubt, und doch wachsen sie weiter. Sie müssen sogar mit Klebeband befestigt werden, damit ihre Ausbreitung unter Kontrolle bleibt, sie sprießen bis in die Winkel, in Richtung Decke, am Stuck entlang, statt über ihre Töpfe hinaus bis zum Teppich zu wuchern, wo sie mit dem Lianenmuster verschmelzen, es bald bedecken und noch das Fischgrätenparkett begrünen würden, wenn Sie nicht Ordnung schafften.
    Dann werden die Gegenstände, die auf dem Fernsehgerät, auf dem Couchtisch liegen, von ihrer Staubschicht befreit. Eines von ihnen, auf dem Kaminsims, ist dem Gegenstand nicht unähnlich, der auf dem Regal des Arztes ausgestellt war. Diese Erinnerung streift Sie, ohne Sie zu beschweren. Sie möchten sich nicht über eine Reliquie beugen, deren Geschichte und Herkunft Sie kennen, auch den Grund, warum sie und nichts anderes dort liegt, als Verwahrerin bestimmter willkürlicher Neigungen. Sie zweifeln nicht an deren Rechtmäßigkeit, Sie fegen.
    Anschließend müssen Rechnungen geöffnet werden, Strom, Telefon, das Gas wurde als Zugeständnis an die Wirklichkeit und aus Spargründen abgestellt. Sie überprüfen die Zahlenreihen und räumen alles in einen trapezförmigen Sekretär. Die Wanduhr zeigt halb drei. Es bleibt reichlich Zeit, um vor Juliens Eintreffen einmal kurz mit dem Staubsauger durchzugehen, was Sie auch tun, nachdem Sie die Tür zu dem mittleren Zimmer, wo das Kind liegt, geschlossen haben. Um zehn vor inspizieren Sie alles ein letztes Mal, dann stellen Sie sich ans Fenster. Er wird wie immer zu spät kommen, seine Verspätungen zeugen letztlich von einer unglaublichen Pünktlichkeit. Dennoch beginnen Sie um Punkt drei Uhr Wache zu halten, machen sich darauf gefasst, ja, hoffen fast, enttäuscht zu werden, damit die Ereignisse der Logik Ihrer Prognose gehorchen.
    Wie schön Julien war, und daran hat sich nichts geändert, seit er Sie verlassen hat. Um 15 Uhr 20 taucht er in Ihrer Schießscharte auf, eine Gedächtnisfinsternis bewirkend. Sie stellen sich vor, dass er zum ersten Mal auf Sie zukommt, nackt, dargeboten, so, wie er Ihnen drei Jahre zuvor erschienen ist, rückhalt- und hemmungslos.
    Die Erinnerung kehrt wieder zurück. Die Breschen, die von der unvermeidbaren Wiederkehr des immer Gleichen gegraben wurden, die Sticheleien, die zu Lanzenstichen wurden, und Sie, die Sie nichts sahen, weil Sie ein Kind erwarteten und weil der Horizont sich auf den Umfang Ihres Bauches reduzierte. Die mit dem Staub weggewischten Verdachtsmomente, als die Sitzungen abends immer länger wurden. Die im Bad bei geschlossener Tür geführten Telefonate, die Gewalt, die man sich bei jeder Gelegenheit antut, zum Beispiel bei dem Empfang der Firma Biron, im Juni, als die frisch eingestellte Héloïse Julien gefährlich nahe kam und Sie sich zwingen mussten, nicht ein paar Salven abzufeuern, sobald sie Ihr Visier durchquerte.
    Er ist auf der Wohnungsschwelle. Er hat an der Gegensprechanlage geklingelt, Sie haben ihm geöffnet. Reglos haben Sie hinter der Tür auf sein Klingeln gewartet, während er die drei Stockwerke hochstieg, und jetzt steht er vor Ihnen. Haarsträhnen fallen ihm in die Stirn. Sie könnten sie zurückstreichen – immerhin gehört Ihnen dieser Mann dem Gesetz nach noch immer. Sie halten Ihre Hände zurück.
    Wie geht es dir, fragt er, sich einen Weg in die Wohnung bahnend, denn Sie stehen immer noch

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