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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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energisch den Kopf. «Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich hab schon genug Probleme mit denen gehabt. Seh ich ja auch ein, eine spinnerte Alte, die andere Leute bestiehlt … Wer braucht denn das? Wenn sie mich noch einmal erwischen, dann gibt es für mich nur mehr zwei Möglichkeiten: Gefängnis oder Irrenhaus.»
    Suchanek ließ den Führerschein ratlos zwischen seinen Händen hin- und herwandern. «Ja, aber … Was stellen Sie sich vor, was ich jetzt mit ihm machen soll?»
    Die Lengauerin zippte ihre Tasche wieder zu – man musste ja vorsichtig sein in Zeiten wie diesen, weil beklaut war man schnell.
    «Das weiß ich auch nicht. Dir wird schon was einfallen. Ich kann jedenfalls nicht mehr tun, als ich schon getan habe.»
    Sie ging mit einem entspannten Lächeln zur Tür. «Es tut ja so gut, wenn man sein Gewissen erleichtert hat!» Und weg war sie.
    So. Jetzt stand er da, der Suchanek. Weitaus klügere Menschen als er, und von denen sollte es ja durchaus den einen oder anderen geben da draußen, hätten jetzt auch nicht gewusst, wie weiter.
    Und der Grasel würde es natürlich genauso wenig wissen. Aber wenn schon nicht, dann sollte er zumindest wach sein dabei. Suchanek ging also ins Schlafzimmer. Grasel lag auf dem Rücken und hatte sein Gesicht in einer Armbeuge begraben. Suchanek packte ihn an der Schulter und schüttelte ihn. Zuerst sanft, dann immer heftiger, bis der Grasel hochfuhr und ihn entsetzt mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
    «Steh auf!», flüsterte Suchanek tonlos. «Wir müssen etwas besprechen!»
    Grasel versuchte, sich zu orientieren. Es dauerte. Dann wanderte sein Blick zur Urli hinüber. Jetzt sah er endgültig aus, als wäre er ein Picasso.
    «Ja», sagte Suchanek. «Das auch.»
    Der zerknitterte Kult-Cafétier rollte sich aus dem Bett und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen, nackt in die Küche. Dort setzte er sich an den Tisch und begann den Kühlschrank niederzustarren. Suchanek räusperte sich und sagte: «Ich hab leider schon wieder fast alles beisammen, was letzte Nacht gewesen ist. Aber woran ich mich nicht erinnern kann: Das war wenigstens hoffentlich nicht meine Idee, oder?»
    Aber Grasel saß weiter einfach nur so da, den Blick punktgenau ins Leere gerichtet.
    «Gut», sagte Suchanek. «Darüber können wir auch später noch reden. Weil, auch wenn du dir das jetzt noch nicht vorstellen kannst, gibt es nämlich tatsächlich Wichtigeres.»
    Er entfaltete Willis Führerschein und legte ihn vor Grasel auf den Tisch. Grasel kniff die Augen zusammen, weil er sich ja doch schön langsam dem Alter für eine Lesebrille näherte, und sagte dann endlich das erste Wort des Morgens. Es lautete: «Hurgh?»
    Suchanek setzte die Espressomaschine in Gang – im Gegensatz zu seiner eigenen Küche spielte ja die vom Grasel alle Stückln, mit blitzenden Geräten und Messerblöcken und allem, was insofern erstaunlich war, als Grasel so aussah, als sei das Einzige, was er zu sich nähme, mit Wasser aufgespritztes Null-Prozent-Joghurt – und versuchte dann, in einfachen Worten zu erklären, was bis jetzt geschehen war.
    Und nach dem ersten Kaffee schien Grasel dann auch in der Lage, darauf in einigermaßen menschenähnlichen Lauten zu reagieren.
    «Und was machen wir jetzt?»
    «Ich hab der Milli versprochen, niemand erfährt, dass sie den Führerschein geklaut hat. Aber wenn ihn der Heimeder gehabt hat, kann das doch eigentlich nur bedeuten, dass er den Willi umgebracht hat. Oder?»
    «Der Streit, von dem der Kommissar geredet hat, war also dann wirklich nicht zwischen dem Willi und dem René.»
    «Ja. Der Pfarrhofer hat ja gesagt, dass er der Siebzehner und der Kurtl waren, die mit dem Willi gewickelt haben.»
    «Aber die Johanna. Welches Motiv hätte er bei der?»
    «Na, dasselbe. So eine verletzte Patriotenseele will aktiv getröstet werden. Mir ist aber auch aufgefallen, dass der Kurtl bei jeder Gelegenheit über die Feuerwehr ätzt.»
    «Ja, stimmt! Der ist furchtbar beleidigt, weil das gestern sein letzter Auftritt am Volksfest war.»
    «Ach so? Das wusste ich gar nicht.»
    «Ja. Angeblich haben sich die Leute beschwert, dass er alle Jahre denselben Mist spielt. Und jetzt hat ihn die Feuerwehr gestanzt.»
    «Siehst du? Auf dem Zenit seines Könnens von der Bühne gejagt!», sagte Suchanek und drückte dem noch bedauerlicher als er selbst aussehenden Grasel noch einen Espresso runter. «Also haben wir bei der Johanna sogar schon ein doppeltes Motiv. Aber in Wirklichkeit brauchen wir

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