Vogelfrei
Alle schoben ihre Schwerter zurück in die Scheide und verschwanden im Wald.
Diesmal mussten sie, um Montrose' Pachteintreibern zu entkommen, eine schnellere Gangart anschlagen. Ihr Weg führte sie durch dicht bewachsene Waldstücke und steile Hänge empor. Um ihre berittenen Verfolger abzuschütteln, rannten sie, wo immer dies möglich war, und kämpften sich ansonsten so rasch wie möglich durch das dichte Unterholz. Rob trieb sie unermüdlich an, und obwohl Dylan fürchtete, sein Bein werde ihn nicht länger tragen, durfte er sich keinen Moment ausruhen.
Endlich legten sie auf einer Lichtung weit nördlich der Kate eine Pause ein. Dylan sank nach Atem ringend auf die Knie, lauschte dem Gelächter der anderen und ihren vergnügten Schätzungen der Summe, um die sie Montrose erleichtert hatten. Der Schmerz in seinem Bein kroch bis zum Oberschenkel hoch, und er begann, vorsichtig seine Wade zu massieren. Alasdair, der das sah, fragte besorgt: »Bist du verletzt?«
Mit zusammengepressten Lippen schüttelte Dylan den Kopf. Dann blickte er von einem der Männer zum anderen. »Seid ihr sicher, dass wir nicht ein paar Meilen mehr zwischen uns und diese Kerle legen sollten?«
Die anderen lachten, und der Zustand von Dylans Bein wurde nicht mehr erwähnt, was diesem nur recht war.
Allmählich kam ihm zu Bewusstsein, was sie soeben getan hatten, und ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Das war ja noch besser als die Robin-Hood-Spiele seiner Kindheit, besser als ein Sparringskampf ohne Schutzvorkehrungen. Hier setzte er auf volles Risiko, um alles zu gewinnen. Die Rotröcke hätten ihn fast umgebracht, und nun, nachdem er endgültig begriffen hatte, dass seine amerikanischen Vorstellungen von einem sicheren Leben nicht in dieses Jahrhundert passten, fand er die Aussicht auf weitere Abenteuer geradezu aufregend. Er musste lachen, als er daran dachte, dass ausgerechnet Major Bedford erheblich dazu beigetragen hatte, der Krone einen weiteren erbitterten Feind zu schaffen.
Am nächsten Morgen brachen sie Richtung Glen Dochart auf.
Den Tag nach ihrer Rückkehr verbrachten die Männer wieder mit ganz alltäglichen Beschäftigungen. Dylan und seine Kameraden reparierten Waffen und Hausgerät, flickten ihre Kleider, bereiteten Mahlzeiten zu und taten all das, was ihnen ihre Frauen abgenommen hätten, wenn sie welche gehabt hätten. Wieder und wieder mussten Dylan, Sea-mus und Murchadh den Daheimgebliebenen Cailean und Alasdair Og die Geschichte des erfolgreichen Überfalls erzählen. Die beiden beneideten sie sichtlich um dieses Erlebnis.
Rob und Alasdair Roy nahmen den ganzen Tag an einem Treffen teil, das in dem Steinhaus stattfand. Eine ganze Anzahl Männer hatte sich dort versammelt, und ein-oder zweimal hörte man draußen ärgerliche Rufe und erregtes Geschrei. Dylan ging zum Brunnen, weil er mit Si-nann darüber sprechen wollte, aber die Fee ließ sich nicht blicken. Gerade als er aufgeben und wieder zu den Baracken zurückgehen wollte, tauchte sie plötzlich auf dem Brunnenrand auf.
»Was geht da drinnen vor, Tink?«
»Du hörst es doch selbst. Sie streiten sich, und wenn sie nicht bald zu einer Einigung kommen, wird es Tote geben.«
»Dass sie sich streiten, weiß ich auch. Warum sind all diese Männer überhaupt hier?«
»Weil hier ein Treffen der Anführer des Clans MacGregor stattfindet. Ihr Oberhaupt Archibald of Kilmanan ist gestorben und hat keinen legitimen Erben hinterlassen. Laut Erbfolgerecht müsste Iain Og of Glencairnig sein Nachfolger werden, aber in diesem Fall würde der Clan die Pension der Königin verlieren. Vielleicht weißt du, dass Ihre Majestät die löbliche Gewohnheit hat, den Clanoberhäuptern jährlich eine bestimmte Summe auszuzahlen, damit sie sich ruhig verhalten. Der Clan möchte natürlich, dass der nächste Führer sozusagen ... empfangsberechtigt ist. Iain Og hat keinen Anspruch auf diese Pension, die immerhin dreihundertsechzig Pfund pro Jahr beträgt, und der Clan ist nicht wohlhabend. Also werden sie ein Oberhaupt wählen, das den MacGregors auch weiterhin den Erhalt dieses Geldes ermöglicht.«
»Ist Rob auch im Rennen?«
Sinann warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Stell dich nicht dümmer, als du bist. Rob ist ein Outlaw, er kann nie zum Oberhaupt eines Clans gewählt werden. Allerdings muss ich zugeben, dass er die beste Wahl wäre; ich habe ihn heute während der Versammlung beobachtet. Für den Clan wäre es nur von Vorteil, einen Mann wie
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