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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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räusperte sich leise. »Ihr wollt wissen, wie ich zu diesen rot berockten Schweinen stehe?«
    »Aye.«
    »Dazu kann ich nur sagen: Lang lebe König James, und zur Hölle mit jedem Sassunach nördlich der Landesgrenze!«
    Die anderen beiden nickten beifällig und wiederholten: »Lang lebe König James!« Dylan hatte den Eindruck, dass Alasdair noch etwas dazu sagen wollte, aber MacGregor brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.
    Innerhalb weniger Minuten wurde Dylan von Müdigkeit überwältigt. Er rollte sich, in sein Plaid gewickelt, neben dem Feuer zusammen und flüchtete sich wieder an jenen Ort, an dem ihn die Engländer nicht finden konnten.
    Als er aufwachte, wusste er weder, wo er war, noch, wie lange er geschlafen hatte. Er lag auf einer Art Bahre, aus Kiefernzweigen gefertigt und mit Farn bedeckt. Auf der Lichtung befand er sich jedenfalls nicht mehr; er konnte mit Heidekraut bewachsene Berge sehen, auf deren Hängen Granitbrocken lagen, groß genug, dass man ein kleines Haus hätte dahinter verstecken können. Er selbst lag auf der Südseite eines solchen Findlings in einer von etwas Ginster geschützten Höhlung. Sein ganzer Körper fühlte sich wie knochenlos an, Durst war seine erste bewusste Empfindung, und er bat leise um etwas Wasser. Ein Krug wurde an seine Lippen gesetzt, doch er durfte nur einen Schluck daraus trinken und dann noch einen zweiten, als er um mehr bat. Seine Augen waren vollkommen verklebt, und als er darüber reiben wollte, stellte er fest, dass seine Hände zitterten.
    »Wo sind wir?« Er konnte die Worte nur mühsam herauskrächzen.
    »Im Reannoch-Moor. Du warst sehr krank, wir mussten dich tragen.«
    »Wie lange?«
    Alasdair zuckte mit den Achseln. »Ein paar Tage. Wir konnten dich nicht zurücklassen, und wir konnten auch nicht bei dir bleiben, sonst wären wir am Ende noch den Rotröcken in die Hände gefallen, und du kannst dir ja vorstellen, was sie mit uns gemacht hätten.«
    Dylan nickte. Irgendwann im letzten Jahr war MacGregor wegen einer Schuld, die gar nicht bestand, für vogelfrei erklärt worden. Hinter dem Komplott hatte der Marquis von Montrose gesteckt, der ein Auge auf Robs Land geworfen und es dann auch tatsächlich an sich gerissen hatte.
    Alasdair fuhr fort: »Du hattest hohes Fieber. Eine Weile sah es so aus, als bräuchten wir dich nicht mehr weit zu schleppen. Aber hier sind wir sicher; wir können hier ausharren, bis du wieder zu Kräften gekommen bist.« Milder Spott schlich sich in seine Stimme. »Und selber weitergehen kannst.«
    Dylan setzte sich auf, was ihm zu seiner Überraschung ohne fremde Hilfe gelang, nahm Alasdair den Wasserkrug ab und trank vorsichtig. Danach bekam er plötzlich fürchterlichen Hunger. »Hast du etwas zu essen?« Über ein bloßes Flüstern kam er nicht hinaus.
    Alasdair lächelte. »Das ist ein gutes Zeichen.« Er nahm den Krug, goss etwas Wasser in eine hölzerne Schale, holte dann ein Säckchen Hafermehl aus der Tasche und schüttete eine Handvoll dazu. Dann rührte er alles mit dem Finger um und reichte Dylan die Schale. Der Brei war klumpig und fade, doch Dylan, der die Brocken ebenfalls mit den Fingern aus der Schale klaubte, fand, dass er köstlich schmeckte.
    Während er aß, blickte er sich neugierig um. MacGregor war nirgendwo zu sehen. Alasdair, der seine Gedanken zu lesen schien, erklärte: »Rob ist schon vorausgegangen, er hatte etwas Dringendes zu erledigen. Ich sollte hier bei dir bleiben, bis du wieder laufen kannst, oder dich hier begraben.«
    Dylan empfand eine merkwürdige Dankbarkeit darüber, dass Alasdair sich die Mühe gemacht hätte, ihn zu begraben; trotzdem war er seinem Schöpfer von Herzen dankbar. Er war noch einmal davongekommen, er würde am Leben bleiben. Erleichtert streckte er sich wieder auf seinem Farnbett aus und schlief sofort ein.
    Alasdair und er blieben noch zwei Tage in ihrem Versteck. Der rothaarige Mann stellte ihm gelegentlich ein paar Fragen über seine Erlebnisse in Fort William, die Dylan auch bereitwillig beantwortete, doch ansonsten redeten sie wenig miteinander. Dylan schlief, aß und schlief dann weiter.
    Am dritten Tag verspürte er ein menschliches Bedürfnis und beschloss, dass es an der Zeit war, zum ersten Mal aufzustehen. Alasdair wollte ihm helfen, doch Dylan winkte ab und rappelte sich so unsicher wie ein neugeborenes Fohlen hoch. Mit weit gespreizten Beinen blieb er schwankend vor dem Feuer stehen. Sein Rücken brannte, und in seinem Bein pochte ein dumpfer

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