Vogelfrei
schüttelte und sich nicht von der Stelle rührte, nahm er sie am Ellbogen. »Vertrau mir«, sagte er leise. Sie sah ihm fragend ins Gesicht. »Vertrau mir«, wiederholte er, woraufhin sie widerstrebend gehorchte. Dylan schloss die Tür hinter ihr.
Er drehte sich gerade rechtzeitig um, um Iains Dolch auszuweichen, und duckte sich, sodass die Klinge neben seinem Kopf in der Tür stecken blieb. Während Iain seinen Dolch aus dem Holz riss, zog Dylan Brigid aus seiner Gamasche und sprang zurück, damit Iain ihn nicht in die Enge treiben konnte. »Ich liebe sie, Iain.«
»Was in diesem Fall überhaupt nichts zur Sache tut, Freundchen. Das unterscheidet dich nicht im Geringsten von einem Dutzend anderer Männer, die bedenkenlos das tun würden, was du getan hast.«
»Aber sie erwidert meine Liebe.« Dylan wich zur Treppe zurück. »Und das macht hier den Unterschied aus.
Iain folgte ihm. »Das gibt dir aber nicht das Recht, an ihrer Stelle oder an Stelle des Clans zu entscheiden, wen sie heiraten wird. Ich bin ihr Vater, die Entscheidung liegt allein bei mir.«
Dylan holte tief Atem und zwang sich zur Ruhe. Er musste jetzt fest an seinen Sieg glauben, oder der Kampf war von vornherein schon verloren. »Nein. Ich will sie heiraten, und ich werde sie auch heiraten.«
Iain stieß ein unartikuliertes Gebrüll aus und ging auf ihn los. Dylan wehrte den Angriff ab und wäre in seiner Eile, zurückzuweichen, beinahe die Treppe hinuntergestürzt. Vorsichtig tastete er sich jede einzelne dunkle Stufe hinab. Iain drang mit raschen, ziellosen Hieben auf ihn ein, die nicht viel Schaden anrichteten und wohl mehr dazu bestimmt waren, ihn in der Defensive zu halten. Dylan konnte sie mühelos parieren.
Am Fuße des Turms angelangt, mied er die Tür, die zum Gang hinter den Unterkünften derjenigen Haushaltsmitglieder führte, die nicht zur Familie gehörten. Er musste offenes Gelände erreichen, wo er sich ungehindert bewegen konnte. Iain durchschaute seine Absicht und versuchte daraufhin mit aller Gewalt, ihn an der Tür vorbeizudrängen, um ihn im untersten Raum des Turmes in die Enge treiben zu können.
Dylan setzte sich erbitttert zur Wehr. Zwar wollte er vermeiden, Iain anzugreifen und ihn vielleicht zu verwunden, aber er gedachte auch nicht, sich in eine ausweglose Lage hineinmanövrieren und eventuell sogar töten zu lassen. Also sprang er unvermutet einen Schritt zurück, sodass der wutschnaubende Iain einen Moment lang das Gleichgewicht verlor, dann stürmte er vorwärts, stieß den älteren Mann von der Tür weg und schlüpfte hindurch. Er rannte unter der Treppe zur Futterkammer hinweg in den Stall und von dort aus hinaus in den Burghof; Iain blieb ihm dicht auf den Fersen. Dylan lief weiter, bis er eine Stelle gefunden hatte, wo es ihm möglich war, sich zu verteidigen, ohne Iain zu verletzen. Dort drehte er sich um, um dem Gegner entgegenzutreten.
Iain hatte seine Chance, Dylan rasch und ohne Zeugen zu töten, verspielt, und diese Erkenntnis trieb ihm die Zornesröte ins Gesicht. »Du willst meine Tochter heiraten? Ausgerechnet du? Meinst du wirklich, ich würde sie einem Mann geben, der einen Schwur leistet und ihn bei der erstbesten Gelegenheit bedenkenlos bricht?« Er führte einen Hieb gegen Dylans Gesicht, der jedoch ins Leere ging. »Und noch dazu einen, der keinen Penny besitzt?«
»Ich habe versprochen, sie zu beschützen, und dieses Versprechen habe ich gehalten. Und ich werde sie für den Rest meines Lebens beschützen. Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass ihr kein Leid geschehen wird. Sie braucht mich. Verstehst du denn nicht, dass sie mit keinem anderen Mann glücklich werden kann?«
Iains Augen quollen aus ihren Höhlen. Einen Moment sah es so aus, als würde ihm die Wut die Sprache verschlagen, doch dann schnaubte er: »Für wen hältst du dich eigentlich? Bildest du dir ein, du wärst der einzige Mann auf der Welt, der meine Cait glücklich machen kann?« Wieder zielte er mit seinem Dolch auf Dylans Gesicht. Dylan wich der herabpfeifenden Klinge aus und versuchte sich umzudrehen, weil ihn die aufgehende Sonne blendete, doch Iain hinderte ihn daran. Langsam bewegten sich die beiden Männer auf die Ställe zu. Iain vollführte eine Finte, wollte Dylan dazu zwingen, zurückzuweichen, doch dieser ließ sich nicht täuschen und hielt die Stellung.
Er wusste nicht, wie lange er es noch vermeiden konnte, Caits Vater zu verletzen. Nackte Mordlust loderte in Iains Augen. Er würde erst zufrieden
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