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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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geschehen, um zu verhindern, dass jemand reagieren konnte, bevor es zu spät war.
    Gilas war nicht völlig überzeugt, aber er hatte sich bereiterklärt, nach Westen abzuschwenken. Nicht, weil Harrakins Schlüsse unbedingt richtig sein mussten, aber weil … nun ja, weil die Späher nicht zurückgekehrt waren. Das war eine Tatsache, klar und unbestreitbar. Was der König der Sakâs beabsichtigte, würde sich erst noch zeigen müssen, aber der Tod der Kundschafter bewies, dass sich mindestens eine Barbarenarmee weiter südlich befand als angenommen.
    Gilas Leutnants ritten beide an der Spitze des ersten Zia . Gilas schloss sich ihnen an und erkundigte sich nach der Moral der Männer und dem Zustand der Vorräte. Lavin, der ältere der beiden Offiziere, begann gerade seinen Bericht, als bei der Vorhut Alarm geblasen wurde; gleich darauf waren das Sirren von Pfeilen, Schreie und Befehle zu hören.
    Gilas trieb sein Pferd zum Galopp an, aber bei seiner Ankunft war die Schlacht schon wieder vorüber. Es war nur ein Scharmützel gewesen. Fünfzig Sakâs waren plötzlich zur Linken aufgetaucht und hatten versucht, ihnen den Weg zu versperren. Die Männer der Reyneser Vorhut hatten sie niedergemetzelt. Aber die Angreifer waren kein isolierter Trupp gewesen. Weiter östlich näherten sich weitere Sakâs ihrer linken Flanke - das verrieten die Feuer, große, orangefarbene Feuer, die etwa eine halbe Meile entfernt dichten Rauch aufsteigen ließen.
    Sie kamen.
    Die erste Sakâs-Armee marschierte direkt auf sie zu.

    Lavin stieß zu Gilas; dieser deutete auf die Hornisten. »Lasst zum Anhalten blasen. Wir müssen die Truppen Stellung beziehen lassen und ihnen den Weg versperren, bevor …«
    »Gilas.«
    Harrakins Stimme. Gilas drehte sich um.
    »Könnte ich Euch einen Moment sprechen?«
    Gilas nickte, und die beiden Männer stiegen vom Pferd. Nach kurzem Zögern rief Gilas Lavin zurück.
    »Herr?«, fragte der Leutnant.
    »Wartet«, sagte Gilas. Er warf einen Blick zu Harrakin hinüber. »Der Befehl ist noch nicht bestätigt.«
    Der Offizier entfernte sich. Gilas wandte sich wieder dem König von Harabec zu. »Ihr wollt weitermarschieren. Ihr wollt, dass wir weiter auf die Mauern zuhalten.«
    Harrakin nickte. »So schnell wie möglich. Diese Männer haben sich auf uns gestürzt, um uns aufzuhalten. Damit wir die vernünftigste Entscheidung treffen: die, anzuhalten und uns dem Angriff zu stellen, statt zuzulassen, dass sie uns in die Flanke fallen …«
    Gilas wusste, was kommen würde, aber er wartete schweigend ab.
    »Wenn wir das tun, werden sie sich in zwei Gruppen teilen. Die eine wird den Auftrag haben, uns aufzuhalten, während der Rest der Armee uns umgehen wird. Sie werden die Tore der Westmauer vor uns erreichen. Das wollen sie, davon bin ich überzeugt.«
    Gilas verzichtete wieder einmal darauf, das Offensichtliche auszusprechen: Wenn sie in einem Gewaltmarsch vor den Sakâs hereilten, würden diese das ausnutzen, um ihnen immer wieder in die Flanke zu fallen. Sie würden vielleicht durchkommen, aber nur unter schweren Verlusten.
Ihre Soldaten würden bewegliche Zielscheiben bilden, auf die die feindlichen Bogenschützen nach Herzenslust schießen konnten.
    »Es ist keine leichte Entscheidung, das weiß ich«, sagte Harrakin leise.
    Je weiter sie sich entfernten, desto stärker handelten sie Laosimbas Befehlen zuwider. Vielleicht spielt das keine Rolle , dachte Gilas, als er sich umdrehte, um die orangefarbenen Feuer der Feinde zu betrachten. Sollte Laosimba doch in den Abgründen verrotten! Das Wichtigste war, die richtige Entscheidung zu treffen. Wenn Harrakin recht hatte, wenn die Sakâs wirklich auf die Tore der Westmauer zuhielten, dann stellte sich die Frage gar nicht. Sie mussten weiter und vor ihnen eintreffen.
    Aber es bewies nun einmal nichts, dass Harrakin recht hatte. Die Sakâs hatten vielleicht ganz andere Absichten. Vielleicht versuchten sie sogar, sie zu überlisten, um sie vom Großen Tor wegzulocken.
    Und wenn das Große Tor fiel, weil sie nicht da waren? Weil sie den Befehl verweigert hatten?
    Nein, es war keine leichte Entscheidung.
    Alles hing von Harrakins Intuition ab.
    Gilas drehte sich um und musterte den jungen König von Harabec. Wer war dieser Mann? Den Gerüchten nach ein ehrgeiziger Adliger, der gelogen, intrigiert und gemordet hatte, um dorthin zu kommen, wo er war, ein Mann, der seine Frau verraten hatte, um ihren Platz auf dem Thron einzunehmen.
    Und auch ein hervorragender

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