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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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und trugen weiße oder braune Gewänder. Die Verbannten in ihren dunkleren oder im Gegenteil sehr bunten Gewändern aus dem Süden gingen ebenfalls hin und her, drehten sich um, blieben stehen und spazierten umher, aber beide Gruppen begegneten sich nie. Die Einwohner von Faez schritten auf Stein; die Verbannten schritten nur in den Kanälen, die Füße im Wasser … wie in einem komplizierten Tanz, in dem Männer und Frauen elegant über gebohnertes Parkett glitten und einander umkreisten, ohne sich je zu berühren.

    »Danke, Vahas Eh Mered«, sagte Marikani und verneigte sich leicht. Dann drehte sie sich um, um die Verbannten in Augenschein zu nehmen.
    Im nächstgelegenen Kanal befanden sich drei Gruppen: Ein Pärchen mittleren Alters war einige Schritte entfernt. Die Frau zog eine Art Schubkarren hinter sich her, der genauso breit war wie der Kanal: Er enthielt Gewürze und Satinballen. Sie verhandelten gerade mit einem Ladenbesitzer, der einen Schritt vom Rand des Kanals entfernt vor seiner Bude stand. Etwas weiter entfernt standen zwei kräftige, braungebrannte Männer in Lederkleidung; einer von ihnen hatte ein narbenübersätes Gesicht. Sie standen mit verschränkten Armen da und beobachteten den Handel. Links von Marikani befanden sich zwei Frauen mit rot und grün gemusterten Schultertüchern, die schwere Säcke auf dem Rücken trugen und sich miteinander unterhielten.
    Was sollte sie jetzt tun?
    Marikani wollte wieder in Kontakt mit den Verbannten treten, aber da sie nicht gewusst hatte, wo und unter welchen Umständen sie ihnen begegnen würde, hatte sie nicht weiter geplant. Sie wusste nicht, wie sie mit ihnen sprechen und sie überzeugen sollte - und das vor den aufmerksamen Augen eines jungen Offiziers des Emirs, der vielleicht immer noch ein wenig misstrauisch war! Das hatte sie so nicht geplant.
    Sie zögerte … Und begegnete Yassî Eh Mereds Blick. Wie sie befürchtet hatte, wandte er sich nicht zum Gehen. Er beobachtete sie schweigend mit verschränkten Armen, wartete auf ihre nächste Bewegung.
    Vielleicht war es kein Misstrauen. Vielleicht war es Ritterlichkeit. Er würde sie erst verlassen, wenn sie außer
Gefahr war. Er machte ihr die Sache jedenfalls nicht leicht.
    Marikani schenkte ihm ein angespanntes Lächeln und ging - gefolgt von Bara, dessen ungeheure Anspannung sie spürte, ohne ihn berühren zu müssen - am Kanal entlang und auf die beiden in Leder gekleideten Verbannten zu.
    Die zwei Männer bemerkten sie sofort, und wie die Vahas sahen sie schweigend zu, wie sie näher kam, und registrierten jede ihrer Bewegungen.
    Da sie sich bewusst war, dass Yassî Eh Mered nur zwei Marktstände entfernt stand und sicher die Ohren spitzte, um das Gespräch zu belauschen, sprach Marikani mit gesenkter Stimme: »Ich muss mit dem Herrn der Verbannten sprechen. Es ist dringend.«
    Der narbengesichtige Verbannte musterte sie stumm. »Wir haben keinen Herrn«, sagte er schließlich. »Verzieh dich wieder nach Kiranya, Frau!«
    Da sie noch immer den Blick des jungen Adligen auf ihrem Rücken lasten fühlte, lächelte Marikani und machte eine liebenswürdige Geste, als ob die Verhandlung wie geplant lief; ohne aufzuhören zu lächeln, fügte sie dann mit harter Stimme hinzu: »Spart Euch Eure Lügen für die Uneingeweihten und sagt dem Fürsten des Joar, dass die zurück ist, die das Ritual der Hathot-Nebel mit ihrem Gefährten und ihrer Begleiterin durchlebt hat. Drei Fremde. Armbrustbolzen im Fluss. Der nächtliche Angriff der Männer des Emirs. Der Feuerkreis. Wir müssen miteinander reden. Wiederholt ihm das alles. Ich brauche Euch, um die Nachricht zu übermitteln - und zwar schnell!«
    »Er hat blaue Augen«, sagte der zweite Verbannte plötzlich und deutete auf Bara. »Er hat blaue Augen!«

    Ringsum begann man, sie seltsam anzusehen. Passanten drehten sich nach ihnen um. Das Feilschen um die Satinballen und Gewürzsäcke war zum Erliegen gekommen: Der Anblick der fremden Dame, die so leidenschaftlich mit den beiden Verbannten diskutierte, war viel spannender.
    »Ja, er hat blaue Augen«, seufzte Marikani. »Und das ist ein Teil der Nachricht. Sagt Eurem Herrn, dass ich in Begleitung eines Mannes mit blauen Augen bin. - Und jetzt«, fügte sie hinzu, als der Verbannte gerade die Hand heben wollte, um sie zu unterbrechen, »werde ich mit meinem Diener in den Kanal steigen, und Ihr werdet lächeln und mir auf die Schulter klopfen, als hättet Ihr mit meiner Ankunft gerechnet und wärt erfreut, mich

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