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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Militärkommandeur, der von seinen Männern vergöttert wurde und mehrere Kriege gegen Feinde Harabecs gewonnen hatte.
    Und jetzt steht er hier vor mir , dachte Gilas. Trotz seiner
Feinde am Hof, seiner Rivalen, all derer, die von seinem Tod geträumt haben und noch träumen, all jener, die seinen Platz begehren … Er lebt noch, und er ist König.
    Harrakins Instinkt musste verlässlich sein.
    Gilas nickte knapp. »Gut. Ich folge Euch.«
     
    »Ich werde mich nicht von hier wegrühren«, sagte Vashni.
    Die vier Soldaten an der Tür ihres Zimmers wirkten eher verstimmt als bedrohlich. Die junge Frau deutete auf die Kissen und Seidenvorhänge, die unter hohem Kostenaufwand aus Harabec hergeschafft worden waren, die Schmuckkästchen, die Kleidertruhen, die vor Gewändern und weiten Moiré-Hosen überquollen, die Beutel, die zahlreiche Parfümfläschchen, Kämme und Schminktöpfe enthielten.
    »Es kommt nicht infrage, dass ich mein Gepäck zurücklasse, und ich habe keine Zeit, es zu ordnen.«
    »Aber …«, begann einer der Soldaten.
    »Da gibt es kein ›aber‹«, unterbrach ihn Vashni. »Ihr habt mich schon zwei Mal gezwungen, umzuziehen. Zuerst, als Laosim… als der Hohepriester alle ausländischen Delegationen aus dem Ratsgebäude weggeschickt hat, und dann, um mich hierherzubringen.«
    »Der Hohepriester wollte, dass alle ehrenwerten Gesandten unter möglichst luxuriösen Bedingungen untergebracht würden …«
    »Das sind sie. Und ich bleibe.«
    »Ehari Vashni«, sagte ein anderer Soldat, der älter und weniger ängstlich war, »Ihr seid an diesem Ort nicht sicher.«
    »Ich bin in Reynes nicht sicher?«

    »Nicht so nahe an der Westmauer«, sagte der Soldat leise, als schäme er sich für dieses Eingeständnis von Schwäche. »In der Nähe wird gekämpft.«
    »Gekämpft?«, wiederholte Vashni. »Wer kämpft hier? Ich dachte, die Sakâs würden aufs Große Tor zumarschieren.«
    Der Soldat machte eine vage Gebärde. »Tut mir sehr leid, Ehari, aber wir dürfen nicht … Bei allem Respekt, Ihr müsst gehen. Die anderen Mitglieder der Delegationen sind schon wieder dabei, in die Flügel des Ratsgebäudes einzuziehen.«
    »Also habt Ihr uns nur hinauswerfen lassen, um uns eine Woche später wieder zurückzuholen? Das ist absurd.«
    »Ehari …«
    »Ich bleibe hier.«
    Die Soldaten beharrten eine gute halbe Stunde lang, bevor sie sie endlich in Ruhe ließen. Vashni musste ihnen erst drohen, sie wegen Schädigung der Würde einer ausländischen Delegation zu verklagen, bevor sie sich entschlossen zu gehen. Dann setzte Vashni sich still aufs Bett und blieb eine Weile so sitzen, während sie durch das kleine Fenster des Quellenpalasts zusah, wie die Sonne unterging. Als die Sakâs-Armeen die Grenze überschritten hatten, hatten die Ratsherren beschlossen - nur die Götter wussten, warum! -, alle Delegationen der südlichen Länder zu evakuieren und sie in verschiedenen Stadtpalästen unterzubringen.
    Dort waren sie eine Woche geblieben. Nun hatten die Ratsherren ihre Meinung geändert.
    Vashni seufzte. Vor ihren Augen wurde der Himmel erst tiefblau, dann schwarz.
    Die junge Frau verließ langsam ihr Zimmer und schritt
durch die verlassenen Gänge. Manche Diener waren noch da, verteilten Fackeln und reinigten die Teppiche. Es waren alles freie Männer und Frauen - die Sklaven waren entweder tot oder längst geflohen. Und das sieht man , dachte Vashni, während sie kritisch beobachtete, wie wenig gründlich eine Frau mit braunen Zöpfen die Bodenfliesen des großen Esszimmers wischte. Die Haushaltssklaven hatten zügig und gut gearbeitet; ihre Technik hatte sich in jahrelanger Übung verbessert. Freie Diener hatten immer ehrenhaftere Aufgaben ausgeübt wie die einer Kammerzofe oder eines Kochs. Sie waren solch grobe Arbeiten nicht gewohnt.
    Die Welt hatte sich verändert.
    Und ändert sich noch , dachte Vashni, als sie den verlassenen Wirtschaftstrakt durchquerte, um den hinteren Hof zu erreichen, der zwischen dem Palast und der Stadtmauer lag.
    Der Himmel bot nicht mehr denselben Anblick, die Sklaven hatten ihre Göttin gefunden …
    Und nahe der Westmauer wurde gekämpft, und Reynes war nicht mehr sicher, und Marikani, die über einen der kultiviertesten Höfe der Königreiche geherrscht hatte, war selbst nur eine Sklavin.
    Und Vashni wusste nicht, welche Schlüsse sie daraus ziehen sollte.
    Sie überquerte den Hof und ging auf die steinernen Treppenstufen zu, die an der Innenseite der Mauer emporführten. Die Treppe

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