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Vogelfaenger

Titel: Vogelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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zurück.
    »Manche Leute …«, sage ich und setze mich neben meine Freundin auf die Picknickdecke.
    »Wir hätten Tisch und Stühle mitnehmen sollen.«
    »Och, ich dachte, du magst es primitiv.«
    »Stimmt. Manchmal geht mir das Feine so auf den Keks. Es gibt Tage, an denen ich Lust habe, wie Zappelphilipp das Tischtuch runterzureißen und das Lammkarree durch die Wohnung zu werfen.« Ida macht eine konzentrierte Armbewegung und stellt sich wahrscheinlich vor, wie ein Fleischstück mit Schmackes in Papas Gesicht landet. »Leider«, fügt sie dann etwas gefrustet hinzu, »hab ich das noch nie gemacht. Ich entschuldige mich eher noch, wenn mir mal versehentlich der Silberlöffel runterfällt.«
    Ich nicke, schüttele dann den Kopf, kann nicht auf Ida eingehen und stoße nur ein Quieken aus. Soeben erlebe ich nämlich den kulinarischen Knockout, weil ich zwei Soßen gemixt und probiert habe. »Köstlich. Dreizehn Sterne!«, stoße ich hervor, forme einen Kussmund und knutsche übermütig in die Luft: »Exquisit!« – gerade in dem Moment, als das Radfahrerduo vom Strand heraufkommt.
    »Meinst du uns?«
    Sie sehen ohne T-Shirts noch attraktiver aus, sie grinsen und mein sonderbarer Soßenmatsch schmeckt mir gleich noch besser.
    »Na klar«, behaupte ich keck. »Seid ihr schon lange hier?«
    »Ein paar Tage«, sagt der eine. Er hat nasse blondeHaare, die ihm etwas zu lang geworden sind und ins Gesicht hängen, Wassertropfen auf den Wimpern, rote Backen, leuchtende Augen und Erfahrung mit Hunden, denn er beugt sich gleich zu Rocky hinunter, spricht ihn nett an und hat im Nu Freundschaft geschlossen. »Bisher hatten wir super Wetter. Jetzt soll’s schlechter werden. Wir sind zum Biken hier, ihr auch?«
    »Nö, wir sind einfach so hier«, antwortet Ida.
    »Zum Spaßhaben«, ergänze ich, lecke den Kochlöffel ab und sorge so dafür, dass sie noch breiter grinsen als vorhin.
    »Jan hat uns schon erzählt, dass ihr gut drauf seid. Außerdem haben wir euch mit der Sektflasche im Wasser gesehen«, bemerkt der andere verschmitzt – ein sehr großer, dunkelhaariger, drahtiger Junge mit nettem Gesicht, aber leider etwas schlecht verheilter Akne. »Uns entgeht nichts.«
    »Fein! Dann kennt ihr euch ja hier schon aus und könnt uns morgen früh frische Brötchen vorbeibringen«, kontere ich, stehe auf und schütte so unglücklich die Nudeln ab, dass das heiße Wasser auf den Boden spritzt und die zwei schnell zur Seite springen.
    »Wir sehen uns!«, ruft der Blonde noch.
    »Okay!«, antworte ich, aber Ida ergänzt etwas launig: »Das bleibt auf einem Campingplatz wohl nicht aus, dass man sich alle naselang sieht. Da drüben geht Jan.«
    »Ja, der ist auch nett. Deswegen sind wir ja auch hergefahren – um nette Leute kennenzulernen.«
    »Ich dachte, wir wollten vor allem weg von zu Hause.«
    »Schon«, sage ich. »Aber das sind wir ja jetzt. Und Spaß muss man ja auch haben.« Ich schubse sie freundlich an. »Lass es dir schmecken!«
    Also essen wir mit gutem Appetit und glücklichem Geschmatze, und als wir fertig sind, streiche ich mir über den Bauch und sage etwas provokativ: »Und morgen suchen wir uns jede einen schönen Jungen aus.«
    »Oh, Nelchen, müssen wir denn gleich einen Kerl aufreißen?«
    »Hast recht. Das ist nicht gut.« Ich seufze theatralisch und schiebe Rocky beiläufig meinen leeren Teller hin, damit er die Fleischsoße auflecken kann. »Mein armer Tobias.«
    Sie schlägt die Hände vors Gesicht. »Ich geb’s auf, dich von dem heilen zu wollen.«
    »Was ist eigentlich mit dir? Möchtest du keinen Freund?«
    »Ich hatte einen.«
    »Und?«
    »Nicht so wichtig.«
    »Was soll denn sonst wichtig sein, wenn nicht die Liebe?«
    »Es ist Schluss. Genauso wie zwischen dir und Tobias.«
    »Erzähl mal!«
    »Nein!«
    »Bitte!«
    »Nein! Jetzt lass mich doch mal in Ruhe!«, ruftsie, steht auf, verschränkt die Arme vor der Brust, wendet mir den Rücken zu.
    »Schaaade!« Ich strecke den Arm nach ihrem Fußgelenk aus, kitzele sie an der Innenseite des Knöchels.
    »Hör auf!« Sie dreht sich zu mir um. »Ich will nicht über …«, beginnt sie, unterbricht sich dann und kreischt entsetzt: »Iiih, Rocky! Was soll denn das? Nele, wir haben hier nicht mal ’ne Spülmaschine!«
    »Dafür haben wir doch Rocky.«
    »Oh, nein! Das wird ein Höllenurlaub mit dir!«
    Unsinn! Spaßig wird’s. Gemeinsam spülen wir im Waschhaus und lernen dabei den jungen Schwarzafrikaner Albert kennen, der sein »produit vaisselle« vergessen

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