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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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gehen!«, knurrte Pier. »Das sind Kindergeschichten, die vor tausend Jahren verfasst wurden. Sie erwähnen sehr deutlich die heiligen Gänge der Gärtner in den Kellern der Tempel des Ratsgebäudes rings um den Verbotenen Garten. Als ich diese Texte wiedergefunden habe, habe ich begriffen, dass es eine ganz kleine Chance gab, dass Ihr überlebt hattet. Ich habe mich gefragt, wohin Ihr wohl gegangen wärt. Und dann ergab sich eines aus dem anderen.«
    »Wirklich?«
    »Natürlich.« Pier wirkte amüsiert. »Im-Ahrs Schreibzimmer war ein erster Hinweis. Ich habe Spuren Eures Aufenthalts dort gefunden. Danach musste ich nur den wichtigsten Schleuserbanden Geld bieten, um zu erfahren, an wen Ihr Euch gewandt hattet. Der fünfte Versuch hat zum Erfolg geführt.«
    »Warum? Die Wahrheit, Pier!«
    »Es war meine Idee«, sagte der Priester. »Meine Initiative. Ich habe … Freunde.«
    »Die Art von Freunden, die imstande sind, einen Bibliothekar
wie Euch zum Botschafter beim Hohen Rat von Salmyra zu machen?«
    »Ja. Die Art von Freunden. Der neue Hohepriester von Reynes ist zwar einflussreich, aber nicht alle Mitglieder der Ratsversammlung sind mit seinen Entscheidungen einverstanden. Und … Arekh …« Piers Gesicht war plötzlich ernst. »Ist Euch bewusst, dass Ihr die einzige mögliche Verbindung zwischen Reynes und Ayesha seid?«
    Arekh dachte über die Frage nach, versuchte vorauszusehen, was Pier sagen würde und was dieses Gespräch zu bedeuten hatte. »Verläuft der Krieg so schlecht?«, fragte er schließlich.
    Pier sah ihn über seinen Zwicker hinweg an und begann dann, die Brillengläser zu putzen. »Ich fürchte ja.«
    Ein kleiner blonder Junge lief an ihnen vorbei, drehte sich dann um und schnitt Pier eine fürchterliche Grimasse, bevor er wegrannte.
    Pier sah wieder die Flüchtlinge an. »Die Sklaven«, murmelte er und musterte noch einmal die junge blonde Frau und ihr Kind. »Wenn Ihr mit ihnen ankommt … wenn Ihr sie bis zu Ayesha führt … Das würde vielleicht dabei helfen, Euch anzuhören. Aber wir müssen erst einmal hier raus.« Er sah zu den Tunneln hinüber.
    Arekh schüttelte den Kopf. »Ich habe auch schon darüber nachgedacht, aber sie sind garantiert verbarrikadiert, spätestens auf Höhe der Mauern. Die Schleuser würden nicht so gut bezahlt werden, wenn jeder einfach unter der Erde durchkommen und flüchten könnte.«
    »Oh, das sind sie«, sagte Pier sanft. »Verbarrikadiert, meine ich. Aber es gibt weitere Tunnel. Tiefere. Ältere. Ihr glaubt mir vielleicht nicht, aber ich denke, dass es ein
ganzes Netz von Gängen gibt, das den Osten des Kontinents bis an die Berge durchzieht. Gänge, die älter sind als das Alte Kaiserreich.«
    Arekh dachte an die Löwenköpfe, die in den Stein der Tunnel in den Bergen gehauen waren. »Ich glaube Euch.«
    »Ich kenne Zugänge«, sagte Pier leise. »Einstiege, von denen nur alte Bibliothekare wie ich wissen, die jahrelang Zeit hatten, in den Archiven zu stöbern. Wenn Ihr wollt …«
    »Wir gehen alle zusammen«, sagte Arekh und wies auf die Flüchtlinge. »Nicht nur die Sklaven.«
    Pier nickte. »Alle. Danach schließt Ihr Euch in Males Amîns Reitern an. Ich stoße dann später in Kiranya zu Euch.«
    »Sehr gut.«
    »Ihr seid die einzige Verbindung«, wiederholte Pier.
    »Verstanden.«
     
    Die Armee von Sleys, die über die Bergstraße hätte kommen sollen, war von zwei Sakâs-Horden in die Zange genommen worden. Gilas es Maras erhielt diese Nachricht zu spät. Also wurden die Verbündeten völlig überrumpelt, als statt der erwarteten Verstärkung die Sakâs auf der Straße über ihnen auftauchten.
    Ein Steinhagel und ein Regen siedenden Öls gingen von der Brücke herab auf die Männer aus Reynes nieder, die in Panik gerieten, während ein weiterer Trupp Sakâs von Osten angriff und sie zum Rückzug zwang. Harrakin und Gilas gaben sofort die nötigen Befehle und sorgten dafür, dass ihre panischen Männer sich sammelten, aber die Sakâs begannen bereits herabzuströmen.
    »Ich gehe«, sagte Manaîn. Und mit hundert seiner
Männer begann er mit gezogenem Schwert, die Stufen hinaufzusteigen, um ihren Rückzug zu decken.
    Während Harrakins Männer nach Osten eilten, um sich zum Großen Kreis, nach Reynes, zurückzuziehen, warf Harrakin einen letzten Blick auf das Gemetzel, das sich auf der Treppe abspielte. Manaîn, seine Männer und die Sakâs waren mitten auf den Stufen aufeinandergetroffen. Die Leichen der Männer des Emirs und der Sakâs fielen Seite

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