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Vogelfaenger

Titel: Vogelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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Gefühl, es würde jemand um unser Zelt schleichen. Dann hat Rocky noch geknurrt … da hab ich Angst gekriegt.«
    »Ach so«, sage ich erleichtert. »Das meinst du. Rocky hat wirklich viel geknurrt, stimmt. Aber ich schätze, der hatte Blähungen, gepupst hat er nämlich auch in einer Tour.«
    Ida entspannt sich sichtbar. »Also hat er nicht irgendwen gewittert?«
    »Nöö. Höchstens einen Maulwurf. Oder, Rocky?« Ich springe auf und käbbele mich mit ihm. »Du süßer, dicker Furzknoten! Du jagst meiner armen Freundin hier einen Schrecken ein? Na, warte! Warte, ich fang dich!« Wir jagen uns gegenseitig ums Zelt und darüber muss Ida glücklicherweise auch lachen.
    »Dann bin ich ja beruhigt!«
    »Kannst du auch sein.« Ich setze mich etwas außer Atem wieder zu ihr, gebe Rocky ein Leckerchen und gieße uns noch Tee ein. »Rate mal, was ich letztens für’n schräges Zeug geträumt hab: Tobias hätte sich in einen Nachtfalter verwandelt.Er sah wunderschön aus, dunkelblau und zart und golden, aber ich sagte zu ihm: ›So darfst du nicht in mein Bett, nicht mit diesen behaarten Flügeln und den langen Fühlern, da hab ich ja gar keinen Platz.‹«
    Ida stößt eine Mischung aus Lacher und Schluchzer aus. »Du heiterst mich immer auf. Deine Träume hätte ich auch gern. Ich träume oft schlecht. Solche Sachen wie die mit dem Teufel sind keine Seltenheit. Vor allem aber gibt’s einen kleinen Jungen, der mich im Schlaf regelrecht verfolgt. Er will immer, dass ich ihn rette.«
    »Dann tu’s doch!« Ich trinke einen Schluck. »Kennst du die Mystery-Serie, in der die Leute auch immer Botschaften aus dem Jenseits bekommen? So was find ich spannend. Ich könnte mich auch mal als Medium zur Verfügung stellen.« Ich setze mich in den Schneidersitz, halte die Handflächen nach oben und schließe die Augen. »Om.«
    »Das ist was anderes, Nele. Und den Jungen kann ich nicht mehr retten. Ich hätt’s gekonnt, aber ich war zu feige.«
    »Wie? Hat’s den wirklich gegeben?«
    Sie nickt.
    »Erzähl mal!«
    »Ach, nicht so was Trauriges am frühen Morgen. Erzähl du mir lieber, wie du dir deine erste eigene Wohnung einrichten würdest!«
    Sie kennt mich, sie weiß, dass das eins meiner Lieblingsthemen ist. Mein Gesicht fängt sofort an zu strahlen, obwohl mich ihre merkwürdige Anspielungauch neugierig gemacht hat. Aber nun richte ich in der Fantasie erst mal meine eigenen vier Wände ein. Ich wünsche mir eine gemütliche Dachbude, schräg, aber großzügig, tausend Quadratmeter, eine Dachterrasse, auf der man Partys feiern kann, ein Doppelbett in der Mitte des Raums und eine ausladende, altmodische Badewanne mit Löwenfüßen. »So was find ich klasse. Da könnte ich mit Tobias drin liegen, Sekt trinken und dann nach oben durchs Dachfenster gucken und den Himmel sehen.«
    »Mit Tobias?«, fragt Ida und verdreht die Augen.
    »Ach, ja, nein!« Ich verschütte meinen Tee – hups, schon wieder an ihn gedacht. »Ich meine, mit irgendeinem netten, zärtlichen Mann, der mir den Rücken krault und mein Abendessen kocht, während ich noch ein bisschen im warmen Wasser liege und döse …«
    »Ich will lieber allein wohnen.«
    »Das ist ja blöd.«
    »Aber man hat seine Ruhe und kann machen, was man will.«
    »Hm, stimmt auch wieder. Man könnte mit der Freundin den ganzen Morgen frühstücken.«
    Ida nickt und gähnt. »Aber ich glaub, ich geh jetzt erst noch mal schlafen. Oder hast du schon Hunger?«
    »Hunger habe ich immer, aber ausschlafen klingt auch gut. Wir haben schließlich Urlaub.«

14
    Wieder schleicht der Vogelfänger durch den Wald. Er erkundet ihn, erforscht die Möglichkeiten, die sich ihm bieten, lauscht auf die Stimmen des Waldes, entdeckt einen Kaninchenbau und ein Wespennest, verfolgt mit seinem Blick den Flug eines Bussards, lässt sich treiben in der Natur. Was bleibt ihm anderes übrig? Um zuzuschlagen und seinen Plan durchzuführen, muss er den richtigen Zeitpunkt abpassen. Das heißt vor allem Warten.
    Aber wer ein Ziel hat, wer so wie er Ehrgeiz in sich trägt, mehr noch: Rachelust, Liebe, Leidenschaft, der hat auch Geduld.

15
    Gegen neun schläft Ida immer noch und auch ich hätte nichts dagegen, faul liegen zu bleiben, aber Rocky fordert jetzt seinen Spaziergang. Leise, um meine Freundin nicht zu wecken, schleiche ich mich aus dem Zelt. So zufrieden, wie sie im Schlaf aussieht, hat sie jetzt bessere Träume, und die will ich ihr nicht nehmen.
    Rocky und ich wählen den Weg am Ufer entlang. Es ist ein

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