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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Handelsposten befunden hatte.
    »Wir verweigern damit direkte Befehle des Hohepriesters«, fuhr Gilas fort, »und vor allem … vor allem geben wir vielleicht das Große Tor preis. Wenn Pilanos und die Männer aus Kinshara es nicht halten können … Vielleicht hätten unsere Armeen etwas daran ändern können.«
    Harrakin seufzte und sah die Reiter aus Harabec vorbeiziehen, gefolgt von den Armbrustschützen. »Die Sakâs haben immer auf Schnelligkeit gesetzt«, erklärte er. »Ihre ganze Strategie …« Er zuckte die Achseln. »Seit sie die Berge überschritten haben, haben sie nie haltgemacht. Sie haben nie versucht, ihre Stellungen zu befestigen. Manchmal haben sie sich noch nicht einmal die Zeit genommen, eine Stadt zu plündern, bevor sie sie niedergebrannt haben. Deshalb haben sie uns überrumpelt. Jeder andere Feind hätte sich mindestens einige Wochen in Faez aufgehalten, um seinen Sieg auszunutzen und seine Position zu stärken.«
    »Um die Haremsdamen zu vergewaltigen«, sagte Gilas mit einem schwachen Lächeln. »Wenn man sich schon die Mühe macht, den Palast des Emirs zu erobern, kann
man doch genauso gut die Wonnen, die er zu bieten hat, auskosten …«
    Harrakin nickte. »Genau. Das ist der Unterschied zwischen zivilisierten Männern und Barbaren, mein Lieber. Zivilisierte Männer schänden, bevor sie Brände legen. Die Sakâs stecken sofort alles in Brand. Diese Leute haben kein Benehmen!«
    Gilas lachte ein wenig, bevor er den Blick zum Himmel hob. Es war sonnig und kühl, und vom Grat des Großen Kreises dort oben musste man eine hervorragende Sicht haben. Gilas hätte viel darum gegeben, sich dort zu befinden. Um mit eigenen Augen zu sehen, wo der Feind stand.
    Er hatte in den letzten Tagen so viele Landkarten studiert, dass er Kopfschmerzen hatte, er hatte so viele Pfeile und Kreuze, die für die Sakâs stehen sollten, gezeichnet, dass Linien und Pläne sich in seinen Träumen miteinander vermischten. Aber er wusste - und zwar nur zu gut, da er seit fünfundzwanzig Jahren Offizier war -, dass die Kreuze und Pfeile nur Striche auf dem Papier waren. Die Gefahr bestand darin, sich selbst hinters Licht zu führen und anzunehmen, dass das, was man auf die Karten gezeichnet hatte, der Realität entsprach, und so seine Strategie auf dem Treibsand der Spekulation aufzubauen.
    Harrakin ergriff mit bedächtiger, beherrschter Stimme wieder das Wort. Seit sie Seite an Seite kämpften, hatte Gilas noch nie erlebt, dass er die Fassung verlor. »Die Sakâs sind nicht hier, um zu erobern. Sie sind hier, um zu zerstören. Und die Zeit arbeitet gegen sie. Wenn alle Armeen der Königreiche sich vereinigt hätten, wenn wir die Zeit gehabt hätten, unsere Grenzen und Städte zu verteidigen, dann hätten wir sie aufgehalten. Wir sind
besiegt worden, weil sie uns keine Atempause gegönnt haben.«
    Ein Schwarm Wildgänse flog hoch oben schnatternd über sie hinweg, und Gilas es Maras ertappte sich bei dem Versuch, das Vorzeichen deuten zu wollen. Er war kein Priester, aber er kannte sich mit einfachen Omen aus.
    Die Keilformation der Vögel war lang gestreckt, ihre Geschwindigkeit hoch. Die Gänse waren schwarz. Das bedeutete: »Gefahr und Eile«.
    Sehr nützlich. Gilas schüttelte verbittert den Kopf. Am Vorabend von Schlachten hatten die Götter ihm bei allen Prophezeiungen und Orakeln stets nur offensichtliche oder paradoxe Hinweise geliefert.
    Harrakin hatte ebenfalls einen Blick auf die Gänse geworfen. Er lachte leise, als ob er den gleichen Schluss gezogen hatte wie Gilas. »Die Sakâs sind nicht hier, um Reynes zu belagern«, fuhr er fort. »Das ist nicht ihre Art. Sie haben gar nicht die Mittel, lange durchzuhalten. Nein, sie wollen rasch gewinnen, wie immer. Und sie wissen, dass unsere Armeen sich vor dem Großen Tor sammeln …«
    »Aber sie sind in der Überzahl«, sagte Gilas. »Sie haben Siegeschancen.«
    »Sie sind sich dessen nicht sicher«, beharrte Harrakin. »Und der Kampf droht sich in die Länge zu ziehen. Das ist nicht das, was sie wollen.«
    Gilas nickte. Er wusste, wie es weiterging: Harrakin und er hatten bereits darüber gesprochen. Nach Ansicht des Königs von Harabec rückten zwei der Sakâs-Armeen nach Süden vor, um die Stadt von der Flanke anzugreifen, durch die Tore der Westmauer, die kleiner und weniger stark bewacht waren. Wenn, so Harrakin weiter, die
Sakâs die Späher und die Botenvögel getötet hatten - seit achtundvierzig Stunden hatte sie kein Kââs mehr erreicht -, war das

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