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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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aber der Graf ihr keinen Glauben zustellen, noch daraus trinken wollte, so sollte künftig, im nachfolgenden gräflich Oldenburgischen Geschlechte, keine Einigkeit bleiben. Als aber der Graf auf solche Rede keine Acht gegeben, sondern bei ihm selber, wie nicht unbillig, ein groß Bedenken gemacht, daraus zu trinken, hat er das silberne vergüldete Horn in der Hand behalten und hinter sich geschwenket und ausgegossen, davon etwas auf das weiße Pferd gespritzt und da es begossen und naß worden, sind ihm die Haare ausgegangen.
    Da nun die Jungfrau solches gesehen, hat sie ihr Horn wieder begehrt, aber der Graf hat mit dem Horn, so er in der Hand hatte, vom Berge abgeeilt und als er wieder umgesehen, vermerket, daß die Jungfrau wieder in den Berg gegangen. Und weil darüber dem Grafen ein Schrecken ankommen, hat er sein Pferd zwischen die Sporen genommen und in schnellem Laufe nach seinen Dienern geeilet und denselbigen, was sich zugetragen, vermeldet. Auch hat er das silbern vergüldete Horn gezeiget, es mit nach Oldenburg genommen und ist dasselbe, weil er's so wunderbar bekommen, für ein köstlich Kleinod von ihm und allen folgenden regierenden Herren des Hauses Oldenburg gehalten worden.
     
79. Die Tanzenden zu Kolbeck bei Magdeburg.
     
    Im Dorfe Kolbeck bei Magdeburg tanzten 1011 etliche Hausleute am Christtage Abends auf dem Kirchhofe, wollten sich auch hiervon nicht abwehren lassen. Da sagte endlich der erzürnte Priester: »ei, so tanzt ein ganzes Jahr!« Und es geschah; in ewigem Schwunge tanzten sie ein ganzes Jahr lang, daß die Erde unter ihnen wich und sie in einer Gruft, die ihnen bis unter die Arme ging, sich herumdrehten. Einer wollte einst einen Freund aufhalten, aber im reißenden Drehen behielt er den Arm des Tanzenden in der Hand, der sich dennoch wieder im tollen Schwunge weiter drehte. Es fiel auf sie weder Regen, noch Thau, noch Schnee. Endlich endigte sich nach einem Jahre, durch vielfaches Bitten hin und wieder in den Kirchen, dies Tanzen, aber einige waren sofort des Todes, andere behielten die kurze Zeit ihres Lebens über ein stätes Zittern.
     
80. Kobold Hütchen zu Hildesheim.
     
    (Höll. Proteus S. 792-98.)
     
    Im Stifte Hildesheim ließ sich lange ein böser Geist sehen, der dennoch den Schein der Güte und Frömmigkeit eine Zeitlang suchte; er erschien in Bauernkleidern, mit einem bäurischen kleinen Hütlein, wovon man ihn Hütchen, oder auch Hudgen (Niedersächsisch Hödekeken) nannte. Derselbe trieb viel wundersame Händel. Er schien gern bei Leuten zu sein, gleich als ob er seine Lust und Freude an ihrer Gemeinschaft trüge, redete mit jedermann, fragte und antwortete gar gesprächig und freundlich. Bisweilen erschien er, wenn er sprach, bisweilen redete er unsichtbar, niemand fügte er etwas Leides zu, er wäre denn von demselben am ersten beschimpft worden; wer seiner aber spottete, dem vergaß er's nicht, sondern bewies ihn wiederum einen Schimpf.
    Als Burchard, Graf von Luka, durch Grafen Herrmann von Winsenburg erwürget war und die ganze Grafschaft Winsenburg in Gefahr der Plünderung stand, trat Hütchen zu dem Bischof von Hildesheim Bernhard, als derselbe schlief, vor's Bette, weckte denselben auf und sprach: »Steh' auf, o Kahkopf, und führ' ein Kriegesheer zusammen; denn die Grafschaft Winsenburg ist, nach Erwürgung ihres Herrn, ledig und verlassen und mag jetzo mit leichter Mühe unter deine Botmäßigkeit gesetzt werden.« Der Bischof stand auf, brachte sein Kriegesvolk eilig zusammen, überzog damit und bezwang die Grafschaft, welche er, mit Einwilligung des Kaisers, dem Hildesheim'schen Stift auf ewig einverleibte. Eben denselbigen Bischof hat dieser Geist, ungefragt, für mancherlei Gefahr gewarnet.
    Am Hofe dieses Bischofs erschien Hütchen gar oft, ging gemeinlich aber den Köchen zur Hand, schwatzte auch vielmal mit ihnen in der Küche. Und als man nun seiner sogar gewohnt worden, daß keiner sich vor ihm fürchtete, begunnte ein kleiner Kochjunge ihn zu verachten, zu verspotten und zu beschimpfen, und beschüttete ihn, so oft er nur konnte, mit unsauberem Wasser. Das verdroß ihn sehr, weshalb er den Koch bat, den Knaben zu strafen, daß er solche Büberei unterweges ließe, mit Bedrohen, er würde sich sonst selbst für solchen Hohn zu rächen wissen. Aber der Koch lachte ihn aus und sprach: »Bist du ein Geist und fürchtest dich vor einem kleinen Jungen?« Dem antwortete Hütlein: »weil du, auf meine Bitte, den Buben nicht züchtigen willst, will

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