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Vogelfaenger

Titel: Vogelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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Rücken und sagt: »Hör mal, bist du ’n Auto?«
    Hannes aber schlägt ernsthaft vor: »Fragt doch mal die Eltern.«
    »Ach, nee! Das ist mir zu doof.« Ida schüttelt den Kopf. »Das glaube ich auch nicht, die passen extrem auf.«
    »Dann gibt es aber nicht mehr viele Verdächtige, die für den Windradklau infrage kommen könnten«, sagt Jan. »Außer uns und der Familie sind nur noch« – er zählt seine Finger ab und ich habe den Eindruck, er will sich mit seinem Wissen etwas aufspielen – »fünf Personen auf dem Platz: zwei rundliche Freundinnen um die vierzig, die jeden Tag zwei Stunden mit Walkingstöcken durch den Wald schnaufen und mich nachher erschöpft fragen, wo die beste Eisdiele und die beste Pizzeria sind. Die interessieren sich bestimmt nicht für Spielzeug. Das Liebespärchen da drüben im grünen Zelt auch nicht, die interessieren sich nur füreinander. Dann ist da noch Alfons, ein Stammgast, leidenschaftlicher Angler und Trinker, vor dem keine Flasche Korn sicher ist, aber ein Windrad ganz bestimmt …«
    »Das macht zwar auch Umdrehungen, aber die kann man so schlecht schlucken!«, ruft Fabi.
    »Also war’s Albert?«, frage ich. »Vielleicht hat es ihm gefallen und passte noch auf seinen Gepäckträger.«
    Ida zieht zweifelnd die Augenbrauen hoch. »Wäre möglich. Andererseits will man auf einem Fahrrad doch so wenig wie möglich transportieren müssen.«
    »Campingplätze sind eben auch nicht mehr sicher«, sagt Hannes. »Auch wenn ich schon so rede wie mein Opa – es stimmt doch. Überall wird geklaut: in der Schule, im Sportverein, hier … Ich frag mich nämlich auch, wo mein Messer hingekommen ist. Ich hatte ein wertvolles Messer, bester Stahl mit kleinen Intarsien am Griff, so einen Dolch«, er zeigt mit den Händen eine Klinge von gut zwanzig Zentimetern, »den hat mir ein Freund aus Georgien geschenkt, bei uns kriegt man so was gar nicht, ist gar nicht erlaubt, wird wahrscheinlich noch nicht mal hergestellt.«
    »Das findet sich schon wieder«, sagt Fabi.
    »Wo denn? Wie denn? Wir haben doch gestern alles durchsucht. Das Teil hat einer mitgehen lassen, da bin ich mir sicher. Mensch, Fabi, das war ein Mordsgerät. Wer das in der Hand hält, hat eine richtige Waffe, damit kannst du locker einen umbringen.«
    »Vielleicht ist schon einer damit erstochen worden!«, unterbricht ihn Jan, stupst mich an und neckt mich mit Grabesstimme: »Das Phantom, das dich so erschreckt hat! Der Tote im Wald, der, dessen Handy geklingelt hat …«
    »Diese Quatschgeschichte musst du jetzt bitte nicht erzählen«, sage ich verärgert, als ich die neugierigen Blicke der anderen sehe. »Ich habe mich wirklich erschrocken.«
    »Buuh«, macht Jan und nun reicht’s mir. Ich springe auf, packe ihn an den Schultern, ziehe ihn nach hinten, sodass er umkippt. »Mach dich nicht über mich lustig, sonst …«
    »Sonst …?«, ruft er, packt meine Fußgelenke, wirft mich ebenfalls um und kullert sich mit mir über die Wiese.
    »Ich will auch mitmachen«, höre ich Fabi sagen.
    Hannes lacht, Ida sagt nichts, seufzt nur, aber das höre ich nicht mehr richtig, denn wir – Jan, Rocky und ich – sind schon dabei, uns gegenseitig über die Wiese zu jagen. Ich kreische übermütig los, denke: Genauso muss Urlaub sein, Schwimmen, Sonne, süße Jungs und keine Verpflichtungen. Tobi wollte doch nicht mehr mit mir zusammen sein und istsowieso weit weg, also hab ich meinen Spaß! Ich mag Jan, ich mag den Tag, ich mag das Leben und ich laufe los, springe lachend über unsere Zeltschnüre, hopse über die Wiese und husche in den Wald.
    »Rocky, bleib hier, bleib bei mir!«, höre ich Ida rufen und blicke noch einmal über die Schulter zurück. Sie ist bei den netten Radfahrern gut aufgehoben, sie kann sich ruhig allein mit denen unterhalten. Sie braucht das, um aus ihrer Eigenbrötlerei rauszukommen. Ich unterhalte mich jetzt erst mal allein mit Jan!
    Dafür bleibe ich hinter einem dicken Baumstamm stehen, er kommt hinter mir her, stoppt ebenfalls, legt die Hände links und rechts neben meinem Kopf an den Stamm, schaut mich an.
    »Hab dich.« Er ist ein bisschen aus der Puste und riecht nach Kaffee und Himbeermarmelade. Außerdem kann er kuriose Komplimente machen: »Du hast Efeuranken im Haar, Teufelchen-Prinzessin, das sieht allerliebst aus.«
    »Vorsicht, da fliegt ’ne Wespe.«
    »Die tut nichts.«
    Wir sehen dem Insekt zu, das summend um Jans Kopf kreist, dann weiterfliegt. Wir hören auf das Summen, das – so still

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