Volkssagen, Maerchen Und Legenden
ich, nach wenigen Tagen, dir zeigen, wie ich mich vor ihm fürchte.« Und hiermit ging er im Zorn hinweg. Aber nicht lange hernach, da der Junge, nach dem Abendessen, allein in der Küche saß und vor Müdigkeit schlief, kam der Geist, erwürgte und zerstückte ihn, warf folgends die Stücken in einen großen Hafen und setzte denselben zum Feuer. Als solches der Küchenmeister erfuhr, fing er dem Hütchen an zu fluchen, welcher, hierob noch heftiger erbittert, über alle Braten, so für den Bischof und dessen Hofleute angespießt waren und am Feuer standen, abscheuliche Kröten zerdrückte, also, daß mit dem Gift und Blut derselben das Fleisch betröpfelt ward. Weil nun der Koch ihn wieder deswegen schmählte und ausschändete, stieß er denselben von einer ziemlichen Höhe, nehmlich von der Brücke, in den Graben. Und weil man in Sorge fiel, er dürfte anzünden, mußten alle Hüter auf den Mauern, sowohl der Stadt, als des Schlosses, fleißig wachen.
Ein Mann, der verreisen wollte und auf die Treue seiner Frau eben nicht zu fest baute, sagte zu Hütchen im Scherz: »Mein guter Kamerad, laß dir mein Weib doch anbefohlen sein, bis zu meiner Wiederkunft und schaue, daß du wohl Acht auf sie habest.« Darauf reisete er ab. Die Frau zauderte auch nicht, ihre Liebhaber zu sich einzuladen, aber keiner der Geladenen erreichte seinen Zweck, denn der treue Wächter verjagte alle durch diese oder jene Schreckgestalt. Endlich kehrte der Mann heim und da er nicht mehr weit bis zu seinem Hause hatte, lief ihm Hütchen entgegen, sprechend: »mir ist deine Wiederkunft trefflich lieb, damit ich der Unruhe und Mühe, die du mir aufgeladen hast, einmal abkomme.« Der Mann fragte: »wer bist du denn?« Er sprach: »ich bin Hütchen, dem du, bei deiner Abreise, dein Weib in seine Hut anbefohlen.« Siehe, ich habe ihrer gehütet, wiewohl mit großer und unablässiger Mühe, aber ich bitte, du wollest sie meiner Hut nicht mehr übergeben, denn ich will lieber alle Heerden in ganz Sachsen, als ein solches Weib hüten.
Dies und viel dergleichen trieb der Geist Hütchen, bis Bischof Bernhard, vermöge der Beschwörungen, ihn aus seinem Bisthum zu weichen zwang.
81. Das stille Volk.
Es ist einmal einem Grafen von Hoya ein kleines Männlein in der Nacht erschienen, und wie sich der Graf entsetzet, hat es zu ihm gesagt: er sollte sich nicht entsetzen; denn er hätte ein Wort an ihm zu werben, er möchte ihm das nicht abschlagen. Darauf der Graf geantwortet: wenn es zu thun möglich wäre und ihm und den Seinen unbeschwerlich, so wolle er es gern thun. Da hat das Männlein gesagt: »es wollen die folgende Nacht etliche zu dir auf dein Haus kommen und Ablager halten. Denen wollest du deine Küchen und Saal so lange leihen und deinen Dienern gebieten, daß sie sich schlafen legen und keiner nach ihrem Thun sehe, auch keiner darum wisse, ohne du allein. Man wird sich dafür dankbarlich erweisen, und du und dein Geschlecht sollen's haben zu genießen. Es soll aber in dem allergeringsten weder dir oder den Deinen Leid geschehen.« Solches hat der Graf eingewilliget.
Also sind sie die folgende Nacht, gleich als mit einem reisigen Zeug, die Brücken hinan auf's Haus gezogen und sind allesamt kleine Leute gewesen, wie man die kleinen Bergmännlein zu beschreiben pfleget. Haben in der Küche gekocht, zugehauen und aufgegeben und hat sich nicht anders, als wenn eine große Mahlzeit angerichtet würde, ansehen lassen. Darnach, fast gegen den Morgen, wie sie wiederum scheiden wollen, ist das kleine Männlein abermal zum Grafen kommen und hat, neben Danksagungen, ihm dargeboten ein Schwerdt, ein Salamanderlaken und einen güldenen Ring, in welchem ein rother Löwe oben eingemacht, mit Anzeigung: diese drei Stücke sollten er und seine Nachkömmlinge wohl verwahren, und so lange sie dieselben bei einander hätten, würde es einig und wohl in der Grafschaft zustehen. Sobald sie aber von einander kommen würden, sollte es ein Zeichen sein, daß der Grafschaft nichts Gutes vorhanden wäre. Und es ist der rothe Löwe auch allezeit darnach, wenn einer vom Stamme sterben sollte, erblichen. Es sind aber zu den Zeiten, da Graf Jobst und seine Brüder unmündig waren, und Franz von Halle Statthalter im Lande gewesen, die beiden Stücke, das Schwerdt und das Salamanderlaken weggekommen, der Ring aber ist bei der Herrschaft geblieben, bis an ihr Ende, wohin er aber seit der Zeit kommen, weiß man nicht.
82. Der Wink Gottes.
In Magdeburg zeigte
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