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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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soll nun so umher reiten. So glaubten sonst die Dänen, der Geist ihres ruchlosen Königs Abel ritte in den Wildnissen und einigen andern Orten auf der Jagd sichtbarlich herum. Zu Frankreich, in Tours, glaubte man, daß König Hugo der nächtliche Reuter sei und selbst der fromme König Artus 1 kam in den Verdacht, daß er mit seiner Massenei umherschwärme.
    In Deutschland hielt man aber am meisten dafür, es sei Frau Venus, die, aus dem Venusberge kommend, mit ihrem verführerischen Heere durch die Lande zöge und neue Einwohner ihrem Lande zu gewinnen suche. Tannhäuser, der treue Eckard genannt, ginge vor diesem tollwüthenden Heere voran und, mit einem Stabe bewaffnet, weise er zurück die Leute, die er im Wege fünde und helfe ihnen sich zu retten. Davon hat man ein altes Lied:
     
    Nun will ich aber heben an,
    Vom Tannhäuser wollen wir singen,
    Und was er Wunders hat gethan
    Mit Frau Venussinnen.
     
    Der Tannhäuser war ein Ritter gut,
    Er wollt' groß Wunder schauen,
    Da zog er in Frau Venus Berg
    Zu andern schönen Frauen.
     
    »Herr Tannhäuser, ihr seid mir lieb,
    Daran sollt ihr gedenken,
    Ihr habt mir einen Eid geschworen,
    Ihr wollt nicht von mir wenken (wanken).« –
     
    »Frau Venus, ich hab's nicht gethan,
    Ich will das widersprechen,
    Wenn niemand spricht das mehr denn ihr,
    Gott helf mir zu dem Rechten.« –
     
    »Herr Tannhäuser, wie sagt ihr mir,
    Ihr sollet bei uns bleiben,
    Ich geb' euch meiner Gespielen ein
    Zu einem ehelichen Weibe.« –
     
    »Nehm ich dann ein ander Weib,
    Als ich hab' in meinem Sinne,
    So muß ich in der Höllen Glut
    Da ewiglich verbrennen.« –
     
    »Du sagst mir viel von der Höllen Glut,
    Du hast es doch nicht befunden,
    Gedenk' an meinen rothen Mund,
    Der lacht zu allen Stunden.« –
     
    »Was hilft mir euer rother Mund,
    Er ist mir gar unmehre 2 .
    Nun gieb mir Urlaub, Frau Venus zart,
    Durch aller Frauen Ehre.« –
     
    »Herr Tannhäuser, wollt' ihr Urlaub ha'n,
    Ich will euch keinen geben;
    Nun bleibet, edler Tannhäuser zart
    Und frischet euer Leben.« –
     
    »Mein Leben, das ist worden krank,
    Ich kann nicht länger bleiben,
    Gebt mir Urlaub, Fraue zart,
    Von eurem stolzen Leibe.« –
     
    »Herr Tannhäuser, nicht sprecht also,
    Ihr seid nicht wohl bei Sinnen;
    Nun laßt uns in ein' Kammer gahn
    Und spielen der heimlichen Minnen.« –
     
    »Euer' Minne ist mir worden leid,
    Ich hab's in meinem Sinne.
    O Venus, edle Jungfrau zart,
    Ihr seid ein' Teufelinne.« –
     
    »Tannhäuser, wie sprecht ihr also,
    Bestehet ihr mich zu schelten?
    Sollt ihr noch länger bei uns sein,
    Des Worts müßt ihr entgelten.
     
    Tannhäuser, wollt ihr Urlaub ha'n,
    Nehmt Urlaub von den Greisen,
    Und wo ihr in dem Land umfahrt,
    Mein Lob das sollt ihr preisen.« –
     
    Der Tannhäuser zog wieder aus dem Berg,
    In Jammer und in Reuen:
    »Ich will gen Rom in die Stadt,
    Allaus dem Papst vertrauen.
     
    Nun fahr' ich fröhlich auf die Bahn,
    Gott muß es immer walten,
    Zu einem Papst, der heißt Urban,
    Ob er mich wollt behalten.
     
    Herr Papst, geistlicher Vater mein,
    Ich klag euch meine Sünde,
    Die ich mein' Tag begangen hab',
    Als ich euch will verkünden.
     
    Ich bin gewest ein ganzes Jahr
    Bei Venus, einer Frauen,
    Nun will ich Beicht' und Buß empfahn,
    Ob ich möcht' Gott anschauen.« –
     
    Der Papst hatt' einen Stecken weiß,
    Der ward vom dürren Zweig':
    »Wann dieser Stecken Blätter trägt,
    So sind dir dein' Sünd verziehen.« –
     
    »Sollt' ich leben mehr denn ein Jahr,
    Ein Jahr auf dieser Erden,
    So wollt' ich Reu und Buß empfahn
    Und Gottes Gnad erwerben.«
     
    Da zog er wieder aus der Stadt,
    In Jammer und in Leiden:
    »Maria, Mutter, reine Magd,
    Muß ich mich von dir scheiden,
     
    So zieh' ich wieder in den Berg,
    Ewiglich und ohn' Ende,
    Zu Venus meiner Frauen zart,
    Wo mich Gott will hinsenden.« –
     
    »Seid willkommen, Tannhäuser gut,
    Ich hab euch lang entboren (entbehrt),
    Seid willkommen, – mein liebster Herr
    Und Held mein, auserkoren.«
     
    Darnach wohl auf den dritten Tag,
    Der Stecken hub an zu grünen,
    Da sandt' man Boten in alle Land:
    Wohin der Tannhäuser wär' kommen?
     
    Da war er wieder in dem Berg,
    Darinnen sollt' er nun bleiben,
    So lang bis an den jüngsten Tag,
    Wo ihn Gott will hinweisen.
     
    Das soll nimmer kein Priester thun,
    Dem Menschen Mißtrost geben,
    Will er dann Buß und Reu empfahn,
    Sein' Sünd sind ihm vergeben.
     
    Wilhelmus Neubrigensis im ersten Buche der Englischen Historie

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