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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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Schlachtfeld eintreffen würde, wenn bereits alles entschieden war? Er wusste, dass Mar alles verpfuschen würde, konnte sich aber nicht daran erinnern, was genau geschehen würde. Er wusste nur, dass er bei den jakobitischen Truppen bleiben musste, wenn er den Ausgang der Schlacht beeinflussen wollte. Also lieferte er Rob eine Erklärung, von der er hoffte, dass dieser sie akzeptieren würde. »Ich möchte unter den Ersten sein, die in den Kampf ziehen. Ich habe mit den Rotröcken nämlich noch eine Rechnung offen und möchte möglichst viele von ihnen in die Hölle befördern.«
    Ein trockenes Lächeln spielte um Robs Lippen. Er blickte den MacPherson an, der ebenfalls lächelte, dann meinte er: »Du hast noch nie an einer Schlacht teilgenommen, nicht wahr?«
    Dylan schüttelte den Kopf. Abgesehen von der Belagerung von Inverary hatte er sich tatsächlich noch an keinem ernsthaften Kampf beteiligt. Er wusste, dass die' anderen ihn für einen unerfahrenen Narren hielten, der sich von seiner Begeisterung hinreißen ließ, aber er wollte ihnen diesen Glauben nicht nehmen, denn alles würden sie eher verstehen als die Wahrheit.
    »Du wirst diese Entscheidung noch bedauern.« Echtes Mitgefühl schwang in Robs Stimme mit; er klang, als sei Dylan bereits ein toter Mann.
    Dylan nickte. Höchstwahrscheinlich hatte Rob Recht. Er selbst rechnete ebenfalls damit, im Kampf zu fallen, aber er wollte lieber in die Schlacht ziehen, als sich den Rest seines Lebens zu fragen, ob er nicht doch etwas hätte tun können. Wenn tatsächlich die Chance bestand, den Lauf der Geschichte zu ändern, einen Weg zu finden, den Kampf bis zu James' Ankunft im Dezember hinauszuzögern, dann musste er sie beim Schopf packen. Sollte der Aufstand Erfolg haben und James seinen Platz als König von Schottland einnehmen, so würden dadurch die beiden nächsten Aufstände 1719 und 1745 verhindert werden. Viele Schotten würden am Leben bleiben, und viele Clans würden einem besseren Leben entgegensehen.
    Außerdem trieben ihn auch persönliche Gründe zu seinem Handeln. Wenn James VIII. als rechtmäßiger König den schottischen Thron bestieg, würde Dylan als Jakobit begnadigt werden, dann wäre er frei und könnte Ansprüche auf Cait und seinen Sohn erheben. Und genau das würde er auch tun, selbst wenn das bedeutete, dass er mit seiner Familie nach Amerika gehen müsste, um Cait die Schmach einer Scheidung zu ersparen und die Umstände von Ciarans Geburt zu verschleiern.
    So empfand er eine merkwürdige Freude, als Rob ihm die Erlaubnis erteilte, mit dem Haupttrupp der MacGregors weiterzumarschieren.
    Während des ganzen langen Fußmarsches zum Schlachtfeld hing Dylan seinen trüben Gedanken nach. Er wusste ungefähr, wo sie sich gerade aufhielten und wo ihr Ziel lag, doch obwohl ihn der Ausgang der Schlacht bekannt war, hatte er kaum eine Vorstellung davon, was genau sich bei Sheriffmuir zutragen würde. Hätte er doch nur ein Geschichtsbuch bei sich gehabt, als das Schwert ihn in die Vergangenheit beförderte!
    Am Morgen des dreizehnten November erwachte er inmitten tausender anderer Männer, die er nicht kannte, im provisorischen Lager bei Kinbuck in der Nähe des Allan Water, schüttelte Raureif aus seinen Haaren und rieb sich die Nase, um die Blutzirkulation anzuregen. Hätte er vor zwei Jahren bei solchen Temperaturen die Nacht im Freien verbringen müssen, wäre er steif gefroren aufgewacht, inzwischen aber hatte er gelernt, die Kälte weitgehend zu ignorieren. Rasch verzehrte er sein Frühstück: eine Hand voll Hafermehl, mit etwas Wasser vermischt und zu Klumpen geformt. Nachdem er gegessen hatte, wusch er sich die Hände und machte sich daran, seine Pistole zu laden.
    Zuerst füllte er Schießpulver in den Lauf und hoffte dabei nur, dass er nicht des Guten zu viel getan hatte, denn er brauchte seine rechte Hand noch und wollte nicht, dass sie zerfetzt wurde, falls die Pistole explodieren sollte. Danach stopfte er mit Hilfe des Ladestocks den Ladepfropf und die Kugel hinein; fest, aber hoffentlich nicht zu fest. Himmel, wie er es hasste, mit Schusswaffen herumzuhantieren! Er befestigte den Ladestock wieder unter dem Lauf, öffnete die Pfanne, spannte den Hahn halb und füllte dann feines Schießpulver in die Pfanne, ehe er die Waffe leicht schüttelte, damit das Pulver in das Zündloch rieselte. Dann schob er die Pistole in seinen Gürtel zurück.
    Nun war er bereit. Er nahm seinen Platz in der Reihe der anderen Männer ein und wartete auf

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