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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Meilen nordöstlich von hier, in der Nähe der Stadt Males. Es sind auch Fußsoldaten dort … ein paar hundert, die genaue Zahl kenne ich nicht. Offiziell gehören sie der regulären Armee an, aber ein alter Schwur bindet sie an die Familie Maharoud, schon seit dem Fall von …«
    »Pier.«
    »Ich fasse mich kurz! Fußsoldaten. Weiter weg. Hundert Meilen von hier. Sie stoßen später zu uns.«
    »Wie habt Ihr uns gefunden?«, begann Arekh, aber Lionor unterbrach sie erneut: »Später! Lasst uns gehen. Jetzt«, sagte sie und nahm den Schal ab, den sie um den Hals getragen hatte, um das Kind einzuhüllen.
    Pier drehte sich um und trat einen Schritt auf das Gitter zu.
    Arekh sah noch einmal die Flüchtlinge an. »Nein.«

     
    Pier zog eine Flasche aus der Tasche, nahm einen Schluck und reichte sie dann Arekh. Dieser trank und spürte, wie der Alkohol ihn wärmte; er ließ in seinem Mund einen Nachgeschmack von Kräutern und Honig zurück.
    Sie saßen allein im hinteren Bereich der Höhle, mit dem Rücken an den Felsen gelehnt.
    »Ich kann ihre Freiheit nicht erkaufen«, sagte Pier und musterte die Familien, die auf dem Boden saßen. »Ich habe nicht das nötige Geld, und selbst wenn ich es hätte - sie würden sofort bemerkt werden. Zweihundert verhärmte Menschen, die alle gesucht werden, Frauen und Kinder, die plötzlich aus den Abwasserkanälen kommen? Und die Sklaven?«, fuhr er fort, indem er auf die junge blonde Frau und ihr Kind deutete. »Sie würden keine drei Schritte weit kommen, bevor man sie tötet!«
    Arekh seufzte und ließ den Kopf gegen die Wand sinken. Schließlich begann er zu lachen. »Pier«, sagte er, »noch einmal von Anfang an. Beginnt noch einmal neu! Was tut Ihr hier? Wie habt Ihr uns gefunden? Diese Geschichte von den Reitern …«
    »Oh, die ist wahr«, sagte Pier und schloss die Flasche wieder. »Vertraut Ihr mir etwa nicht?«, fügte er gekränkt hinzu.
    »Ich vertraue Euch«, sagte Arekh. »Aber da ist noch mehr. Nicht wahr?«
    Pier nickte. »Da ist noch mehr.«
    Arekh lachte erneut. »Ein Teil von mir kann immer noch nicht glauben, dass Ihr hier seid, an meiner Seite … Wir waren gerade dabei, unsere Flucht vorzubereiten, und plötzlich taucht Ihr aus dem Nichts auf, um mit erschreckender Selbstverständlichkeit irgendetwas von Fußsoldaten zu erzählen. Ich bin mir nicht sicher ob …« Arekh
machte eine angewiderte Gebärde. »In der Zelle hatte ich Halluzinationen. Ich habe noch immer Schwierigkeiten, wahr und falsch voneinander zu trennen. Manchmal frage ich mich, ob Lionor und ich nicht noch dort sind. Ob ich nicht alles geträumt habe.«
    »Das ist ein klassisches Phänomen«, sagte Pier und entkorkte die Flasche erneut. »Die Verbindung mit der Wirklichkeit wird bei Gefangenen, die zu lange eingesperrt sind, sehr dünn. Im Jahre 938 hat der Hohepriester von Reynes Experimente mit zweihundert kiranyischen Gefangenen angestellt. Nach drei Jahren Gefangenschaft in völliger Dunkelheit konnte nur noch ein Drittel von ihnen Traum und Wirklichkeit auseinanderhalten.«
    »Was für ein lustiges Experiment. Die Priester von Reynes haben einen anderen Sinn für Humor als ich. Vielleicht verstehe ich mich deshalb nicht mit Laosimba.«
    »Aber das hier ist kein Traum«, beharrte Pier und reichte Arekh die Flasche, nachdem er selbst getrunken hatte. »Ihr seid entkommen, das kann ich Euch bestätigen. Die Wachen der Ratsversammlung haben tagelang nach einem Zugang in den siebten Hof des Verbotenen Gartens gesucht. Sie haben sogar die Archive nach den alten Grundrissen durchstöbert. Dann ist der Krieg ausgebrochen, und sie haben beschlossen, dass Ihr tot sein müsstet. Dass Ihr, selbst wenn Ihr den Sturz überlebt hättet, gestorben sein müsstet, vor Hunger und Durst, eingesperrt auf dem kleinen Hof. Euer Tod ist offiziell in den Akten vermerkt worden.«
    »Ich fühle mich geehrt. Aber es gab einen Zugang. Eine kleine Tür«, sagte Arekh. »Mit dem geheiligten Zeichen
der Gärtner des Fîr versehen. Sie war nicht verriegelt und führte zu einer Treppe, über die man in den Keller des Tempels gelangt …«
    »Oh, ich weiß.«
    Arekh drehte sich zu Pier um, der lächelte. »Ihr wisst das?«
    »Natürlich. Erinnert Ihr Euch an die Parnati-Legenden? An die Geschichte vom Goldenen Vogel, der im Verbotenen Garten eingesperrt ist?«
    Arekh war schwindlig. Er stellte die Flasche ab. »Pier, ich weiß noch nicht einmal, wovon Ihr sprecht.«
    »Diese Stadt wird noch einmal am Bildungsmangel zugrunde

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