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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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Museumsbesuch mit der Schule so einen Schreck eingejagt hatte, dass er seither nie wieder in einem Museum gewesen war.
    Oh mein Gott! Sie war tot!
    Ihr Herz hatte gestern Nacht, als sie … also als sie … also das musste natürlich für eine Frau ihres Alters schon furchtbar anstrengend gewesen sein. Und da hatte eben das Herz nicht mehr mitgemacht.
    Als Suchanek nach dieser Erkenntnis gerade begann, sich eine Erklärung für den Amtsarzt zurechtzulegen («Und dabei sag ich noch zu ihr, Herr Doktor, nein, Urli, mach lieber keine Brücke»), schmatzte die Urli ein wenig, machte den Mund dreimal zu und wieder auf und fing dann leise zu schnarchen an.
    Suchanek wollte da jetzt keine Missverständnisse aufkommen lassen. Er war ja ein großer Freund der Gleichberechtigung der Frau, ihrer Befreiung und überhaupt von allem. Und selbstverständlich war er entschieden dafür, dass Frauen auch noch im Klimakterium ein aktives, erfülltes, von ihm aus auch sehr gerne versautes Sexleben genießen konnten.
    Aber doch nicht mit ihm!
    Er war in der Blüte seiner Jahre! Gut, ja, er war sexuell vielleicht nicht mehr ganz auf dem absoluten Höhepunkt. Er hatte einmal in «Men’s Health» gelesen, also quasi seinem Leib- und Magenblatt, das im Wartezimmer bei dem Hautarzt gelegen war, der ihm dann ein paar Genitalwarzen weggelasert hatte, dass dieser Höhepunkt mit 25 erreicht sei. Wobei: nicht, dass es ihm aufgefallen wäre. Und es hatte damals, weil es bilanztechnisch nämlich ein ganz schlechtes Jahr gewesen war, leider auch sonst niemand, also zum Beispiel eine Frau, die Chance genützt festzustellen: huh, also dieser Suchanek! Da geht aber ordentlich was weiter. Sag, wie alt bist du? 25 ? Ah! Hab ich mir doch gleich gedacht!
    Aber auch mit 33 war ja im Vergleich zu 25 sicherlich noch nicht so viel um. Also Blüte, jawohl, immer noch. Und in dieser Blüte … strotzte er dermaßen vor testosterongesättigter Selbstsicherheit, dass er zum Beispiel nicht etwa vor der Susi davonlief, um dann mit der Burli-Urli im Bett zu landen.
    Auf der anderen Seite von der Urli lag übrigens der Grasel. Das machte es jetzt aber auch nicht wirklich besser.
    Suchanek wälzte sich stöhnend aus dem Bett, versuchte, unter den am Boden verstreuten Kleidungsstücken seine Unterhose ausfindig zu machen, beschloss schließlich, auf die Unschuldsvermutung zu pfeifen und einen Verdacht schon ausreichen zu lassen, zog also das am ehesten in Frage kommende Fundstück an und taumelte dann aus Grasels Spielzimmer in die Küche. Dort setzte er sich an den Tisch und begann, den Kühlschrank niederzustarren. In der folgenden halben Stunde machte er sich eine Menge Gedanken über sein Leben. So zwei waren es sicher. Dann klopfte es draußen an der Tür.
    Suchanek tat, was er in dieser Situation immer tat: Er aktivierte umgehend seinen Totstell-Reflex. Außerdem war er ja hier nicht einmal zu Hause. Das traf sich ausgezeichnet, denn unter diesen Umständen konnte er ja schon gar nicht aufmachen. Wäre ja unhöflich gewesen.
    Es klopfte wieder. Was konnte an einem Sonntagmorgen schon so wichtig sein? Noch dazu an einem Sonntagmorgen, an dem man neben der nackten Burli-Urli aufwachte? Genau. Gar nichts.
    Aber es klopfte noch einmal. Und es war zwar kein zügelloses Hämmern, wie von einem hosenlosen Suchanek, der sich gerade wieder einmal auf der Flucht vor einem Mörder befindet, aber dennoch lang und energisch genug, um zu verdeutlichen: Ich weiß, dass du da bist. Und ich gehe sicher nicht einfach wieder weg. Also mach schon auf!
    Suchanek schlich ins Vorzimmer. Höchste Umsicht war geboten. Wenn am Gesetz der Serie was dran war, dann stand da draußen jetzt, so, wie der Tag begonnen hatte, Godzilla und hatte ganz üble Laune. Suchanek öffnete die Tür einen winzigen Spalt und spähte hinaus. Da war aber bloß eine weißhaarige Frau mit dunklen Knopfaugen in einem kleinen Mausgesicht.
    «Guten Morgen», sagte die Lengauer Milli und lächelte Suchaneks rechtes Auge freundlich an. «Tut mir leid, dass ich am Sonntag in aller Herrgottsfrüh so einfach hereinplatze. Ihr habt’s ja gestern sicher länger gefeiert. Aber es ist wirklich wichtig. Ich habe gehört, der kleine Suchanek soll bei dir sein?»
    Suchanek machte verwundert die Tür ein Stück weiter auf. Jetzt erkannte ihn die Milli erst.
    «Ah, du bist es ja eh. Hoffentlich habe ich dich nicht aufgeweckt», sagte sie freundlich.
    «Neinnein», grunzte Suchanek. Seine Stimme klang wie eine schlecht gestimmte

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