Volk der Verbannten
der rechten Faust, so dass der Mann gegen die Begrenzungsmauer des Hofes prallte. Er rief sofort um Hilfe, aber Arekh rannte weiter, schlug mit dem Ellbogen das Schwert eines weiteren blaugesichtigen Kriegers beiseite, der zwischen den Säulenreihen aufgetaucht war, riss ihm die Klinge aus der Hand und hieb ihm mit dem Schwertgriff ins Gesicht, immer wieder, bis der Mann zusammenbrach. Ein weiterer Krieger erschien; Arekh schlug erneut zu, ohne nachzudenken oder auch nur Atem zu holen. Ein dumpfes Geräusch ertönte hinter ihm: Ein Pfeil war gegen eine Säule geprallt. Arekh drehte sich noch nicht einmal um. Er ging weiter, geradeaus, schnell, immer schneller, unter
einem Torbogen hindurch, bis in den großen Saal der Festung, in dem er eine Gruppe Verbannter aufstörte, die sich rings um ein Feuer unterhielten, das direkt auf dem Boden brannte.
»Marikani?«, schrie er wieder mit heiserer Stimme, während hinter ihm überraschte Schreie und Warnrufe ertönten.
Stimmen, Befehle … Er ignorierte sie, setzte seinen Weg bis zu einem weiteren Torbogen fort, bog abrupt nach links ab, stieß brutal einen Verbannten beiseite, der ihm mit einem Arm voller Pergamente im Weg stand, sah ein junges Mädchen mit langen blonden Haaren und einem Wasserkrug.
»Wo ist Ayesha?«, fragte er, während er näher herantrat.
Das Mädchen wollte protestieren, aber Arekh wiederholte schreiend seine Frage und hob sein Schwert. Das Mädchen brach in heftiges Schluchzen aus und deutete auf einen Torbogen in einiger Entfernung.
Arekh beschleunigte seine Schritte. Ein blutiger Nebel senkte sich vor seinen Augen. Ein gewaltiger Teppich verdeckte den Eingang; Arekh hob ihn an und trat ein. Seine Absätze trafen hart auf den Marmorboden.
» Marikani! «
Seine Stimme klang selbst in seinen Ohren harsch, eisig und gefährlich. Das hier war so weit entfernt von allem, was er gewollt und wovon er geträumt hatte, aber er war machtlos. Er hatte keine Kontrolle mehr über seine Kehle, seine Stimme, seinen Tonfall. Er ging weiter.
Und sah sie.
Ausgestreckt auf einer dünnen Jutematratze auf den Steinplatten des Bodens. Zwei verschlungene Körper
unter einer weißen Bettdecke. Der silberne Schein der Monde drang durch die hohen Fenster und tauchte einen alten Banketttisch und Holzstühle in bleiches Licht.
Vom Klang ihres Namens und dem Lärm der Schritte auf den Bodenplatten geweckt, setzte Marikani sich abrupt auf. Sie sah sich verwirrt um und zog die Bettdecke an die Brust.
Arekh trat einen Schritt auf sie zu.
Marikani starrte ihn an; in ihren Augen spiegelte sich wider, wie sehr ihr noch traumverhangener Verstand darum kämpfen musste, dem, was sie sah, einen Sinn zu verleihen. »Arekh?«
Sie stand auf, die Decke in einer Gebärde unnötiger Schamhaftigkeit an sich gepresst; die Stoffbahnen bedeckten nur ihre Körpermitte. Sie starrte Arekh mit offenem Mund an und warf dann einen Blick auf den nackten Mann, der auf dem Lager neben ihr gerade erwachte.
Zorn flackerte in Arekh auf wie Feuersglut.
»Arekh?«, wiederholte Marikani, und ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf ihrem Mund ab, als wage sie es nicht, ihren Augen zu trauen, als beginne sie gerade erst, daran zu glauben. Dann warf sie wieder einen Blick auf den Mann auf der Matratze …
Arekh trat drei Schritte vor und versetzte ihr mit aller Kraft eine Ohrfeige.
Marikani wich unter dem Aufprall zurück; Blut quoll aus ihrer Lippe, während der Mann vom Lager aufsprang und das Kurzschwert ergriff, das zu seinen Füßen lag. Arekh ignorierte ihn, packte Marikani am Hals und drängte sie gegen die Wand. Er holte aus, um sie erneut zu schlagen.
»Tu’s nur!«, zischte Marikani, und er sah, dass in
ihren Augen nun ein Zorn tobte, der seinem gleichkam. »Davon träumst du doch schon seit zwei Jahren, oder? Lass ruhig deine Wut an mir aus!«
Arekh zögerte, ließ sie dann los und trat einen Schritt zurück. Sein Magen war verkrampft, und sein Herz schlug bis zum Zerspringen. Der Mann mit dem Schwert drang mit erhobener Klinge auf ihn ein, aber Marikani hielt ihn mit einer Bewegung zurück. »Bara. Nein .«
»Aber …«, widersprach der Mann, schwieg dann jedoch angesichts von Marikanis gebieterischer Miene.
Dann wandte Marikani sich Arekh zu. Sie musterten einander eine ganze Weile und zitterten beide vor Wut.
»Nun, anscheinend lassen die Seelenleser ihre Beute doch irgendwann entkommen!« Marikani senkte den Kopf und warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Ihr seid nicht
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